Alles bereit für das Deutschland-Ticket im Rems-Murr-Kreis?

Am Montag geht das Deutschland-Ticket offiziell an den Start. Der VVS spricht von einer sehr großen Nachfrage, gleichzeitig sorgen die bevorstehenden Streckensperrungen für Zurückhaltung bei Bahnreisenden aus dem Rems-Murr-Kreis.

Alles bereit für das Deutschland-Ticket im Rems-Murr-Kreis?

Auch in der Blumenstraße in Backnang soll ein Werbeplakat neue Abonnenten gewinnen. Foto: Alexander Becher

Von Kai Wieland

Rems-Murr. Bundesweit im Nahverkehr mit Bus und Bahn von A nach B, und das für gerade einmal 49 Euro im Monat – am Montag tritt das lange diskutierte Deutschland-Ticket tatsächlich in Kraft und soll einen großen Schritt in Richtung Verkehrswende ermöglichen.

Vor allem bedeutet es für viele Pendler, die bislang mit einem Monats- oder Jahresabo des VVS unterwegs waren, erhebliche Einsparungen, die höher ausfallen, je mehr Zonen zurückgelegt werden müssen. Bei vier Zonen beispielsweise, wie es bei der Fahrt von Backnang zum Stuttgarter Hauptbahnhof der Fall ist, lag die monatliche Aborate für das ganzjährige Jedermann-Ticket zuletzt bei 133,75 Euro. Mit der Umstellung auf das Deutschland-Ticket beträgt die monatliche Ersparnis also 84,75 Euro. Dazu kommen inhaltliche Vorteile, allem voran die deutschlandweite Gültigkeit, welche die mühsame Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ticketregelungen obsolet macht.

Es ist insofern wenig überraschend, dass sich laut VVS die meisten Abonnenten für einen Umstieg auf das Deutschland-Ticket entschieden haben, der zudem weitgehend unkompliziert automatisch erfolgt ist.

Interessanter ist die Frage, wie viele Menschen, welche den ÖPNV bislang unregelmäßig oder gar nicht genutzt haben, für das monatlich kündbare Abonnement gewonnen werden können. Klar ist, dass die Abonnentenzahl signifikant steigen muss, um das Ticket zu finanzieren. Ungeachtet dessen wird der Preis von 49 Euro aber wohl nicht in Stein gemeißelt sein. Die Bundesregierung spricht hier jedenfalls klar von einem Einführungspreis.

Wie läuft also der Verkauf des Tickets im VVS-Gebiet? Laut den Verkehrsunternehmen sehr gut: Anfang der Woche sagte etwa eine Pressesprecherin der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB): „Bisher hat die SSB rund 20.000 Deutschland-Tickets als neues Abo verkauft und 88.000 Abonnenten vom bisherigen Ticket auf das Deutschland-Ticket umgestellt.“ Beim VVS sprach man gestern Nachmittag von 45.000 neu verkauften Deutschland-Tickets.

Sperrungen bremsen Begeisterung

Ob die Nachfrage im Rems-Murr-Kreis, welcher Hauptleidtragender der Vollsperrungen zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt ab 12. Mai bis Ende Juli ist, genauso groß ist wie im restlichen VVS-Gebiet, darf zumindest angezweifelt werden. Konkrete Zahlen können oder wollen dazu allerdings weder der VVS, der darauf verweist, dass „die Aboverwaltung den Abo-Centern der Verkehrsunternehmen obliegt und uns keine Anschriften von Fahrgästen vorliegen“, noch SSB geben.

Bei einer nicht repräsentativen Umfrage unserer Zeitung über die sozialen Netzwerke gaben immerhin 36 Prozent der Teilnehmer an, zunächst das Ende der Sperrungen abwarten zu wollen. Weitere 36 Prozent stimmten dafür ab, dass sie das Deutschland-Ticket überhaupt nicht nutzen möchten. Lediglich 28 Prozent haben sich dazu entschieden, das Angebot schon jetzt in Anspruch zu nehmen.

Rückenwind bekommt das Ticket durch die Entscheidung von Arbeitgebern, die eigenen Angestellten zusätzlich zu unterstützen. Dies ist auch bei der Stadt Backnang der Fall, wie Pressesprecher Christian Nathan bestätigt: „Die Stadtverwaltung Backnang bezuschusst das neue Deutschland-Ticket als Jobticket-Variante so, dass von den Mitarbeitern nur ein Eigenanteil von neun Euro monatlich zu leisten ist.“ Die Maßnahme zeigt Erfolg. Während das bisherige Jobticket, welches mit 50 Prozent bezuschusst worden war, von 28 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Anspruch genommen worden sei, hätten nun 80 weitere Angestellte das neue Jobticket beantragt, sagte Nathan. Mit dieser Maßnahme wolle man nicht nur als Arbeitgeber attraktiv sein, sondern auch den Umstieg vom Individualverkehr auf den ÖPNV fördern. „Es ist auch ein Baustein, Backnang bis zum Jahr 2035 klimaneutral aufzustellen.“

Bund setzt wieder Anreize für Jobtickets

Unterstützung erhalten Arbeitgeber, die bereit sind, das Deutschland-Ticket zu fördern, vom Bund, wie es auch schon zuvor beim sogenannten Jobticket der Fall gewesen ist. „Im VVS-Verbundgebiet wurde bereits beim alten Firmenticket eine nochmalige Rabattierung gewährt, wenn der Arbeitgeber sich an den monatlichen Abokosten beteiligte. Beim Deutschland-Ticket wird erneut eine zusätzliche Rabattierung eingeräumt“, erklärt Markus Beier, leitender Geschäftsführer der Bezirkskammer Rems-Murr in der IHK-Region Stuttgart. „Bei Bezuschussung durch den Arbeitgeber um mindestens 25 Prozent reduziert sich der Preis nochmals um fünf Prozent. Zusammen ergibt sich also ein Rabattbetrag von 30 Prozent gegenüber dem allgemeinen Abo.“

Markus Beier rechnet damit, dass viele Unternehmen, die sich bereits am VVS-Firmenticket beteiligt hatten, diesen Schritt auch beim Deutschland-Ticket gehen werden: „Es handelt sich um ein für Mitarbeiter und Betriebe attraktives Angebot zur Mitarbeiterbindung und zum Klimaschutz.“

So sieht man das auch bei den Rems-Murr-Kliniken in Winnenden und Schorndorf. Diese bieten ihren Angestellten ein bezuschusstes Deutschland-Tickt an. „Für Auszubildende, Studierende und Freiwilligendienstleistende übernehmen wir als Arbeitgeber 100 Prozent der Kosten, sie fahren also gratis. Für alle anderen Mitarbeiter übernehmen wir 50 Prozent der Jobticket-Kosten“, sagt Personalleiterin Anja Krehahn. „Für uns ist es selbstverständlich, dass wir als Arbeitgeber die umweltfreundliche Mobilität unterstützen und gleichzeitig einen Benefit für unsere Mitarbeiter schaffen.“ Die Nachfrage nach dem Jobticket sei bereits hoch. Aus organisatorischen Gründen beginne die Laufzeit der bezuschussten Jobtickets allerdings erst am 1. Juni. Darauf habe man aber keinen Einfluss, das sei Sache der Bahn.

Günstiger fahren auch die Beschäftigten des Landes. Wie schon beim bisherigen Jobticket BW beträgt der Arbeitgeberanteil beim Deutschland-Ticket weiterhin 25 Euro. Weil damit die 25 Prozent Arbeitgeberanteil erfüllt sind, werden noch einmal 5 Prozent Rabatt gewährt, womit der Preis für Landesbedienstete auf 21,55 Euro sinkt.