Auenwald: 15 Monate Haftstrafe wegen Missbrauchs der Tochter

Landgericht setzt Freiheitsstrafe für 60-Jährigen auf drei Jahre zur Bewährung aus. Verurteilter muss in forensische Beratung für Sexualstraftäter.

Auenwald: 15 Monate Haftstrafe wegen Missbrauchs der Tochter

15 Monate Haftstrafe auf Bewährung für den 60-Jährigen. Symbolfoto: Alexander Becher

Von Heike Rommel

Auenwald/Stuttgart. Das Stuttgarter Landgericht hat das Urteil über den 60-jährigen Vater gesprochen, der seine Tochter im Kindergartenalter schwer sexuell missbraucht hat (wir berichteten): ein Jahr und drei Monate Haft auf drei Jahre zur Bewährung, 15000 Euro Schmerzensgeld an die Tochter und die Pflicht zur Teilnahme an einer forensischen Beratung für Sexualstraftäter. Die pünktlichen Ratenzahlungen des Schmerzensgelds und die Beratungsgespräche überprüft ein Bewährungshelfer, dem der 60-Jährige kraft Urteils unterstellt wurde. „Das Schmerzensgeld ist kein bloßes Freikaufen“, sagte der Vorsitzende Richter der zweiten Strafkammer, Matthias Merz, im Zuge der Urteilsbegründung. Die Kammer hätte der Tochter auch ohne Geständnis des Vaters geglaubt. Persönlich hätten die Richter nicht viel vom Vater gehört, sondern lediglich von dessen Verteidiger Jens Rabe.

Es liege jedoch auch kein rein taktisches Geständnis vor, dass der 60-Jährige seiner heute 20 Jahre alten Tochter im Kindergartenalter Mittagsschlaf im Ehebett mit Eindringen eines Fingers in den Körper verordnet habe. Damit sei der Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs in Tateinheit mit Missbrauch von Schutzbefohlenen im Sinne der Anklage erfüllt.

Viele Alarmglocken aus dem Umfeld des Vaters

Für die Richter war es schon auffällig, dass aus dem Umfeld des Vaters so viele Alarmglocken schrillten und so viele Leute zur Polizei gingen, als das ganze Geschehen in der Tochter wieder hochkam. Der Vater wurde aus einem Verein ausgeschlossen und auch aus einer Glaubensgemeinde kamen Hinweise, dass mit diesem Mann etwas nicht stimme. Es war aufgefallen, dass er die Nähe zu Kindern sucht und diese auch mit nach Hause nimmt. Bei einem von drei Mädchen, die der Kripo Waiblingen genannt wurden, ging die damals noch im gemeinsamen Haus lebende Ex-Frau absichtlich einmal überraschend ins Schlafzimmer und erwischte den Mann mit einem fremden Kind im Ehebett.

Das Geständnis des Mannes wertete das Gericht hoch, weil der Tochter eine Zeugenaussage erspart blieb und eine Videovernehmung ausreichte. Die Tochter, so Richter Merz, wisse nun, dass ihr das Gericht glaubt und dass ihr Vater zu seinen Taten steht. „Sie hat sich drei Jahre lang Befragungen aussetzen müssen“, blickte Marko Becker, der die Tochter als Nebenklägerin vertrat, auf die Dauer des Verfahrens, in welchem bei der Kripo die Alarmglocken schrillten, als das Opfer davon sprach, das Eindringen in den Körper sei damit angekündigt worden, eine Maus müsse darin tapezieren. Aus der Sicht des Nebenklagevertreters kam das Geständnis des Vaters erst, als die Luft für diesen in Sachen bewährungsfähige Strafe dünn wurde.

Vertrauensverhältnis zuerstört

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hatte sich in diesem Fall eine Strafe von einem Jahr und neun Monaten zur Bewährung vorgestellt, wenngleich der Mann auch zum ersten Mal vor Gericht stehe und die Taten sehr lange zurücklägen. Der Vater habe das Vertrauensverhältnis zu seiner Tochter ausgenutzt und zerstört.

Ein Auszug aus der Vernehmung der Tochter bei der Waiblinger Kriminalpolizei: „Die erste Person, der ich das erzählt habe, war jemand von der Polizei Waiblingen.“ Sie habe gewusst, gab die damals 17-Jährige an, was ihr mit ihrem Vater passiert sei. Aber sie habe nicht gewusst, wie sie damit umgehen soll. Als sie in eine Schule gekommen und nicht mehr vom Vater abgeholt worden sei, habe dieser Eltern, auch alleinerziehenden Müttern, angeboten, auf ihre Kinder aufzupassen, und Kinder mit nach Hause genommen. Als die anderen Kinder ihren Vater auch komisch gefunden hätten, so die Tochter in der Vernehmung, habe sie einfach gesagt, dieser sei ihr Onkel, der sich für ihre Familie um den Garten kümmert.