Erlangen

Ansbach-Amokläufer verschwunden – warum wird nicht gefahndet?

Georg R. lief in Ansbach Amok und musste nach 47-fachem Mordversuch in die Psychiatrie. Nun ist er geflohen. Doch wieso fahndet die Polizei nicht öffentlich nach dem Täter?

Ansbach-Amokläufer verschwunden – warum wird nicht gefahndet?

Welche Gefahr geht von Georg R. aus? Die Polizei fahndet nach ihm – vorerst nicht öffentlich und ohne Foto (Symbolbild).

Von Jelena Maier

Nach einem genehmigten Ausgang in der forensischen Psychiatrie in Erlangen ist ein 34-Jähriger Mann am Samstag nicht mehr zurückgekommen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Ansbach handelt es sich um Georg R., den Täter des Amoklaufs in einer Ansbacher Schule im Jahr 2009.

Der Mann stellt laut der behandelnden Klinik aktuell keine Bedrohung für die Öffentlichkeit dar, wie eine Sprecherin der Bezirkskliniken Mittelfranken mitteilte. Der Mann war demnach am Samstag alleine bei einem genehmigten Ausgang. Als er nicht zurückkehrte, informierte die Klinik in der Nacht auf Sonntag die Polizei.

Ansbach-Amokläufer Georg R. geflohen

Polizeisprecher Michael Konrad teilt auf Anfrage unserer Zeitung mit: „Der Mann ist abends nicht von seinem Ausgang zurückgekehrt, und erst dann wurde sein Verschwinden bemerkt. Wir haben aufgrund des großen Zeitfensters des Ausgangs keinen geografischen Anhaltspunkt, wo wir suchen könnten.“

Deswegen gebe es auch keine Bilder von schwirrenden Hubschraubern oder Hundertschaften, die das Gebiet um die psychiatrische Einrichtung durchkämmen.

Haftbefehl gegen Amokläufer von Ansbach

Die Staatsanwaltschaft hat einen Vollstreckungshaftbefehl gegen den Mann ausgeschrieben und einen europaweiten Haftbefehl beantragt. Zuvor hatte die Polizei laut Sprecher Konrad bereits das nähere Milieu des Mannes und mehrere Adressen überprüft. Dort habe man den Mann aber nicht angetroffen.

Zum Grund der nicht-öffentlichen Fahndung sagt der Polizeisprecher: „Nach Einschätzung der behandelnden Ärzte geht von dem Mann keine Gefahr aus. Wir fahnden deshalb nicht öffentlich nach ihm, sondern zielgerichtet im Hintergrund, zum Beispiel in seinem sozialen Umfeld.“ Eine Öffentlichkeitsfahndung sei eine Einzelfallentscheidung und unterliege rechtlichen Voraussetzungen. Außerdem müsse sie auch von Richtern bestätigt werden.

Warum gibt es keine öffentliche Fahndung?

„Die Staatsanwaltschaft bespricht gerade das weitere Vorgehen“, sagt Konrad. „Eine Öffentlichkeitsfahndung kann noch hinzukommen, aber erst, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind. Das wäre anders, wenn es sich um eine als hochgefährlich eingestufte Person handeln würde.“

Eine Kliniksprecherin teilte zudem mit, Tagesausgänge seien Teil der Therapie von Georg R. und hätten seit Beginn des Jahres regelmäßig stattgefunden, „stets ohne Vorkommnisse und Beanstandungen“. Laut Staatsanwaltschaft wurde zuletzt am 4. Juli dieses Jahres durch die zuständige Strafvollstreckungskammer die weitere Unterbringung des Mannes angeordnet. 

Welche Konsequenzen drohen bei der Festnahme?

Sobald der 34-Jährige gefasst wird, muss er laut Staatsanwaltschaft damit rechnen, dass alle Lockerungsstufen zurückgenommen werden. Im folgenden therapeutischen Aufarbeitungsprozess werde eine neue Risikobewertung vorgenommen, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mit. Er fügte hinzu, dass der Missbrauch des gewährten Klinikausgangs als solcher nicht strafbar sei. Es gelte aber zu prüfen, ob es im Rahmen der Flucht zu Straftaten gekommen sei.

Amoklauf an Schule in Ansbach 2009

Der Mann hatte im September 2009 bei einem Amoklauf in einer Schule in Ansbach neun Mitschüler und einen Lehrer verletzt. Der damals 18-Jährige war mit einem Beil, Messern und Molotow-Cocktails bewaffnet in die Schule gekommen. 2010 war er wegen versuchten Mordes in 47 Fällen zu neun Jahren Jugendhaft verurteilt worden. Eine Jugendkammer hatte zudem die unbefristete Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet.

Mit Agenturmaterial