Zwischen Traumhaftem und Abgründen

Die Ausstellung „Nacht eins“ in der Galerie im Helferhaus wird heute eröffnet. Zum Thema Nacht stellen 17 Künstler aus der Region im Zusammenhang mit dem Ersten Backnanger Kultursommer aus.

Zwischen Traumhaftem und Abgründen

Faszinierende Düsternis in vielen Varianten: Blick in die Ausstellung „Nacht eins“ im Backnanger Helferhaus. Foto: P. Wolf

Von Claudia Ackermann

BACKNANG. Eigentlich war die Werkschau schon für November 2020 geplant, doch sie musste immer wieder verschoben werden: Für die Themenausstellung „Die Nacht“ hatte der Backnanger Heimat- und Kunstverein einen Aufruf an über 70 Künstler aus der Region gestartet und fast 40 Rückmeldungen erhalten. Deshalb teilten die Veranstalter das Thema auf zwei Ausstellungen auf. „Die Nacht ist ein sehr interessantes künstlerisches Thema. Viele Künstler arbeiten nachts. Dort, wo es still ist, werden neue Räume geöffnet“, sagt Ulrich Olpp, Vorsitzender des Heimat- und Kunstvereins, bei einem Vorabrundgang durch die Ausstellung.

Im ersten Stock fällt eine Installation von Norbert Kempf ins Auge. Der Bildhauer hat ein sehr realistisch wirkendes Lagerfeuer aus Sandstein geformt. Verschiedene Künstler stellen im ersten Raum aus. Peter Wolf ist in Backnang vor allem als Fotograf oder durch seine Ausstellungen mit historischen Aufnahmen im Kabinett des Helferhauses bekannt. In „Nacht eins“ zeigt er nun mit kleinformatigen Tuschezeichnungen eine andere Seite seines künstlerischen Wirkens. Düster und unheimlich ist die Stimmung im Bild „Albtraum“. Doch die Nacht hat auch heitere Seiten mit Lichtern und Farben, drückt er im Bild „Sommernacht“ aus. Die Serie „Maulsperre“ eins bis sechs hat Rainer Vogt beigetragen. Aus schreienden, aufgerissenen Mündern tut sich bei seinen Arbeiten in kräftigen Farben die Dunkelheit auf.

Ernst Hövelborn steuert noch Philosophisches bei.

Ein ganzer Raum ist den Werken von Ernst Hövelborn gewidmet, der im letzten Jahr seinen 80. Geburtstag feierte. Zeitlebens hat er sich in verschiedenen Bereichen mit dem Thema Nacht beschäftigt, weiß Ulrich Olpp. Zwölf Arbeiten sind von Ernst Hövelborn zu sehen, in denen er etwa philosophische Nachtgedanken von Edward Young oder Georg Wilhelm Friedrich Hegel verarbeitet. Außerdem zeigt er großformatige Bilder zum Thema Nacht in Eitempera.

Im zweiten Obergeschoss gibt es interessante Farblinolschnitte von Eva Schwanitz zu sehen, die sich dem Thema Nacht auf landschaftliche Weise nähert. Nachtgestalten stellt Christiane Steiner durch dichteste Schraffuren mit Kugelschreiber dar, wobei die Bilder von tiefster Schwärze bis in zarteste Grautöne gehen. Ungewöhnliche Formate benutzt Andreas Heinrich Adler. Die zwei Meter hohen und sehr schmalen Bilder hat er in Quadrate unterteilt mit Einzelbildern zum Ablauf vom Tag in die Nacht in Mischtechniken. Gez Zirkelbach zeigt in den Bildern „Out of Frame“ eins und zwei Materialkollagen zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, wobei er in Spritztechniken arbeitet. Bildhauerische Arbeiten hat Ebba Kaynak ausgestellt. Bei „The moon in the tree“ geht eine Mondscheibe aus Messing mit einem Holzstamm eine Symbiose ein. „Mondwächter“ heißt ihr zweiter Beitrag zum Thema Nacht. In der großformatigen, zweiteiligen Arbeit „Insomnia“ bildet Barbara Bucher Traumhaftes und Traumfiguren ab. Von da geht es zum Bild von Johanna Jakowlev mit klaren, architektonischen Formen. Durch ein betonartiges Gebilde führt der Blick auf das Meer, und die Lichtsituation macht das Bild stimmungsvoll. Ihr Ehemann Sergei Moser zeigt Drucke auf Stoff und Acrylglas. Die großformatigen Bilder „Nachtblüte“ eins bis vier sind von ihm ausgestellt.

Bei den Arbeiten von Gilbert Peckels ist meist eine Portion Humor dabei. Akribisch ist seine Zeichen- und Malweise beim Bild „So spät durch Nacht und Wind“. Doch bei dem Künstler sind es nicht wie in Goethes „Erlkönig“ Vater und Kind, die spät durch die Nacht reiten, sondern es ist ein Schaukelpferd. Der angedeutete Tod im Bild verliert seinen Schrecken, da er selbst ziemlich verängstigt zu sein scheint. Auch fotografische Arbeiten sind in der Ausstellung vertreten. Kurt Entenmann hat sich bei seiner Experimentalfotografie mit dem Thema Licht und Nacht beschäftigt. Sechs Fotografien sind auf Aluminium Dibond aufgezogen. Ernst Keller zeigt einen Blick auf „Nachbarins Fenster“. Vom hell erleuchteten Innenraum hebt sich Weihnachtsdekoration an den Scheiben ab. Beim Bild mit dem Titel „Rollladen“ erzielt er interessante Effekte mit Licht, das durch kleine Öffnungen scheint.

Düster ist dagegen die Stimmung auf dem Bild von Hardy Langer. Auf nächtlichem Meer verbrennt ein Mann im Boot seine Ruder. Weitere Feuer lodern in der Ferne. Der Künstler gibt der Arbeit den Titel „And besides that all: be light“. Düster und bedrohlich wirkt auch die Szenerie auf den beiden Bildern von Clemens Hövelborn. Schwer bewaffnete Frauen sind umringt von Zerstörung. Erst bei näherem Hinsehen erkennt man die kleinen niedlichen Tierchen, die hilflos im Wasser treiben. Die Arbeiten tragen die Titel „Otter“ und „Eisbär“ und bieten viel Raum für Interpretationen.

Outdoor-Vernissage

Die Outdoor-Vernissage der Ausstellung „Nacht eins“ des Heimat- und Kunstvereins findet am heutigen Samstag, 3. Juli, um 19 Uhr im Markgrafenhof zwischen Stadtturm und Helferhaus mit einem Spaziergang in die Nacht mit Ernst Hövelborn statt.

Musikalisch umrahmt wird die Ausstellungseröffnung von Cindy Velz (Klarinette) und Karera Fujita (Gesangsperformance). Die Bewirtung übernimmt das Remser Backmobil mit Flammkuchen.

Am Montag, 12. Juli, um 19 Uhr gibt es einen philosophischen Abend im Markgrafenhof mit Ernst Hövelborn unter dem Titel „Nachtgedanken“.

Die Ausstellung im Helferhaus, PetrusJacobi-Weg 5, kann bis zum 1. August besichtigt werden. Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Freitag von 17 bis 19 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 14 bis 19 Uhr.