Sexueller Missbrauch an Uniklinik

„Akute Krise“ – verurteilter Arzt erscheint nicht zum Berufungsprozess

Ein ehemaliger Arzt der Uniklinik Tübingen erscheint nicht zum Start des Berufungsprozesses wegen sexuellen Missbrauchs einer Patientin. Jetzt muss ein Gutachter seinen Zustand prüfen.

„Akute Krise“ – verurteilter Arzt erscheint nicht zum Berufungsprozess

Die Psychiatrie der Uniklinik Tübingen, die sich von dem verurteilten Arzt trennte.

Von Florian Dürr

Der Stuhl des Angeklagten bleibt leer: Als am Dienstagmorgen am Landgericht Tübingen der Berufungsprozess gegen einen ehemaligen Arzt der Uniklinik Tübingen startet, erscheint der 63-Jährige trotz einer ordnungsgemäßen Ladung nicht. Der bereits in erster Instanz vom Amtsgericht Tübingen wegen sexuellen Missbrauchs einer Patientin zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilte Mann (Urteil noch nicht rechtskräftig) befinde sich in einer „akuten suizidalen Krise“ und sei nicht verhandlungsfähig, berichtete Richterin Hörmann.

Prozess platzte im Februar wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten

Sie hatte extra noch in der Klinik, in der sich der Angeklagte stationär behandeln lässt, angerufen und nachgehakt, da sie die erste Begründung für die Abwesenheit mit Attest („Fühlt sich nicht gut“) als „bisschen knapp“ erachtete. Anschließend habe man die Bescheinigung über die „akute suizidale Krise“ erhalten.

Der am Dienstag anwesende Gutachter soll nun vor Ort in der Klinik, in der der 63-Jährige behandelt wird, prüfen, ob der Mann tatsächlich nicht verhandlungsfähig ist. Es ist nicht das erste Mal, dass wegen seiner Abwesenheit nicht verhandelt werden kann: Im Februar dieses Jahres sollte der Berufungsprozess bereits starten, doch alle sechs geplanten Prozesstage sagte das Landgericht Tübingen wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten ab.

In dem Berufungsprozess soll geklärt werden, ob der ehemalige Arzt der Uniklinik zwischen Oktober 2020 und Juni 2021 sein psychotherapeutisches Behandlungsverhältnis zu seiner Patientin ausgenutzt habe, um sie zu vergewaltigen und sexuell zu missbrauchen. Im April 2024 hatte das Amtsgericht Tübingen den Arzt zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Verhandlung am Landgericht wird am 17. Oktober fortgesetzt.

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 und unter https://ts-im-internet.de/ erreichbar. Eine Liste mit Hilfsangeboten findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: https://www.suizidprophylaxe.de/