An den Weihnachtstagen oder an Silvester in der Notaufnahme

Was an den Feiertagen in den Rems-Murr-Kliniken in Winnenden und Schorndorf los ist – Notfälle durch Festessen, kuriose Funde und keine Zeit für Kerzenromantik.

An den Weihnachtstagen oder an Silvester in der Notaufnahme

Verschluckte Geflügelknochen gehören zu den weihnachtlichen Klassikern in den Notaufnahmen der Rems-Murr-Kliniken. Hier ein kleiner Einblick, was dort um diese Zeit so alles los ist. Foto: Katja Zern

Winnenden/Schorndorf. Was als Festessen die Familien- und Partytafel ziert, den Heiligen Abend versüßt oder an Silvester einheizt, lässt bei den Ärzten in den Rems-Murr-Kliniken die Alarmglocken schrillen: Alle Jahre wieder erleben Teams, die an den Feiertagen Dienst haben, verschluckte Geflügelknochen, die samt Patient in Winnenden oder Schorndorf ankommen. „Die Knochen müssen dann mitunter in unserer Gastroenterologie endoskopisch geborgen werden“, berichtet Torsten Ade, Chefarzt der Interdisziplinären Notaufnahme im Klinikum Winnenden, und nennt einen weiteren schwäbisch-klinischen Feiertagsklassiker: die Gallenkolik, Folge ausgedehnter Genussmomente zwischen Glühwein-Gutsle-Tour und Weihnachtsschmaus.

Auch Orangen im Übermaß verzehrt können ernsthafte Probleme machen

Wie sieht es am Klinikstandort Schorndorf aus? „In der Chirurgie haben wir auch nachts immer wieder Patienten auf dem OP-Tisch, die akute Bauchbeschwerden durch das viele, teils fette Essen haben“, sagt Christoph Ulmer, Chefarzt der Schorndorfer Allgemein- und Viszeralchirurgie. Seine kurioseste Feiertagsüberraschung ist jedoch nicht die Gänsekeule, sondern die Orange. Im Übermaß verzehrt von Menschen, die ohnehin bereits Verwachsungen und Engstellen im Darm haben, kann die eigentlich gesunde Zitrusfrucht echte Probleme verursachen – in Form von Knäueln, die sich aus den Häuten der Orangenspalten ballen und schlimmstenfalls zum Darmverschluss führen.

Was Menschen essen, trinken, tun oder lassen, beschäftigt die Klinikteams in den Notaufnahmen das ganze Jahr lang Tag und Nacht – und ganz intensiv von Heiligabend bis zum Neujahrskater, wo schließlich einige Patienten infolge durchzechter Nacht in der Notaufnahme den Wunsch nach spontanem Alkoholentzug äußern. Ob Hexenschuss, fiebriger Husten, Herzinfarkt oder Unfälle mit Fondue-Fett und Feuerwerk: Wer zwischen den Jahren Hilfe sucht, findet sie in den Interdisziplinären Notaufnahmen der Rems-Murr-Kliniken, die erfolgreich nach dem sogenannten Ein-Tresen-Modell mit der Notfallpraxis der niedergelassenen Ärzte im Rems-Murr-Kreis kooperieren: Beide sind direkte Nachbarn und über die gemeinsame Anmeldung einfach zugänglich. Das Modell ist eine Glückskombi für alle Beteiligten. „Für die Patienten und für uns als Klinik ist die räumliche Nähe zu den Notfallpraxen eine große Hilfe, weil diese Zusammenarbeit gerade zwischen Weihnachten und Neujahr vieles abpuffert, was an Notfällen auf uns zukommt“, lobt Angela Rothermel, leitende Ärztin der Notaufnahme in der Schorndorfer Klinik, und betont: „Das ist in dieser Zeit besonders wichtig, denn es geht je nach Lage der Feiertage um zwei komplette Wochen, in denen im ambulanten ärztlichen Bereich urlaubsbedingt Unterversorgung herrscht.“

An Heiligabend herrscht in der Notaufnahme Highlife

Während es in der Notaufnahme vier, fünf Tage vor Weihnachten meist ruhiger ist, herrscht ab Heiligabend Highlife. „Familienstreit und Partnerschaftskonflikte, alte Menschen ohne Familien und die typischen Notfälle wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, bei denen Lebensgefahr droht“, beschreibt Ade das Spektrum in Winnenden, und Kollegin Rothermel spinnt den Faden für Schorndorf weiter: „Eigentlich können wir den ganzen Ablauf der Familienfeiern und Silvesterpartys in der Klinik beobachten: Erst schneidet man sich beim Essenvorbereiten in der Küche in den Finger. Später drohen Verbrennung und Verbrühung bei Fondue oder Raclette. Wenn die Gäste dann weg sind, geht’s ans Gläserspülen, und dann kommen die Schnittverletzungen.“ An Silvester sieht die Besatzung der Notaufnahme außerdem Verletzungen durch Böller und Raketen. Kein Wunder, dass die Teams erleichtert sind über jedes Feuerwerksverbot, das offiziell erlassen wird, und sich über jeden freuen, der freiwillig aufs Böllern verzichtet oder zumindest die Sicherheitsmaßnahmen beachtet.

Auch an Feiertagen gilt: „Wir versorgen unsere Patientinnen und Patienten wie an jedem anderen Tag, sind personell stabil besetzt, erledigen konzentriert und ganz ohne Weihnachtsstimmung unsere Arbeit. Das ist unser Auftrag, 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Bei uns ist kein Ort für Romantik“, sagt Angela Rothermel. Kerzen sind in Kliniken aus Sicherheitsgründen tabu, Weihnachtsdeko verbietet sich in der Notaufnahme, wo es um Leben und Tod geht. „Damit auch unsere Teams Zeit zum Feiern mit Familie und Freunden haben, versuchen wir, die Dienste hier möglichst gerecht aufzuteilen und Präferenzen zu berücksichtigen: Die einen arbeiten im Weihnachtsblock, die anderen im Silvesterblock“, so Rothermel. Eins aber ist und bleibt selbst für lang gediente Notfallmediziner wie Rothermel und Ade an Weihnachten ein schwieriges Thema: der Umgang mit dem Tod. „Der gehört zu unserem Beruf, und wir sind Profis“, sagt Ade. „Aber es ist halt an Weihnachten besonders schlimm, wenn wir alles versuchen, um jemanden stabil zu reanimieren, und den Angehörigen manchmal doch sagen müssen: Ihr Vater hat es leider nicht geschafft.“ pm

Anlaufstellen bei Notfällen

Rems-Murr-Kliniken Die Interdisziplinären Notaufnahmen der Rems-Murr-Kliniken in Winnenden und Schorndorf sichern zusammen mit den in beiden Kliniken eingerichteten Notfallpraxen der niedergelassenen Ärzte rund um die Uhr die medizinische Notfallversorgung im Rems-Murr-Kreis. In akuten lebensbedrohlichen Situationen wenden Sie sich an den Rettungsdienst unter Telefon 112 oder lassen sich in die Notaufnahme der Rems-Murr-Kliniken bringen.

Niedergelassene Ärzte Den Bereitschaftsdienst der niedergelassenen Ärzte erreichen Sie außerhalb der Praxisöffnungszeiten (am Abend, an Feiertagen und am Wochenende) über die Rufnummer 116117. Informationen gibt es unter www.rems-murr-kliniken.de/ medizin/winnenden/notaufnahme.html oder www.notfallpraxis-rems-murr.de.