Wenn Australien den Anzac Day begeht, gedenkt das Land seiner gefallenen Soldaten in den Kriegen. Weniger bekannt ist, dass unzählige Tiere an ihrer Seite dienten: Pferde, Hunde, Tauben – und Koalas sowie Wombats.
Kängurus waren beliebte Maskottchen bei australischen Soldaten.
Von Barbara Barkhausen
Australien ehrt seine tierischen Gefährten – mit einem nationalen Gedenktag für all jene Vierbeiner, Vögel und Krabbeltiere, die vor allem im Ersten Weltkrieg mit an die Front zogen, sei es nach Europa oder Afrika: Maskottchen, Transporttiere, Spürnasen oder Boten – ihre Aufgaben waren vielfältig. Pferde, Kamele, Esel und Maultiere transportierten Menschen und Ausrüstung. Brieftauben überbrachten Nachrichten, Hunde warnten vor Angriffen oder suchten nach Verwundeten. Manches Tier begleiteten die Soldaten auch nur als tröstende Seelen in den Grauen des Krieges.
Zu den bekanntesten tierischen Kriegshelden der Welt zählt der Bullterrier-Mischling Stubby. 1917 lief er dem US-Soldaten John Conroy auf dem Campus der Universität Yale zu. Als dieser zum Einsatz nach Frankreich versetzt wurde, schmuggelte er den Hund auf die USS Minnesota. Stubby kämpfte an der Front und wurde schließlich als einziger Hund zum „Sergeant“ ernannt.
Ein Tier wie ein Stück Heimat
Auch australische Soldaten nahmen ihre tierischen Gefährten mit auf die lange Reise – nur die wenigsten davon kehrten zurück. Von den 136 000 Pferden, die Australien in den Ersten Weltkrieg schickte, überlebte nur eines die Rückreise: „Sandy“, das Lieblingspferd von General William Bridges, der 1915 in Gallipoli verwundet wurde und starb. Eine andere berührende Geschichte dreht sich um einen Esel, der gemeinsam mit dem australischen Sanitäter John Simpson Verwundete aus dem Kugelhagel rettete.
Neben ihren Nutztieren brachten viele Australier auch ein Stück Heimat mit in den Krieg. Kängurus, Koalas, Wombats, Kakadus, sogar Possums und Schildkröten wurden als Maskottchen mitgeführt. Viele Tiere landeten in Trainingslagern in Ägypten. Die den Krieg überlebten, fanden oft ein neues Zuhause im Kairoer Zoo, der in den 1950er Jahren die größte Sammlung australischer Tiere außerhalb des Kontinents beherbergte.
Besonders Kängurus sorgten bei internationalen Truppen für Erstaunen. Leutnant Horace George Viney schilderte 1914 in einem Brief eine Szene an Bord eines Transportschiffes: Ein Känguru, das der indigene Soldat William Charles Westbury mitgebracht hatte, stieß ein „Geräusch zwischen Husten und Bellen“ aus – woraufhin ein erschrockener Mann etwa 1,80 Meter weit sprang, einige Soldaten umwarf und ans andere Ende des Schiffs floh. Ein ikonisches Foto zeigt einen australischen Soldaten mit Schlapphut, der 1914 vor den ägyptischen Pyramiden einem Känguru über den Rücken streicht. Robyn Siers, Bildungsmanagerin beim Australian War Memorial, sagt, dass diese Aufnahme zu den meistverkauften Postkarten der Gedenkstätte gehört.
Die Kompanie kümmert sich
Die Rolle der Tiere im Krieg hat sich im Laufe der Jahre gewandelt. Anfangs als praktische Helfer eingesetzt – zum Transport, als Spür- oder Rettungstiere – wurden viele bald zu Maskottchen. „Es war der einfache Soldat, der sie brachte und sich um sie kümmerte, und sehr schnell versammelte sich die ganze Kompanie und jeder kümmerte sich um sie“, erzählte Peter Bakker, ein Hobbyhistoriker, der sich auf Tiere im Krieg spezialisiert hat. Diese Tiere waren eine Verbindung zur Heimat, eine Stütze in Zeiten der Angst und Einsamkeit.
Zwar wurden die meisten Tiere nicht direkt an die Front mitgenommen – doch es gab Ausnahmen: Hunde, Katzen und sogar ein Affe wurden in Schützengräben gesichtet. Das Leben im fremden Klima, dazu die oft karge Versorgungslage, machte es den australischen Tieren allerdings schwer. Um ihre mitgebrachten Kängurus zu füttern, säten Soldaten in Ägypten sogar Gras um ihre Zelte an.