Armeleuteessen ist ein Publikumsrenner

Langos auf dem Straßenfest – das ist mehr als eine leckere Stärkung fürs Partyvolk. Die Teigfladen waren einst so beliebt, dass sich Schlangen bildeten. Sogar das ungarndeutsche Heimatmuseum in Backnang konnte dadurch mitfinanziert werden.

Armeleuteessen ist ein Publikumsrenner

Klaus Loderer in der Küche des ungarndeutschen Heimatmuseum, welche durch den Langosverkauf mitfinanziert wurde. Foto: A. Becher

Von Carmen Warstat

BACKNANG. Die öldurchtränkte Speise, knusprig und süß oder herzhaft gewürzt, wurde zwischen 1973 und 1991 hunderttausendfach auf dem Backnanger Straßenfest verkauft. Ein Langos auf die Hand, würde so mancher Backnanger behaupten, geht immer. Dazu lohnt sich ein Blick in die Geschichte der ungarndeutschen Einrichtung und des Backnanger Stadtfests.

Das Museum war 1977 als Provisorium in der Karlstraße eingerichtet worden, wo sich zuvor die Räume der Freikirchlichen Gemeinde befunden hatten. Damit ging ein sehnlicher Wunsch der ungarndeutschen Bürger in Backnang in Erfüllung, die bereits über Jahre fleißig Trachten, Bilder, Möbelstücke, Dokumente und allerlei Gebrauchsgegenstände aus der früheren Heimat gesammelt hatten. So wurde es denn auch bald zu eng in der Karlstraße und man bemühte sich bei der Stadt um die Überlassung der vormaligen Layher’schen Mühle, die leer stand und gute Voraussetzungen für die Einrichtung eines neuen Museums bot.

1981 erfolgte die Zustimmung des Gemeinderats und die Stadt vermietete das Gebäude in der Talstraße 1 kostenfrei an den Kreisverband des Ungarndeutschen Sozial- und Kulturwerks. Der Um- und Ausbau wurde durch Vereinskapital sowie durch Spenden und Zuschüsse unter anderem des Bundes, vom Land Baden-Württemberg und der Stadt Backnang finanziert. Außerdem wurden ehrenamtliche Helfer gewonnen, die Berufe des Bauhandwerks ausübten und viele Gewerke in Eigenarbeit ausführten – Ehrensache für die fleißigen Mitglieder des Kreisverbands. 70 Mitarbeiter leisteten so insgesamt über 5000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit.

In 18 Jahren wurden mehr als 400000 Teigfladen verkauft.

Nicht zuletzt war es der Pusztastand beim jährlichen Backnanger Straßenfest, der den Eigenanteil des Vereins aus seinen Erträgen finanzierte. Legendär und heiß begehrt: die köstlichen Langos. In 18 Jahren wurden mehr als 400000 Stück unters Partyvolk gebracht.

Derweil kam zu den Beständen aus dem alten Museum bald eine Reihe von Sachspenden von Privatleuten und Neuerwerbungen hinzu. Auch in der damaligen Volksrepublik Ungarn wurden wertvolle Exponate erworben. Mit Genehmigung des Budapester Kunstgewerbemuseums machte sich ein Lastwagen voller Gegenstände aus Bácsalmás, darunter eine Stubeneinrichtung der Jahrhundertwende, auf den Weg nach Backnang.

Die Ausstattung des neuen Hauses schritt also zügig voran, im September 1984 konnte es eingeweiht werden. Mit rund 300 Quadratmetern Ausstellungsfläche ist es bundesweit das größte der ungarndeutschen Heimatmuseen überhaupt geworden. Sehr anschaulich werden auf mehreren Stockwerken Geschichte und Kultur in der alten Heimat dargestellt. Bewusst hat man Originaltreue in den Vordergrund gestellt, anstatt ein mit moderner Technik bestücktes sogenanntes Schaufenstermuseum zu schaffen. Der große Idealismus der Begründer dieser historischen Stätte wirkt nach: Klaus J. Loderer, der Vorsitzende des Ungarndeutschen Sozial- und Kulturwerks sowie des Paten- und Partnerschaftskomitees Báscalmás/Backnang, ist passionierter Bauhistoriker und spricht mit Leidenschaft und Sachkenntnis über die Geschichte der Ungarndeutschen und ihr Leben in der alten Heimat.

Seine Liebe auch zum Detail wird deutlich, wenn er durch das Museum führt. Historiker verschiedener Epochen rühmen die Leistungen der Deutschen in Ungarn und beschreiben sie als „fleißig und gottesfürchtig, höflich und freundlich, mustergültig ordentlich, strebsam und gewissenhaft“. Mit den Madjaren teilten diese Menschen ihre Gastfreundschaft, die auch Museumsleiter Loderer offensichtlich verinnerlicht hat: Zum Gespräch, das beim Stichwort Straßenfest beginnt und endet, hat der Sohn eines Ungarndeutschen – sehr passend – Donauwelle, Tee und Kaffee mitgebracht. Jenes andere Gebäck, die Langos, seien früher ein Produkt der Armeleute- oder Resteküche gewesen. Aus Resten des Brotteigs, den die Frauen oft mehrmals täglich zum Bäcker brachten, frittierten sie die heute so populären Fladen.

Armeleuteessen ist ein Publikumsrenner

Ob süß oder herzhaft belegt: Langos ist ein Muss auf dem Straßenfest. Foto: Adobe Stock/pfeifferv

Rezept für ungarische Langos

Für 6 Teigfladen plus Topping braucht man:

•400 g Mehl

•280 ml Milch

•15 g frische Hefe

•2 EL Öl

•½ EL Zucker

•½ TL Salz

•2 Knoblauchzehen

•300 g geriebener Käse

•200 g saure Sahne

•200 g Schmand

Zubereitung der Fladen:

Mehl in eine Schüssel geben und in die Mitte eine Mulde drücken. Hefe hineinbröseln. Eine Prise Zucker daraufgeben und 30 ml lauwarme Milch darübergießen. Das Ganze etwa 10 bis 15 Minuten gehen lassen. Nun in die Schüssel mit dem Mehl das Salz, Öl und den restlichen Zucker geben. Die restliche Milch nach und nach hinzugießen und vom Rand aus mit den Händen alles gut durchkneten. Den Teig jetzt für mindestens 30 Minuten gehen lassen. Am besten funktioniert das in einem auf 30 Grad vorgeheizten Ofen. Im letzten Schritt formt man zirka zwei Zentimeter dicke, gleich große Fladen, die von beiden Seiten gebraten oder frittiert werden. Je mehr Öl verwendet wird und je tiefer der Fladen in Öl getunkt ist, desto besser wird er frittiert. 2 bis 3 Minuten, bis er goldbraun ist, herausnehmen und abtropfen lassen.

Das Topping:

Zuerst Schmand und saure Sahne vermischen, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Knoblauchzehen schälen und durch eine Knoblauchpresse drücken. Den Knoblauch zum Schmandmix geben und gründlich verrühren. Zum Schluss bestreicht man die frisch gebackenen Langos mit dem Knoblauchschmand und verteilt den geriebenen Käse darüber. Alternativ gibt es unzählige Varianten anderer Toppings, auch die süßen sind sehr beliebt.