Arbeitskräfte für Spargelernte schwer zu finden

dpa Frankfurt/Main. Spargel ist als Delikatesse begehrt. Doch das mühevolle Stechen in Handarbeit möchte kaum jemand machen. Bei der Suche nach Erntehelfern sollen nun Kooperationen mit dem Ausland helfen.

Arbeitskräfte für Spargelernte schwer zu finden

Polnische Helfer ernten auf einem Feld den ersten Spargel der Saison. Foto: Jens Büttner/Illustration

Die deutschen Spargelbauern haben Probleme, genug Erntehelfer zu finden. Für das mühsame Stechen per Hand lassen sich kaum noch Arbeitskräfte auftreiben.

Denn Saisonkräfte, die oft aus Osteuropa kommen, finden inzwischen auch in ihrer Heimat genug Jobs. Zudem klagen die Bauern nach dem frühen Start der Spargelsaison im milden Frühjahr über kühles Wetter: Der Mai brachte Rückschläge.

„Die Lage ist dieses Jahr denkbar schlecht“, sagt Miriam Adel vom Spargel-Erzeugerverband Franken. In Bayern habe man viele Erntehelfer erst kurz vor Saisonbeginn gefunden. „In den letzten fünf Jahren wurde es immer schwieriger, Erntehelfer zu bekommen“, sagte Adel. Vor allem die Zahl der Arbeiter aus Polen sei stark gefallen. „Bis vor zehn Jahren waren fast ausschließlich Polen im bayerischen Spargelanbau beschäftigt. Heute sind sie fast eine Seltenheit.“

Hans Lehar, Geschäftsführer der Bruchsaler Obst- und Gemüse-Absatzgenossenschaft Nordbaden (OGA), macht ähnliche Erfahrungen. Aus Osteuropa kämen weniger Helfer, weil viele Arbeit in ihrer Heimat hätten. Er kenne Unternehmen, bei denen zugesagte Erntehelfer nicht erschienen seien. Künftig werde man verstärkt in Ländern außerhalb der EU suchen müssen. „Landwirtschaft und Politik werden nicht umhin kommen, da Wege zu finden.“

Ein Problem sei auch der Mindestlohn, meint Lehar. Die Lohnkostensteigerungen seien bei den Erlösen nicht zu kompensieren. „Wir bekommen nicht 40 oder 50 Prozent höhere Preise am Markt.“ Das gehe zu Lasten der Betriebe. Bei Konkurrenten in Portugal oder Spanien sei der Mindestlohn deutlich niedriger.

Die Anbaufläche in Deutschland könnte in den kommenden Jahren wegen des Mindestlohns und des Mangels an Erntehelfern deutlich schrumpfen, glaubt Lehar. „Ich rechne damit, dass etwa ein Drittel der Fläche abgebaut wird.“ Auch der Landesbauernverband Baden-Württemberg und der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer hatten davor gewarnt, Anbauflächen könnten verschwinden.

Das bayerische Landwirtschaftsministerium kennt die Sorgen der Bauern bei der Suche nach Erntehelfern. Osteuropäer könnten aus einem großen Arbeitsangebot wählen. „Gesucht sind Tätigkeiten mit besserer Bezahlung, körperlich leichtere Arbeiten oder Branchen, die ganzjährig Arbeit bieten.“ Viele Herkunftsländer bieten immer mehr eigene Arbeitsplätze, in Rumänien etwa die Autozulieferindustrie.

Die Bundesagentur für Arbeit steht im Kontakt mit anderen Ländern, um mehr Saisonarbeitskräfte zu gewinnen. „Anfang 2019 haben erste konkrete bilaterale Gespräche mit den ausländischen Arbeitsverwaltungen für entsprechende Vereinbarungen begonnen“, sagt eine Sprecherin. Dafür müssten aber viele Fragen geklärt werden. Das brauche Zeit.

Was das Wetter betrifft, hatten die Spargel-Bauern indes einen guten Start in die Saison. Dank milder Temperaturen konnten einzelne Betriebe in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinhessen und der Pfalz schon Mitte Februar mit der Ernte beginnen. Sie beheizten ihre Felder künstlich.

„Wir sind selten so früh gestartet, und auch das Ostergeschäft war sehr gut“, sagt etwa Rolf Meinhardt, Vorsitzender des Arbeitskreises Spargel Südhessen. Das milde Wetter im April habe den Bauern in der Rhein-Main- und Rhein-Neckar-Region zunächst optimale Bedingungen beschert. Doch nun hätten die niedrigen Temperaturen im Mai das Spargel-Wachstum gebremst. „Bei einer perfekten Bodentemperatur um die 19 Grad kann der Spargel mehr als sechs Zentimeter innerhalb von 24 Stunden wachsen. Durch die frostigen Temperaturen in der Nacht kommt man derzeit nicht über ein bis zwei Zentimeter hinaus.“

Auch Sachsen-Anhalts Spargelbauern blicken mit gemischten Gefühlen auf die Saison. Auf den Feldern der Agrargenossenschaft Hohenseeden/Parchen nahe Magdeburg holten Mitarbeiter in der ersten Hälfte der Spargelsaison rund 200 Tonnen aus dem Boden - 100 Tonnen weniger als üblich. Geschäftsführer Patrick Wolter erwartet, dass die Menge bis Saisonschluss Ende Juni deutlich unter Vorjahr bleibt.

2018 wurden laut Statistischen Bundesamt 129 600 Tonnen Spargel in Deutschland geerntet - am meisten in Niedersaschen, Brandenburg, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Im Schnitt verzehrte jeder Bundesbürger 1,42 Kilogramm von dem Gemüse, das besonders gut auf sandigen, leichten Böden gedeiht und viel Sonne braucht.

Spargel kostete in der vergangenen Woche im Schnitt gut sieben Euro je Kilo, berichtet Michael Koch von der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) in Bonn. Die Spanne reiche von Sonderangeboten für knapp fünf Euro bis zu zehn Euro.