Das Jugendrotkreuz im Landkreis feierte in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Fotos: DRK Rems-Murr
Rems-Murr. Im Jahr 2025 hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) ein besonderes Jubiläum gefeiert: 100 Jahre inspirierende Arbeit des Deutschen Jugendrotkreuzes (JRK). Im Rems-Murr-Kreis engagieren sich in vielen Ortsvereinen insgesamt rund 400 Kinder und Jugendliche. Jährlich bringt das JRK mehr als 1000 jungen Menschen in Schulen und Kindergärten das Thema Helfen näher. Mit 24-Stunden-Übungen, Blaulichttagen, wöchentlichen JRK-Treffen und Leuchtturmprojekten setzt das JRK im Landkreis seit vielen Jahrzehnten wichtige Akzente.
„1925 wurde das Jugendrotkreuz mit der Vision gegründet, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, Verantwortung zu übernehmen, sich sozial zu engagieren und wichtige Kompetenzen zu erwerben. Diese Vision lebt bis heute weiter“, sagt DRK-Kreisgeschäftsführer Sven Knödler. Man wollte Kindern und Jugendlichen frühzeitig humanitäre Werte vermitteln und sie beim DRK aktiv in Themen wie Erste Hilfe, Gesundheit, Katastrophenschutz und soziales Miteinander einbinden.
In den ersten Jahren der 1920er hatte
der „Schulbriefwechsel“, der einen regen Austausch mit Schulen aus anderen Kulturkreisen bewirkte, besonderen Stellenwert. Weltweit schrieben sich rund acht Millionen Kinder Briefe. Das Thema „Dienen“ stand im Fokus: der Dienst an der Gesundheit, der Dienst am Nächsten sowie der Dienst für die Völkerverständigung. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten erlebte die Aufwärtsbewegung des JRK einen Rückschlag. Das JRK wurde aus den Schulen verdrängt. Erst 1947 wird das JRK im Südwesten wieder ins Leben gerufen.
Das Zeltlager „Stiershof“ bei Backnang sorgte aber einst für Irritationen
Im Zeltlager „Stiershof“ bei Backnang trafen sich bis zu 500 Jugendrotkreuzler. Es kam zu einem regen Austausch. Für manche wohl zu viel Austausch: Aus einem „gemischten Lager“ wurden 1953 zwei getrennte Lager für Mädchen und Jungen. 1958 fand in Baden-Baden der erste „Erste-Hilfe-Wettbewerb“ statt. Der Wettbewerb förderte nicht nur praktisches Wissen, sondern auch Teamarbeit.
Der Jahresbericht des DRK-Kreisvereins Backnang listet 1971 Aktivitäten wie Erste Hilfe, realistische Unfalldarstellung, mitbürgerliche Erziehung, musische Bildung, Fahrten und Lager auf. In den 1960ern standen auch Werken, Theater- und Buchbesprechungen sowie Sport im Mittelpunkt. Das Spektrum wuchs weiter: Bis heute prägen soziales Engagement, Gesundheits- und Umweltbewusstsein, Friedensarbeit sowie politische und gesellschaftliche Mitverantwortung das JRK. Der Landesverband ermutigte die Jugendleitungen, „kritisches Denken, Kreativität und verantwortungsbewusstes Handeln“ zu fördern.
1989/90 wurde an einigen Schulen im Rems-Murr-Kreis der Schulsanitätsdienst etabliert. Die Ausbildung von Juniorhelfern und Schulsanitätern nimmt das DRK bis heute ernst. Mit pädagogischen Formaten, Blaulichttagen, spielerischen Hygiene- und Erste-Hilfe-Kursen ist das JRK des Kreisverbands bis heute an vielen Einrichtungen aktiv.
In den Ortsvereinen spielen die Gruppenleiter eine zentrale Rolle. Sie bieten Schulungen, Themenabende und Ausflüge an und organisieren gemeinsame Aktivitäten – nicht immer nur rund um Erste Hilfe. Höhepunkte im JRK-Alltag sind die 24-Stunden-Übungen, oft über Ortsvereinsgrenzen hinweg. Auch an bundesweiten Kampagnen wie „Youth must act“ („Die Jugend muss handeln“) beteiligt sich der Helfernachwuchs. Man wolle über den DRK-Tellerrand hinausblicken, sagt JRK-Referentin Heidrun Hellmuth, die das Engagement der Ortsvereine unterstützt. So standen bereits Themen wie Aids oder Prostitution im Mittelpunkt.
Für den virtuellen Rettungswagen erhielt das Jugendrotkreuz Rems-Murr den DRK-Innovationspreis. Mit einem neuen Sommerferienprogramm setzte das JRK 2025 neue Akzente. Doch vor allem in den Ortsvereinen erlebt der Nachwuchs Gemeinschaft. Dort wächst die nächste Generation von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern heran. „Wir wollen Empathie und Engagement fördern“, sagt Kreisjugendleiter Philip Falliano.
Das Jugendrotkreuz im Kreis blickt auch in die Zukunft
Ziel sei es, die Kinder dabei zu unterstützen, selbstbewusste Menschen zu werden, die hilfsbereit sind, Verantwortung übernehmen und dabei Teamplayer sind. Auch wollen sie Kindern mögliche Ängste vor Notruf, Blaulicht und Rettungswagen nehmen. Dabei arbeite man eng mit den Blaulichtorganisationen zusammen. Feuerwehrautos, Rettungswachen, Krankenhäuser und auch die Integrierte Leitstelle werden regelmäßig in Augenschein genommen – und auch Vierbeiner: Zum 100. Geburtstag besuchte die Rettungshundestaffel Kernen einige JRK-Nachwuchskräfte.
Irene Rieve vom DRK Schwaikheim ist seit mehr als 20 Jahren beim JRK aktiv. „Meine ganze Familie ist beim DRK: meine Mutter, meine Schwester und auch meine Kinder.“ Ursprünglich wollte sie lediglich ihre Kinder zum JRK nach Waiblingen schicken, auch um selbst etwas Zeit für andere Dinge zu haben, wie sie lachend sagt. Es kam etwas anders. Als nach wenigen Wochen die Gruppenleitung ausfiel, übernahm sie diese gemeinsam mit ihrer Schwester. Sie erinnert sich, was die Ortsvereine – oft auch gemeinsam – auf die Beine gestellt haben. „Unser JRK macht den Kindern und Jugendlichen ein breites Angebot. Es geht um Gesundheit, Familie, Umwelt, Naturschutz.“ Auch das Soziale stehe im Fokus. Einige Gruppen besuchen regelmäßig Seniorenheime. „Es geht eben nicht nur um Erste Hilfe und Verbände. Immer ergibt sich etwas Neues. Wir haben schon gemeinsam gekocht, uns über Fleisch, veganes Essen und Allergien ausgetauscht.“ Auch politisches Engagement unterstützen sie.
Große Fahrten mit den Kindern gibt es nicht mehr, aber noch Ferienfreizeiten
In den 1990ern habe es noch große Fahrten gegeben. „Da ist das JRK mit 50 Kindern
an die Nordsee gefahren. Ich war als Kind selbst dabei.“ Das habe man reduzieren müssen. Daraus gingen die Erlebnistage hervor, eine einwöchige Ferienfreizeit. Immer wieder gebe es das JRK-Zeltlager über die Pfingsttage, zuletzt 2024. „Vorbereiten, Programm überlegen, hinfahren, verpflegen, aufpassen, aufräumen, Zelte reinigen, da haben wir gut zu tun“, weiß Irene Rieve. Sie erinnert sich, als es einmal eine Sturmwarnung mit starkem Gewitter gab. „Wir mussten die Kinder beruhigen und schließlich evakuieren.“
Aktuell engagiert sie sich bei der Notfalldarstellung, beim Schminken und Mimen. Auch hier ist ihre Tochter dabei, die nun ebenfalls Jugendleiterin ist, wie Irene Rieve stolz bemerkt. pm