Voller Blinkereinsatz bei den Füenf

Das Autokinokonzert in Backnang war für das A-cappella-Quintett aus dem wilden Süden der Auftakt zu einer ganzen Reihe solcher Veranstaltungen. Statt „Ich will eure Hände sehen“ heißt es nun „Zeigt mir eure Scheibenwischer“.

Voller Blinkereinsatz bei den Füenf

Die Füenf im Doppelpack: Neben der kleinen Bühne, auf der die Formation agiert, steht die Kinoleinwand – und dort läuft ihre Show live in Groß mit ab. Foto: J. Fiedler

Von Marina Heidrich

BACKNANG. Das fünfundzwanzigste Jahr ihrer Bühnenkarriere sollte ein ganz besonderes werden. Wie besonders – das hätten sich Die Füenf nie träumen lassen. Doch was als Albtraum für jeden Kunstschaffenden begann, entpuppte sich als außergewöhnliche Möglichkeit. Wenn man denn dazu bereit ist. So wie das hervorragende A-cappella-Quintett aus dem wilden Süden. Alle Plätze im Backnanger Autokino auf dem Etzwiesenparkplatz sind am Samstagabend belegt. Freudige Spannung liegt in der Luft. Seit zwei Tagen ist es auch wieder gestattet, an einem Stand Getränke und Speisen vom Grill zu verkaufen. Mit dem nötigen Sicherheitsabstand und Mundschutz stellen sich die Konzertbesucher vor Beginn der Veranstaltung gut gelaunt in die Schlange und decken sich mit Leckereien ein.

Dann geht es los. Ganz in Schwarz gekleidet, als Farbtupfer orangefarbene Sneakers – so entern Die Füenf die kleine Bühne direkt neben der Kinoleinwand, wo ihre Show live in Groß mit abläuft. Die Füenf im Doppelpack. Garantierter Blick aufs Geschehen für jeden. Justice Christian Langer atmet tief durch, lächelt und bekennt: „Das ist ein total surrealer Moment. Wir haben so etwas noch nie gemacht.“ Dann legen die Musiker los mit einem Ernährungsmedley, und durch die spaltweise geöffneten Autofenster dringt Lachen. Hände klopfen auf Autodächer, Lichthupen signalisieren Beifall. Die Bühnenansagen sind auf die Situation zugeschnitten, Memphis Patrick Bopp preist musikalisch die innige Beziehung zum Auto, die ein solches Event überhaupt möglich macht. Und Pelvis Jens Heckermann wünscht sich „eine Rettungsgasse an der Supermarktkasse“. Statt „Ich will eure Hände sehen“ heißt es nun „Zeigt mir eure Scheibenwischer“. Und es funktioniert.

Die gute Laune springt bereits beim ersten Song über, Band und Publikum wollen sich den Spaß nicht verderben lassen. Was in der Theorie ursprünglich zu einem Desaster hätte werden können, da die Künstler auf das Interagieren und die Reaktionen der Zuschauer angewiesen sind, entpuppt sich in der Praxis als grandioses Konzert. Die Füenf laufen zur Hochform auf. Little Joe Kai Podack schluchzt ein Liebeslied in bester Boygroup-Tradition. Für seinen Thermomix. Dottore Basso Francesco Cagnetta legt alle augenzwinkernde Dramatik der Welt in seine Version von Falcos Jeanny – nur wird hier sein Kumpel „Siggi“ besungen.

Die Band haut einen Kracher nach dem anderen raus, das Publikum tanzt in den Autos. Wie Schlager funktionieren, entlarvt Justice mit „...dem größten Hit von Patrick Lindner“, den es in dieser Form so gar nicht gibt. Und doch singen die Zuhörer bereits nach einmaligem Hören den auf die Kinoleinwand projizierten Refrain sofort mit. Das Interagieren zwischen Publikum und Band funktioniert wunderbar. Passenderweise ziehen zum Lindner’schen Schmusesong am dunkler werdenden Himmel zeitgleich zartrosa Wölkchen auf, und Dutzende Taschenlampen der Handys werden sanft im Rhythmus wiegend aus den Fenstern geschwenkt. Die coronabedingten Maßnahmen bringen vollkommen neue Möglichkeiten – Pelvis hätte nie geglaubt, dass er irgendwann mal Lichthupen und Blinkerchoreografien dirigiert.

Ein Lied darf hier nicht fehlen: Wolle Kriwaneks „Stroßaboh“.

Für Die Füenf war das Autokinokonzert in Backnang der Auftakt zu einer ganzen Reihe solcher Veranstaltungen. Premiere in Backnang, Premiere für die Band – und alles rundum gelungen. Statt Jammern haben Die Füenf das Risiko nicht gescheut, mutig die Chance genutzt und haushoch gewonnen. Zumindest die Herzen der Zuschauer.

Und als Zugabe darf an diesem speziellen Ort natürlich ein besonderer Song von einem großen Sohn der Stadt nicht fehlen: Wolle Kriwaneks „Stroßaboh“. Glückliche Gesichter auf der Bühne und glückliche Gesichter hinter den Windschutzscheiben. Bis auf die drei Fahrer, deren Autos nach dem Konzert nicht mehr anspringen. Doch auch hier zeigt sich die tolle Organisation der Veranstalter: In wenigen Minuten sind die Fahrzeuge überbrückt und wieder startklar.

Voller Blinkereinsatz bei den Füenf

Haben sichtlich Spaß beim Füenf-Konzert: Besucherinnen im Auto auf dem Etzwiesenparkplatz.