Treibstoffzufuhr unterbrochen

Air-India-Absturz: Luftfahrtexperte geht von Suizid des Piloten aus

Beim Absturz einer Air-India-Maschine sterben im Juni 260 Menschen. Nun nennt ein Bericht eine unterbrochene Treibstoffzufuhr als mögliche Ursache. Im Fokus steht ein simpler Schalter.

Air-India-Absturz: Luftfahrtexperte geht von Suizid des Piloten aus

Die Mutter und Familie des Air-India-Piloten Clive Kunder (Foto li.) nehmen bei der Trauerfeier Abschied.

Von Markus Brauer/AFP/dpa

Indische Ermittler haben jetzt erste Erkenntnisse zum Absturz der Air India-Maschine auf ein Wohngebiet im westindischen Ahmedabad veröffentlicht, bei dem am 12. Juni insgesamt 241 Menschen an Bord und 19 Personen am Boden ums Leben kamen. Nur ein Passagier überlebte den Absturz.

Demnach wurden die Kontrollschalter für die Treibstoffzufuhr beider Triebwerke kurz vor dem Absturz abgeschaltet und die Treibstoffzufuhr damit unterbrochen. Die Air-India-Maschine war am 12. Juni unmittelbar nach dem Start in gestürzt.

Schlüsse aus dieser Erkenntnis oder gar Schuldzuweisungen veröffentlichte die indische Flugunfall-Untersuchungsbehörde in ihrem Bericht nicht. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) warnte vor Spekulationen. Zuvor hatte ein Experte von einer mutmaßlich vorsätzlichen Tat eines der Piloten gesprochen.

The captain of #AirIndia had 8200 hours of flying experience. His copilot had 1200 hours of experience.#AirIndiaCrashpic.twitter.com/nRcYd2XHtA — Sudhir Byaruhanga (@Sudhirntv) June 12, 2025

Chronologie einer Tragödie

Minister warnt vor voreiligen Schlüssen

Zivilluftfahrtminister Ram Mohan Naidu Kinjarapu warnte davor, voreilige Schlüsse aus den vorläufigen Untersuchungsergebnissen zu ziehen. Stattdessen solle der Abschlussbericht abgewartet werden.

Die Vereinigung Cockpit rief ebenfalls zur Zurückhaltung auf und erklärte, der bisher vorgelegte Untersuchungsbericht lasse „keinen eindeutigen Schluss auf eine absichtliche Handlung zu“.

„Alles deutet darauf hin, dass es ein Suizid war“

Zuvor hatte der deutsche Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt vermutet, dass es sich um die vorsätzliche Tat eines der Piloten gehandelt habe. „Alles deutet darauf hin, dass es ein Suizid war.“ Der Experte zeigte sich überzeugt, „dass einer der beiden Piloten dieser Maschine bewusst die Treibstoffzufuhr unterbrochen hat. Und das genau in dem Moment, in dem das Flugzeug am verwundbarsten war, unmittelbar nach dem Abheben“.

In diesem Moment brauche „das Flugzeug den vollen Schub, um an Höhe und Geschwindigkeit zu gewinnen“, sagte der ehemalige Mitarbeiter von Boeing, der Lufthansa und der Pilotenvereinigung Cockpit weiter.

„Das Abschalten der Treibstoffzufuhr hat das Gegenteil bewirkt: Die Maschine ist abgestürzt.“ Einen technischen Defekt oder eine unabsichtliche Betätigung der Schalter hält Großbongardt für unwahrscheinlich.

„Vorverurteilungen helfen der Sicherheit nicht“

Die Pilotengewerkschaft VC betonte hingegen, „seriöse Rückschlüsse zur Unfallursache“ seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. „Wichtige technische und systemischeAspekte sind nach wie vor ungeklärt.“

„Die Aufgabe der Flugunfalluntersuchung ist es, unabhängig sämtliche Faktoren des Unfalls zu beleuchten – technischer, organisatorischer und menschlicher Art“, erläuterte Vivianne Rehaag aus dem VC-Vorstand. Diesen Prozess gelte es abzuwarten und zu respektieren. „Vorverurteilungen helfen der Sicherheit nicht – im Gegenteil.“

Warnhinweis der US-Luftfahrtbehörde 2018

Laut dem AAIB-Bericht hatte die US-Luftfahrtbehörde bereits im Jahr 2018 auf das Risiko einer „potenziellen Lösung der Verriegelung des Kontrollschalters für die Kraftstoffzufuhr“ des betroffenen Flugzeugtyps hingewiesen. Da dies jedoch nicht als „unsicherer Zustand“ eingestuft wurde, wurden bei Air India keine entsprechenden Kontrollen vorgenommen. Solche Untersuchungen seien lediglich „empfohlen und nicht verpflichtend“ gewesen, teilte die Fluggesellschaft den Ermittlern mit.

Als Konsequenz der ersten Ermittlungen würden keine weiteren Maßnahmen für Betreiber von Flugzeugen des betroffenen Typs oder für die Hersteller und Betreiber von Triebwerken empfohlen, hieß es seitens der AAIB. Dies deutet darauf hin, dass die Ermittler zunächst kein grundlegendes technisches Problem beim Boeing 787-8 Dreamliner sehen.