Alle wollen weg von fossilen Brennstoffen

Die Angst vor einen Gaslieferstopp ist groß, die Nachfrage nach Holzöfen und Brennholz so hoch wie nie zuvor. Statt vier bis sechs Wochen kann die Lieferzeit für einen üblichen Schwedenofen mittlerweile bis zu zwölf Monate dauern.

Alle wollen weg von fossilen Brennstoffen

Steffen Müller in der Ofenausstellung von Kögel Feuerland in Waldrems. Foto: Alexander Becher

Von Kristin Doberer

Backnang/Großerlach. Täglich sind neue Meldungen von steigenden Heizölpreisen und knappen Gaslieferungen zu lesen, Hallenbäder senken die Temperaturen oder schließen ganz, erste Gemeinden richten in öffentlichen Gebäuden bereits Wärmeräume ein oder bereiten Notfallpläne für einen Winter mit Gasnot vor. Die Angst vor Zähneklappern im Winter beschäftigt nicht nur Unternehmen und Verwaltungen, sondern auch viele private Haushalte, das zeigt sich gerade besonders in den Auftragsbüchern der örtlichen Ofenbauer. „So eine Situation wie gerade hatten wir noch nie. Gerade haben wir Lieferzeiten bis zu neun, zum Teil auch bis zu zwölf Monaten“, sagt Steffen Müller, der gemeinsam mit Sebastian Zuleger das Kögel Feuerland in Waldrems betreibt. Die Nachfrage nach Holzöfen sei mittlerweile so hoch, dass es Beratungen nur noch mit Termin gibt. „Das ist ein komplexes Thema, dafür müssen wir uns Zeit mit den Kunden nehmen“, meint Müller. Das gehe aber nicht, wenn an einem Samstag auf einmal 20 Menschen in der Ausstellung stehen. Mittlerweile liege selbst die Wartezeit für einen Beratungstermin bei drei bist vier Wochen, so Müller.

Die Produzenten kommen der Nachfrage nicht mehr hinterher

Einen Anstieg der Nachfrage habe es schon durch Corona gegeben, da sich die Menschen mehr zu Hause aufgehalten haben und viele ihr Heim aufbessern wollten. „Aber selbst da war es nie so viel wie jetzt“, meint Müller. Dass die Lieferzeiten so lang sind, liege vor allem an der extrem hohen Nachfrage. Einen ersten Anstieg habe man schon im Februar – gleich nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine – wahrgenommen. Die Möglichkeit einer tatsächlichen Gasnot sei für einen Großteil der Interessierten nun der Antrieb für den Ofenkauf. „Komplett heizen kann man die Wohnung mit einem kleinen Holzofen nicht, aber er kann als Unterstützung genutzt werden, damit man die Heizung im Herbst länger auslassen und im Frühjahr früher abschalten kann“, sagt Müller. Für rund 80 Prozent der Kunden stehe der Sicherheitsgedanke klar im Vordergrund, schätzt Sebastian Zuleger. „Die meisten haben eine Gas- oder Ölheizung, ihnen geht es um eine Absicherung für den Winter“, so Steffen Müller.

Die Infoveranstaltungen sind in letzter Zeit immer komplett voll.

Das bestätigt der Backnanger Heizungsbaumeister Harald Moser. Auch bei ihm ist die Nachfrage stark gestiegen, sowohl bei Schwedenöfen als auch bei größeren Heizanlagen. Die Lieferzeiten für Holzöfen haben sich auch bei ihm bereits in das nächste Jahr verschoben. Vor Corona habe man innerhalb von etwa vier Wochen alles Nötige erhalten. „Aber wer für diesen Winter einen Ofen wollte, der hätte sich schon im März darum kümmern müssen“, meint Moser. „Die Nachfrage geht jetzt ganz klar weg von fossilen Brennstoffen.“ Immer wieder lädt er zu Informationsveranstaltungen rund um die Themen Solarenergie und Heizen mit erneuerbaren Brennstoffen ein. Und auch diese Infoveranstaltungen seien in der letzten Zeit immer komplett voll.

Er befürchtet, dass sich die Situation im Herbst noch weiter zuspitzen wird. Schließlich sei das die eigentliche Zeit mit hoher Nachfrage nach Holzöfen. „Bei uns ist das eigentlich wie bei den Winterreifen – bei der ersten Frostnacht werden die Anfragen vermutlich explodieren“, vermutet Moser. Denn der Herbst ist ohnehin Hochzeit für die Branche. Im Sommer habe es sonst nur wenige Anfragen für Holzöfen gegeben, zum Beispiel von Leuten, die gerade ihr Haus planen und bauen. Und auch wer bereits einen Holzofen zu Hause hat, dem falle meist erst im Herbst oder Winter auf, dass der Ofen noch gewartet werden muss oder dass Ersatzteile besorgt werden müssen.

Ofenbauer und auch Holzlieferanten haben mehr Kunden.

Deshalb der Tipp der Profis: trotz der aktuell langen Lieferzeiten lieber jetzt einen Ofen bestellen – selbst wenn man diesen erst für die Heizperiode 2023/24 benötigt. Einige Lieferanten haben die Produktion bereits hochgeschraubt, berichtet Müller. Aber das sei eben nur in gewissem Ausmaß überhaupt möglich. „Man weiß ja auch nicht, wie sich das weiter entwickelt und ob die Nachfrage auch in den nächsten Jahren so hoch sein wird“, so Müller. Zumindest bei der Montage sehen Müller und Zuleger keine Probleme: Durch die langen Lieferzeiten strecke sich das ohnehin.

Aber nicht nur die Ofenbauer haben deutlich mehr Kundschaft, sondern auch die Holzlieferanten. Schließlich wollen die ganzen neuen Holzöfen auch gefüttert werden. Und die Brennholzproduktion kann häufig nicht so einfach hochgefahren werden, denn das Holz muss eigentlich über mehrere Jahre gelagert werden. „Der Markt ist gerade wie leer gefegt. Zum Teil gehen gerade die größeren Lieferanten nicht mal mehr ans Telefon“, berichtet Müller. Das betreffe sowohl Kaminholz als auch Holzbriketts oder Pellets.

Holz erlebt wohl eine Art Renaissance

„Wir haben gerade sehr, sehr starke Nachfrage nach Brennholz, das ist sehr ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Aber wir sind noch lieferfähig“, sagt Jürgen Danner vom Brennholzservice Danner in Großerlach. Für gewöhnlich beschäftigen sich die meisten Menschen erst dann mit dem Nachschub, wenn die erste Frostnacht da war, erzählt er. Das sei in diesem Jahr ganz anders. Viele Anfragen kämen gerade auch von Neukunden – und er erwartet, dass es im Winter noch mal deutlich mehr werden. „Wir bereiten uns vor, so gut wir können, damit wir über den Winter auch weiterhin lieferfähig bleiben“, sagt Danner.

Die Knappheit könnte sich auf den Preis niederschlagen. Dieser sei für Holz ohnehin schon etwas gestiegen, da die ganzen großen Maschinen natürlich mit Diesel betrieben werden und Brennholz zum Teil auch aus anderen Ländern importiert wird. Danner hofft nun, dass Holz als Heizungsmittel – vor allem regionales Holz – wieder mehr wertgeschätzt wird. „Gutes, trockenes Holz ist ein toller und nachhaltiger Wärmespender, vor allem wenn es regional produziert wird und eben nur kurze Wege zurücklegen muss“, sagt Danner. Er vermutet, dass Holz als Brennstoff durch die angespannte Gassituation wieder eine Art Renaissance erleben wird. Das kann sich auch Steffen Müller gut vorstellen. „Das ist eben was, das immer funktioniert“, erklärt er. Und gerade mit einem guten Ofen, gutem Holz und hohem Schornstein sei Holz ein nachhaltiges Heizungsmittel mit wenig Feinstaubausstoß.

Bei Gasöfen beträgt die Lieferzeit meist nur wenige Wochen

Und wie reagieren die Kundinnen und Kunden auf die langen Lieferzeiten? „Viele sind das bereits gewohnt“, meint Zuleger. In anderen Branchen sehe es schließlich ganz ähnlich aus. Aber trotz allem Verständnis gebe es immer wieder auch Versuche, das zu beschleunigen. Oft werde gefragt, ob man noch Öfen im Lager habe oder ob die Ausstellungsstücke käuflich seien, erzählt Zuleger. „Aber ein Großteil akzeptiert, dass das keinen Sinn macht.“ Wer tatsächlich richtig schnell einen Ofen braucht, der könne höchstens einen Gasofen erhalten. Die Nachfrage danach sei nämlich schlagartig eingebrochen, berichten die Ofenbauer. Während jahrelang der Trend zu den Gasöfen immer weiter nach oben ging, habe es einen abrupten Umschwung zu Holzöfen gegeben. Diese Nachfrage habe den eigentlich kompletten Wegfall der Gasöfen aber kompensiert.