55 Tonnen Stahl schweben in der Luft

Alte Eisenbahnbrücke in Burgstall wird diese Woche durch Behelfsbrücke ersetzt – Spezialkran hebt Brücke aus der Verankerung

Sie ist über 100 Jahre alt, wiegt 55 Tonnen und wurde schon mehrmals ausgebessert – jetzt hat sie ausgedient: Gestern wurde die alte Eisenbahnbrücke in Burgstall aus ihrer Verankerung gehoben. Nach rund 30 Minuten war das spektakuläre Schauspiel vorbei, die Vorbereitungen dafür begannen allerdings schon vor über einer Woche.

55 Tonnen Stahl schweben in der Luft

1000 Tonnen schwer ist der Raupenkran, er wird durch ein zusätzliches Gegengewicht von 220 Tonnen stabilisiert – so kann er die Eisenbahnbrücke ohne Probleme anheben. Fotos: J. Fiedler

Von Silke Latzel

BURGSTETTEN.Um 10.30 Uhr ist es so weit: Die Seile spannen sich, langsam bewegt sich der Kran, die 55 Tonnen schwere Eisenbahnbrücke schwebt hinter den Bäumen hervor und in Richtung der Zuschauer. Eine halbe Stunde später liegt sie auf der Erde – die Aktion ist geglückt.

„Wir haben schon sehr lange vorher mit der Planung des Ganzen begonnen“, sagt Projektleiter Marco Henrichs von der DB-Netz AG, dem Schieneninfrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn AG. „Penibel genau und ungewöhnlich detailreich“, nennt Henrichs die Arbeiten im Vorfeld. „Das liegt vor allem daran, dass alles vom Gleis aus passieren muss, denn ins Buchenbachtal, das direkt hinter den Gleisen beginnt, dürfen wir nicht. Das ist FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat), also ein Naturschutzgebiet.“ Er ergänzt: „Das macht das Projekt für uns auch zu einem außergewöhnlichen, obwohl wir ja sonst oft mit Brückenarbeiten zu tun haben.“

Auch der Kran, der für das Großprojekt benötigt wird, ist nicht an jeder Ecke zu finden. „In Deutschland gibt es Kräne dieser Dimension nur fünfmal“, so Henrichs. Das doppelarmige Baufahrzeug ist

insgesamt 1000 Tonnen schwer, ein Jahr alt und kostet zehn Millionen Euro. Vierzig Tieflader haben die einzelnen Teile des Raupenkrans an die Burgstaller Baustelle gebracht, zwei Behelfskräne waren nötig, um ihn aufzubauen. Doch nicht nur das: Auch der Untergrund, auf dem der Raupenkran steht, musste vorab bearbeitet werden. Noch vor Kurzem war an dieser Stelle eine Wiese. Diese wurde abgetragen, ebenso der darunter befindliche Lehmboden – bis zum blanken Fels. Dann wurde eine Behelfsstraße bis fast direkt an die Gleise asphaltiert. Diese Straße wird vorerst auch erhalten bleiben, nachdem der Kran wieder abgebaut und abtransportiert ist. Denn Ende dieser Woche wird nur eine Behelfsbrücke eingebaut, die neue Eisenbahnbrücke kommt erst Ende 2020. Ist diese eingebaut, beginnt auch der Rückbau der Straße und „dann sieht es hier wieder so aus wie früher und so, als wären wir nie da gewesen“, sagt Henrichs lachend.

Nichts darf dem Zufall überlassen werden – und wird es auch nicht: Um die 55 Tonnen schwere Bücke problemlos anheben zu können und dabei nicht umzufallen, musste am Kran ein 220 Tonnen schweres Gegengewicht zur Stabilisation angebracht werden. Und auch der Kranführer ist speziell ausgebildet. Präzise und fast sanft legt er das Stahlgerüst auf der Erde ab. Die Eisenbahnbrücke, die schon mehrmals verstärkt werden musste, da sie der Belastung des Bahn- und Güterverkehrs sonst nicht mehr gewachsen gewesen wäre, wird nun in ihre Einzelteile zerlegt. Diese werden abtransportiert und fachmännisch als Spezialmüll entsorgt. Angesetzt dafür ist, wie auch für die Vorbereitungen, eine Woche. Übermorgen wird dann die Hilfsbrücke aus zwei Teilen zusammengebaut und an die Stelle der alten Brücke gesetzt.

55 Tonnen Stahl schweben in der Luft

Knapp 30 Minuten dauert die Aktion am Montagmorgen – plus eine Woche Vorbereitung.

55 Tonnen Stahl schweben in der Luft

Da liegt sie: Die alte Brücke hat ausgedient und wird jetzt fachmännisch zerlegt und entsorgt.