Angehörige und Aktivisten erinnern in Istanbul an Khashoggi

dpa Istanbul. Sie ist hochkarätig besetzt, die Trauerfeier zum Jahrestag des Mordes am saudischen Regierungskritiker und Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul. Der Tatort, das saudische Konsulat, liegt in Sichtweite.

Angehörige und Aktivisten erinnern in Istanbul an Khashoggi

Jeff Bezos unterhält sich mit Hatice Cengiz (r), der Verlobten Kashoggis. Zum Jahrestag der Ermordung sind in Istanbul Dutzende Aktivisten und Journalisten für eine Gedenkfeier zusammengekommen. Foto: Lefteris Pitarakis/AP/dpa

Am Jahrestag der Ermordung des saudischen Regimekritikers und Journalisten Jamal Khashoggi sind nahe dem saudischen Konsulat in Istanbul Dutzende Aktivisten und Journalisten für eine Gedenkfeier zusammengekommen.

Am 2. Oktober 2018 war das Haus zum Tatort geworden, als ein saudisches Sonderkommando Khashoggi bei einem Termin dort abfing, tötete und anschließend zerstückelte. Unter den Teilnehmern der Feier im Stadtviertel Besiktas waren die jemenitische Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman, Khashoggis türkische Verlobte Hatice Cengiz und überraschend Jeff Bezos, der Besitzer der „Washington Post“, für die Khashoggi schrieb.

Auch die UN-Sonderberichterstatterin für außergerichtliche, standrechtliche oder willkürliche Hinrichtungen, Agnès Callamard, war angereist. Callamard hatte im Juni einen Bericht über den Mord vorgelegt und Saudi-Arabien vorgeworfen, Khashoggi vorsätzlich getötet zu haben. In einer kurzen Rede sagte sie, „niemand darf mit Mord davonkommen, egal, wer sie sind. Nicht einmal eine Macht, die so einflussreich ist wie Saudi-Arabien, sollte mit einem Mord davonkommen ... und dann dreist darauf vertrauen, dass die Abgestumpftheit der Welt sie schützt.“

Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman verglich den Mord in einer feurigen Rede mit Taten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Kein Land außer dem saudischen Königreich, egal wie brutal, würde so etwas tun. Sie verlangte Gerechtigkeit für Khashoggi wie auch für die Verbrechen in ihrer Heimat Jemen, hinter denen in beiden Fällen der saudische Schurkenstaat stecke. Sie kritisierte, dass das Königreich sich das „Schweigen der Welt erkauft“ habe.

Jeff Bezos sprach nur zu Hatice Cengiz und umarmte sie anschließend. „Niemand sollte aushalten müssen, was du ausgehalten hast“, sagte er. „Es ist unvorstellbar.“ Sie sei nicht allein, versicherte er ihr.

Cengiz sagte in einer kurzen Ansprache, hinter ihr liege das schlimmste Jahr ihres Lebens. Jamal Khashoggi sei ihr bester Freund gewesen und die Liebe ihres Lebens. Am 2. Oktober 2018 hatte sie vor dem Konsulat auf ihn gewartet, während er Papiere für die Hochzeit abholen wollte. „Am heutigen Tag im letzten Jahr stand ich hier. Ich war ein verliebtes Mädchen, ich habe gewartet, dass mein Mann aus dem Konsulat kommt. Wir wollten zum Abendessen gehen. Wir wollten unsere Freunde zur Hochzeit einladen.“ Sie sei gebrochen, aber angesichts der Unterstützung für Khashoggi auch stolz. Später enthüllte sie auf einer nahen Rasenfläche einen weißen Gedenkstein mit Khashoggis Namen und den Geburts- und Todesdaten darauf.

Die Feier hatte mit einer Schweigeminute um 13.14 Uhr begonnen - die Zeit, zu der Khashoggi vor einem Jahr das Konsulat betreten hatte, um Papiere für seine Hochzeit abzuholen. Sein Leichnam ist bis heute nicht aufgetaucht.

Human Rights Watch warf den saudischen Behörden vor, eine glaubhafte Aufarbeitung des Falls verhindert zu haben. Anstatt Zugang zum derzeit laufenden Prozess im Zusammenhang mit dem Mord zu gewähren und Details offenzulegen, würden unabhängige Stimmen weiter unterdrückt, sagte die Nahost-Leiterin der Menschenrechtsorganisation, Sarah Leah Whitson.

Derzeit seien in Saudi-Arabien mindestens 30 Menschen hinter Gittern, die lediglich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht hätten, teilte Amnesty International mit. Die Unterdrückung von Journalisten, Menschenrechtlern und Vertretern der Zivilgesellschaft gehe in dem Königreich unvermindert weiter.