Alle drei Jahre wieder

Der Weissacher Skulpturenpfad geht in die vierte Runde. Eine öffentliche Vernissage fand dieses Mal nicht statt. Seit gestern gibt es im Internet einen virtuellen Rundgang mit einer Einführung zu den neuen Kunstwerken.

Alle drei Jahre wieder

Wird in Unterweissach bereits „der König“ genannt: die Bronzefigur „Herrscher“ von Andreas Futter auf der Seitenmauer der Forsthausbrücke in Unterweissach. Fotos: A. Becher

Von Claudia Ackermann

WEISSACH IM TAL. Alle drei Jahre gibt es neue Werke beim Skulpturenpfad „An Brücken und Wegen“ in Unterweissach zu sehen. Als 2012 erstmals die zehn Stationen mit Kunst im öffentlichen Raum aufgebaut wurden, war vor allem die Idee, das Spazieren an den idyllischen Bachläufen der Weißach und des Brüdenbachs noch attraktiver zu machen und zudem Künstler aus der Region zu fördern. Beim vierten Weissacher Skulpturenpfad sind auch zwei Werke aus den Partnerkommunen in Sachsen und Frankreich dabei.

Der Rundgang beginnt am Unterweissacher Bürgerhaus mit der Skulptur „Entflammte Doppelwölbe“ von Ebba Kaynak. Die aus Schorndorf stammende Künstlerin arbeitet die abstrakte Form, die mit ihren Rot- und Orangetönen an Flammen erinnert, mit der Kettensäge aus Eichenholz heraus und kombiniert sie mit Stahl. Auf der kleinen Insel im Brüdenbach auf Höhe des Rathauses hat die Skulptur „Gestrandet“ von der in Stuttgart geborenen Künstlerin Claudia Dietz ihren Platz gefunden. Mit einer Muschel könnte man die Arbeit aus Sandstein assoziieren. Die Künstlerin schreibt: „Sie könnte aus dem Meer kommen oder auch aus dem All.“

Aus einem Eichenstamm üppige Frauenfigur herausgearbeitet.

Blickt man vom Rathaus über den Bach, ist die überdimensionale Holzskulptur „Stehende“ von dem in Backnang lebenden Bildhauer Gregor Oehmann nicht zu übersehen. Aus einem mächtigen Eichenstamm hat er die üppige Frauenfigur mit den leuchtend orangefarbenen Haaren herausgearbeitet. „Je größer der Klotz, desto kleiner der Bildhauer“, schreibt er dazu. Gerüst, Leiter und Kettenzüge kommen zum Einsatz, wenn bei dem gebürtigen Münchener eine seiner überlebensgroßen Skulpturen entsteht. Am Platz vor dem Rathaus ist noch die Skulptur „BegLeiter“ von der in Stuttgart arbeitenden Elzbieta Mulas zu sehen. Die aus Polen stammende Künstlerin will mit den flügelähnlichen Formen an einer Metallleiter darauf verweisen, dass jeder Mensch einen Begleiter im Leben hat. Vor allem in schwierigen Zeiten soll dieser Gedanke Trost spenden.

Noch ist die fünfte Station des Skulpturenpfads leer. An der langen Brücke war ein Workshop mit dem Künstler Thomas Putze aus Stuttgart geplant, der vorerst verschoben werden musste und zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden wird. Vor Ort wird der Bildhauer mit Workshopteilnehmern eine sich durch und am Bach entlangschlingende Skulptur aus Metallrohren und Holzstämmen mit dem Titel „Geist im Fluss“ entstehen lassen, ist angekündigt. Durch das gemeinsame Schaffen soll sich dabei ein guter Geist entwickeln.

Der Weg führt zur Forsthausbrücke, an der zwei Skulpturen platziert wurden. „Reiter“ heißt die patinierte Bronzeplastik von Daniel Wagenblast. Der Mann auf dem Pferd scheint etwas verwundert über die mit Autos befahrene Straße zur anderen Brückenseite zu blicken, an der sich die Bronze „Herrscher“ von Andreas Futter befindet. Diese Figur mit der mächtigen Krone auf dem Kopf sitzt in sich zusammengesunken auf der Seitenmauer der Brücke. Der in Schwäbisch Gmünd lebende Künstler hat seinen „Herrscher“ mit der Knubbelnase wenig herrschaftlich erschaffen, sodass der „König“, wie er bereits in Unterweissach genannt wird, nicht ehrfurchteinflößend, sondern eher bemitleidenswert oder belustigend wirkt.

Dietmar Schmid, der in Essingen bei Aalen lebt, hat seine Skulptur „Himmelsleiter“ aus Muschelkalk an der Station am Schulweg schon vor einiger Zeit aufgestellt. Schon kurz nach dem Aufbau hat jemand auf den Frauentorso mit den nackten Brüsten reagiert, weiß Carsten Gehring, der ehrenamtlicher Mitarbeiter beim Weissacher Skulpturkreis ist, der die Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Gemeinde organisiert. Der weiblichen Figur wurde schon bald ein weißes T-Shirt übergezogen. Wer das Kleidungsstück dann nach einiger Zeit wieder entfernt hat, ist unbekannt. Über solche Aktionen kann man in Weissach im Tal nur schmunzeln. Ärgerlich wird es erst, wenn die Kunstwerke sinnlos beschädigt oder gestohlen werden, wie es in vergangener Zeit bereits vorgekommen ist.

Aus der sächsischen Partnerstadt Lommatzsch hat André Rosenkranz eine Skulptur beigetragen, die an der Schule besichtigt werden kann. Aus einem großen Mammutholzstamm ist im oberen Bereich die St.-Wenzel-Kirche bildhauerisch herausgearbeitet. Die Kirche mit den selten vorkommenden drei Türmen ist das Wahrzeichen der Partnerstadt. Am zehnten Standort schließlich zeigt Paul Flickinger aus der französischen Partnergemeinde Marly die Skulptur „La femme est l’avenir de l’homme“ (Übersetzt: Die Frau ist die Zukunft des Menschen). Der französische Künstler verleiht seiner Kopfskulptur eine Rundumsicht. In kubistisch abstrahierender Formsprache hat er aus dem synthetischen Material Glasfaser vier Gesichter geschaffen.

Da lange Zeit Ungewissheit bestand, ob eine Vernissage stattfinden kann, haben sich die Veranstalter entschieden, ein Video zu erstellen, das man im Internet auf der Homepage der Gemeinde Weissach im Tal betrachten kann. In dem Video von Luca Gehring spricht Bürgermeister Ian Schölzel ein Grußwort. Eine Einführung zu den Werken hält Ernst Hövelborn vom Backnanger Heimat- und Kunstverein, mit dem es auf einen virtuellen Rundgang zu den Skulpturen geht.

Eine öffentliche Feier mit Führung soll im September nachgeholt werden. Der Workshop mit dem Künstler Thomas Putze ist für 6. bis 8. September geplant. Bis zum 30. April 2024 verbleiben die Skulpturen an den Brücken und Wegen in Unterweissach. Die virtuelle Eröffnung gibt es unter: www.weissach-im-tal.de

Alle drei Jahre wieder

Holzskulptur „Stehende“ von dem in Backnang lebenden Bildhauer Gregor Oehmann.