Auch Schwerbehinderte profitieren vom guten Arbeitsmarkt

dpa Bonn. Der Boom am deutschen Arbeitsmarkt hat auch Schwerbehinderten bei der Jobsuche geholfen. Doch sie brauchen länger als andere Menschen, um eine Stelle zu finden. Und die Gefahr, in die Langzeitarbeitslosigkeit abzurutschen, ist ebenfalls größer.

Auch Schwerbehinderte profitieren vom guten Arbeitsmarkt

An einem Arbeitsplatz für Motorklemmen ist ein Mitarbeiter im Rollstuhl mit Montagearbeiten beschäftigt. Foto: Hendrik Schmidt/zb/dpa

Auch Schwerbehinderte profitieren von der seit Jahren sinkenden Arbeitslosigkeit in Deutschland. Doch haben sie immer noch viel größere Probleme eine Stelle zu finden als Menschen ohne Behinderung.

Das geht aus dem Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institute (HRI) hervor.

Danach sank die Arbeitslosenquote der Schwerbehinderten im vergangenen Jahr von 11,7 Prozent auf 11,2 Prozent. Sie war damit aber immer noch mehr als doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote in Deutschland.

Konkret sank die Zahl der jobsuchenden Schwerbehinderten von gut 162,000 im Jahr 2017 auf weniger als 157,000 im Jahr 2018. Begonnen hatte die positive Entwicklung schon 2013. Die Gründe dafür sieht HRI-Präsident Bert Rürup in der noch immer stabilen Konjunktur, aber auch im zunehmenden Renteneintritt von Menschen mit Behinderung.

Dennoch bleibt die Situation auf Arbeitsmarkt für Schwerbehinderte der Studie zufolge schwierig. „Vergleicht man die Situation von Erwerbspersonen mit und ohne Behinderung, offenbart sich noch immer eine große Kluft“, sagte Rürup.

Schwerbehinderte Arbeitslose benötigen demnach durchschnittlich 359 Tage, bis sie eine Anstellung gefunden haben - 100 Tage länger als Nichtbehinderte. Auch der Anteil der Langzeitarbeitslosen ist bei ihnen mit 43,4 Prozent deutlich höher als bei Arbeitslosen ohne Behinderung (34,8 Prozent).

Zwar gibt es für private und öffentliche Arbeitgeber mit mehr als 20 Mitarbeitern die Pflicht, mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten zu besetzen. Vor allem private Unternehmen tun sich jedoch nach wie vor schwer damit und zahlen oft lieber eine monatliche Ausgleichsabgabe.

Die Beschäftigungsquote bei Schwerbehinderten sei nach der letzten Erhebung im Jahr 2017 zuletzt sogar gesunken - auf nur noch 4,63 Prozent (Vorjahr: 4,67 Prozent), heißt es in der Studie. Konkret bedeute dies, dass rund 45.000 der vorgesehenen Stellen nicht mit Schwerbehinderten besetzt worden seien.

Während öffentliche Arbeitgeber die Mindestquote mit 6,5 Prozent deutlich übertrafen, kamen private Unternehmen laut Aktion Mensch lediglich auf einen Schwerbehindertenanteil unter den Beschäftigten von 4,1 Prozent.

„Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen zahlen lieber eine Ausgleichsabgabe, als einen Menschen mit Behinderung einzustellen“, klagte Christina Marx von der Aktion Mensch. Die Unternehmen fürchteten einen hohen finanziellen Aufwand und meinten, Menschen mit Behinderung seien weniger leistungsfähig und noch dazu nicht kündbar. Dabei gebe es viele Beispiele, die diese Vorbehalte gegen Schwerbehinderte widerlegten.

Der Sozialverband VdK Deutschland forderte angesichts dieser Zahlen eine deutliche Anhebung der Ausgleichsabgabe für Arbeitgeber, die der Beschäftigungspflicht nicht oder nur unzureichend nachkommen. Werden bislang pro nicht besetztem Pflichtplatz maximal 320 Euro im Monat fällig, so sollten es künftig nach Meinung des Verbandes 750 Euro sein.

Dass die aktuelle Eintrübung auf dem Arbeitsmarkt einen Rückschlag für die Schwerbehinderten bringen wird, glaubt HRI-Präsident Rürup nicht. Auch deshalb, weil sich der Arbeitsmarkt ein Stück weit von der Konjunktur entkoppelt habe. Da geburtenstarke Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausschieden und geburtenschwache Jahrgänge nachrückten, werde die Nachfrage nach Arbeitskräften groß bleiben. Davon würden auch Menschen mit Behinderung profitieren.