Ärzte als Corona-Leugner: Viele Beschwerden bei Kammer

dpa/lsw Stuttgart. Viele Ärzte arbeiten im Kampf gegen die Pandemie an der Belastungsgrenze. Aber nicht jeder Mediziner betrachtet das Virus als Gefahr.

Ärzte als Corona-Leugner: Viele Beschwerden bei Kammer

Ein Arzt hält ein Stethoskop in der Hand. Foto: picture alliance / Patrick Seeger/dpa/Symbolbild

Die Landesärztekammer Baden-Württemberg berichtet von zahlreichen Beschwerden über Ärzte, die die Gefahren und Risiken der Corona-Pandemie herunterspielen, sie leugnen oder in Verschwörungstheorien einbetten. „Diese Ärztinnen und Ärzte äußern sich unter anderem dahingehend, dass sie Covid-19 als ungefährlich deklarieren sowie aktuelle Forschung zum Virus und die Sinnhaftigkeit von Impfungen infrage stellen“, sagte ein Sprecher der Kammer in Stuttgart. Es handele sich um persönliche Einzelmeinungen.

Die Mehrzahl der mehr als 70 000 Ärzte im Land finde es mehr als bedauerlich, dass Vertreter des Berufsstandes Gefahren durch das Coronavirus verharmlosten, den Glauben an angeblich dahinter steckende „dunkle Mächte“ verbreiteten und wissenschaftlich erwiesenermaßen falsche Informationen streuten. Die Mehrheit der Ärzte arbeite in der medizinischen Versorgung in Kliniken, Praxen, Behörden und an anderen Stellen, oft am Rande der eigenen Belastbarkeit.

„Sie empfinden das Verdrehen der Wirklichkeit als Zumutung - insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie selbst die Corona-Gefahr tagtäglich miterleben, mit erhöhtem Ansteckungsrisiko konfrontiert sind und nicht nur Patienten, sondern auch Mitarbeiter bestmöglich vor dem Virus schützen müssen und wollen“, sagte der Kammersprecher.

Auch im Landtag sitzen Ärzte, die der seit zwei Wochen geltenden Maskenpflicht nicht nachkommen. Der fraktionslose Abgeordnete Heinrich Fiechtner, selbst Onkologe und Palliativmediziner, zeigt in einem selbstgedrehten Youtube-Video, wie er mit dem fraktionslosen Abgeordneten Wolfgang Gedeon, ebenfalls Mediziner, gegenseitig Atteste tauscht, um sich von der Verwaltung von der Maskenpflicht befreien zu lassen. Die beiden laufen seitdem ohne Maske durchs Plenum. Gedeon und Fiechtner fielen bereits vor der Corona-Krise immer wieder mit Provokationen im Landtag auf.

Der Landtag soll damit offensichtlich vorgeführt werden, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) am Mittwoch der „Südwest Presse“, der „Badischen Zeitung“ und den „Badischen Neuesten Nachrichten“ mit Blick auf das Video von Fiechtner. Das sei „äußerst bedenklich“. Medizinisch könne der Landtag Atteste nicht anzweifeln. Auch könne man die Abgeordneten nicht wie Beamte zum Amtsarzt schicken. Aras wies aber darauf hin, dass es strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könne, wenn jemand ein Attest wissentlich unrichtig ausstellen würde und dieses dann einer Behörde vorgelegt werde. Zudem würden berufsrechtliche Konsequenzen drohen. Aras kündigte an, gegen Maskenverweigerer notfalls mit Ordnungsrufen und Zwangsgeld vorzugehen.

„Sachliche Debatten gehören zur Wissenschaft und Medizin unbedingt dazu“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) der „Heilbronner Stimme“ und dem „Mannheimer Morgen“ (Freitag). „Aber dort, wo der verantwortungsvolle Beruf des Arztes grob fahrlässig ausgeübt wird, so dass objektiv Menschenleben in Gefahr gerät, werden wir das keinesfalls hinnehmen.“ Die überwiegende Mehrheit der Medizinerinnen und Mediziner verhalte sich sehr verantwortungsvoll.

Auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Baden-Württemberg spricht nur von Einzelfällen mit Blick auf Corona-leugnende Ärzte. „Der überwiegende Teil der Ärzteschaft nimmt die Corona-Pandemie sehr ernst und tut alles dafür, die Pandemie einzudämmen. Die KV hat nur eingeschränktes Verständnis für Ärzte, die Corona leugnen oder verwirrende Äußerungen in die Öffentlichkeit tragen“, sagte eine Sprecherin den Blättern.