Überraschung: Der verstorbene italienische Modeschöpfer Giorgio Armani hat den schrittweisen seines Unternehmens verfügt.
Die Armani-Filiale auf der Königsallee in Düsseldorf ist schon geschlossen.
Von Gerhard Bläske
Die Zeit der Spekulationen, wie es nach dem Tod von Giorgio Armani mit seinem Unternehmen weitergeht, ist vorbei: Völlig überraschend verfügte Armani den schrittweisen Verkauf oder einen Börsengang. Das ergab die Testamentseröffnung.
Der Maestro, der das Unternehmen bis zuletzt kontrollierte, bestimmte, dass spätestens 18 Monate nach seinem Tod 15 Prozent verkauft werden sollen. Drei bis fünf Jahre nach seinem Ableben sollen weitere 30 bis 54,9 Prozent an denselben Käufer gehen. Vorrang unter den Käufern sollen der französische Luxusgüterkonzern LVMH, der Kosmetikriese L`Oréal, der Brillenkonzern EssilorLuxottica oder andere Unternehmen erhalten, mit denen Armani zusammenarbeitet.
Armani hatte Zeit seines Lebens auf seine Unabhängigkeit gepocht
Das ist überraschend. Denn Armani hatte Zeit seines Lebens auf seine Unabhängigkeit gepocht. Und das Unternehmen, dessen Umsatz 2024 gegenüber dem Vorjahr um etwa 100 Millionen Euro auf 2,3 Milliarden Euro zurückgegangen ist, verfügt über eine komfortable Liquidität von zwei Milliarden Euro und ist damit gut aufgestellt. Das gilt auch angesichts eines deutlichen Rückgangs des Nettogewinns auf 51 Millionen Euro, nach 163 Millionen Euro im Jahr 2023. Darin sind aber Lizenzeinnahmen etwa aus dem Brillen- und Parfüm-Geschäft nicht enthalten. Armani hat in den letzten Jahren zudem in die Sektoren Restaurants, Luxushotels, Möbel, Blumenläden und vieles mehr expandiert.
Auf die Herausforderungen eines Luxusmarktes, der sich aufgrund von Wirtschaftskrise, Handelszöllen, Kriegen und eines veränderten Verbraucherverhaltens in der Krise befindet, hatte Armani mit einer Verdoppelung der Investitionen auf 332 Millionen Euro reagiert. Dass der Stil des Hauses, das für zeitlose Eleganz, weiche und fließende Linien und Modernität steht, erhalten bleibt, dafür hat Armani selbst gesorgt. An den Schlüsselstellen sitzen langjährige Vertraute und Mitarbeiter. Da sind vor allem Leo Dell`Orco, Lebensgefährte und Berater, diverse andere Manager, aber auch seine Schwester Rosanna, zwei Nichten und ein Neffe. Letztere sitzen, zusammen mit Dell`Orco, auch im Verwaltungsrat.
Armani selbst führte einen strengen und sehr disziplinierten Lebensstil
Mit der Einführung diverser Aktienkategorien mit verschiedenen Stimmrechten schuf er bereits 2023 die theoretische Möglichkeit auch für den Einstieg von externen Investoren. Armani verfasste zwei handgeschriebene Testamente. Darin legte er fest, dass zunächst die Armani-Stiftung 30 Prozent der Stimmrechte im Unternehmen hat. Dell`Orco erhält 40 Prozent der Stimmrechte, den Rest bekommen die Nichte Silvana Armani und der Neffe Andrea Camerana. Der Anteil von zwei Prozent an EssilorLuxottica, derzeit 2,5 Milliarden Euro wert, wird zwischen Dell`Orco und der Familie aufgeteilt. Das umfangreiche Immobilienvermögen erhält überwiegend die Familie.
Armani selbst führte einen strengen und sehr disziplinierten Lebensstil, etwa im Hinblick auf seine Ernährung und Arbeit. Allerdings gönnte er sich eine Vielzahl von Wohnsitzen, neben Mailand vor allem auf der Insel Pantelleria und im toskanischen Forte dei Marmi, in Sankt-Moritz, Paris, New York und in Antigua. Gern kreuzte er auch in seiner schwarzen Jacht im Mittelmeer.
Persönliches Vermögen von zwölf Milliarden Euro
Sein persönliches Vermögen schätzt Forbes auf zwölf Milliarden Euro. Doch das ist schwer nachprüfbar, denn das Unternehmen ist nicht sehr transparent. Der Marktwert des Unternehmens, das bis dato zu 99,9 Prozent von der Giorgio Armani SpA und zu 0,1 Prozent von Armanis Stiftung kontrolliert wird, schätzt man auf 13 Milliarden Euro.
Armani war ein Kontrollfreak, der bis in seine letzten Tage jedes Detail selbst prüfte. Insofern ändert sich sicher einiges. Die „Italianità“ lag dem Mann, der etwa die Trikots der Fußballnationalmannschaft und der italienischen Mannschaft für die Olympischen Winterspiele 2026 gestaltete, stets besonders am Herzen. Er verfügte, dass der Firmensitz in Italien bleiben muss. Mit dem von dem japanischen Architekten Tadao Ando gestalteten Museum Armani Silos im Mailänder Kreativviertel um die Porta Genova, in dem seine Kollektionen ausgestellt werden, schuf er sich schon zu Lebzeiten ein Monument.
Auf Kritik, dass Teile der Arbeiten von chinesischen Subunternehmern in Italien ausgeführt wurden, deren Mitarbeiter zu Hungerlöhnen schuften, reagierte Armani selbst und bemühte sich, die Missstände abzuschaffen. Ob Armani dereinst Teil eines Konglomerats etwa der von der früheren Fiat-Eignerfamilie Elkann/Agnelli kontrollierten Holding Exor, zu der Ferrari gehört, wird oder etwa mit der französischen Hermès zusammengeht, bleibt einstweilen offen. Armani selbst kontrolliert einige Zulieferer und legt Wert darauf, ausschließlich in Italien, zwischen Turin und Venedig, zu produzieren.
Eine Legende
SelfmademanGiorgio Armani war bis zuletzt Kreativdirektor, CEO und Chairman des von ihm gegründeten Unternehmens. Nach einem abgebrochenen Medizinstudium hatte er einst als Schaufensterdekorateur im Mailänder Kaufhaus La Rinascente begonnen. Sein Handwerk gelernt hat er bei Nino Cerrutti.
Karriere. Sein Handwerk gelernt hat er bei Nino Cerrutti. 1985 machte er sich selbständig. In Italien ist er seit langer Zeit eine Legende. Er gilt als Symbol des Made in Italy und der italienischen Lebensart. bl