Akzeptanz, Respekt und Lust am Diskurs

Partnerschaftstreffen der Landkreise Rems-Murr und Meißen: Unterschiede und Gemeinsamkeiten unter die Lupe genommen

Seit mehr als zwei Jahrzehnten verbindet die Landkreise Rems-Murr-Kreis in Baden-Württemberg und Meißen in Sachsen eine enge Partnerschaft. In Meißen trafen sich nun die Vertreter, blickten auf bisherige Kommunalpolitik und die nahe Zukunft.

Akzeptanz, Respekt und Lust am Diskurs

Botschafter in Sachen Genuss (von links): Die württembergische Weinprinzessin Anja Off, Landrat Dr. Richard Sigel, die frühere Schwäbische Waldfee Sara Zaiss und Landrat Arndt Steinbach. Foto: lra

WAIBLINGEN/MEISSEN (pm). Am Beginn der Partnerschaft stand die Amtshilfe ganz oben auf der Agenda, inzwischen sind es Begegnungen auf Augenhöhe mit einem großen Interesse an den Entwicklungen wie Entscheidungen plus politischer Befindlichkeiten. Der Rems-Murr-Kreis sei klar im Vorteil bei Themen wie Wirtschaft, Bevölkerungsdichte, Finanzausstattung, die Meißener seien hingegen touristisch, bei der Modernisierung der Infrastruktur und der Kinderbetreuung sehr gut aufgestellt, lässt das Landratsamt Rems-Murr-Kreis wissen. Und so war das diesjährige Partnerschaftstreffen im Landkreis Meißen auch eine Bilanz bisheriger Kommunalpolitik mit Blick in die Zukunft.

Der erste Abend gehörte im Schwerter Brauhaus ganz dem politischen Gespräch zwischen den Kreisräten aus Meißen und dem Rems-Murr-Kreis. Unter Leitung von Landrat Richard Sigel waren 15 Damen und Herren aus den Kreistagsfraktionen nach Sachsen gereist. Das bunte Spektrum politischer Meinungen blieb dann doch an den meisten Tischen bei der aktuellen Bundespolitik hängen. Asyl und Integration waren die zentralen Themen. Hier gibt es kaum Unterschiede, die Probleme sind identisch, die Herausforderungen ähnlich. Doch die Teilnehmer aus Baden-Württemberg lösten diese aktuell schwierigen Aufgaben souveräner und mit weit mehr Erfahrungen aus vielen Jahrzehnten Migrationsarbeit – so empfinden es die Meißener.

Die politische Landschaft unterscheidet sich im Ländle kaum von der in Sachsen.

Am Morgen begrüßte Landrat Arndt Steinbach die Kommunalpolitiker beider Landkreise in den Elblandkliniken am Standort Riesa, wo gegenwärtig für mehr als 40 Millionen Euro gebaut wird. Es war der ausdrückliche Wunsch von Landrat Sigel, mehr über die medizinische Versorgung im Landkreis Meißen zu erfahren. Klinikvorstand Frank Ohi als innovativer Geschäftsführer hält den Krankenhauskonzern mit seinen weiteren Standorten in Radebeul, Meißen und der Reha in Großenhain strikt auf Erfolgskurs.

Aus einem DDR-Betrieb wurde ein florierendes privates Unternehmen

Das Meißener Strukturkonzept sieht medizinische Kompetenz in vier Häusern vor – einschließlich der Rehaklinik in Großenhain. Hinzu kommt eine enge Partnerschaft mit den Unikliniken und die Zentralisierung wichtiger Dienstleistungen wie Labor, Krankenhausapotheke und Küche. Wesentlich für die künftige medizinische Versorgung vor allem der Bevölkerung in ländlichen Gegenden ist die Poliklinik GmbH mit über 20 ambulanten Praxen. „Da gibt es im Strukturkonzept Vorhaben, teilweise bereits realisiert, die auch für uns interessant sein könnten“, erklärte Sigel.

Die bewegte Geschichte der Teigwarenfabrik Riesa und deren Verbindungen zu Baden-Württemberg waren das Thema des nächsten Besuchs. Im September 1992 wurde der traditionsreiche Betrieb durch die Konsumzentrale in Berlin stillgelegt. Seit dem 1. Januar 1993 sind die Riesaer Nudeln eine Tochter der Alb-Gold-Teigwaren GmbH mit Firmenadresse im schwäbischen Trochtelfingen. Die Familie Freidler hat Millionen in den sächsischen Standort investiert, neue Nudelprodukte entwickelt und damit die Tochter an die Marktspitze in den neuen Bundesländern geführt. Es ist eines der durchweg positiven Beispiele für die Transformation von DDR-Betrieben in privates Eigentum.

Bei den Burgfestspielen erklärte Landrat Arndt Steinbach den Gästen die Förderung über den Kulturraum, dessen Gesetz bislang einmalig in Deutschland ist. Im Vergleich zum Rems-Murr-Kreis haben die sächsischen Landkreise aufgrund ihrer Geschichte weitaus mehr staatliche Kulturadressen zu verwalten. „Die Burgfestspiele“, so Arndt Steinbach, „sind ein gutes Beispiel für die Wiederbelebung einer traditionsreichen Idee vor etwa 100 Jahren mit neuen Inhalten, dargeboten von Theatern, Orchestern, Chören, die über den Kulturraum gefördert werden.“

Das Sommerfest des Landkreises mit mehr als 500 Gästen in der Winzergenossenschaft auf dem Bennoweg in Meißen bildete den Abschluss des Besuchs. In diesem Jahr galt die Aufmerksamkeit dem 80. Gründungsjubiläum der Winzergenossenschaft. Landrat Sigel hatte dafür zwei besondere Gratulantinnen mitgebracht, die württembergische Weinprinzessin Anja Off und die zu diesem Zeitpunkt amtierende Schwäbische Waldfee Sara Zaiss. Zum Abschied wurden die Erlebnisse der zurückliegenden Tage ausgetauscht, auch mit Blick auf die Entwicklung des geeinten Deutschlands.