Auf dem Schlepper beginnt der Austausch

Ob Schleppertage, Osterweg oder Diskussionsabende: Die Jugendarbeit in der Kirchengemeinde Sulzbach-Spiegelberg lebt von Experimenten. Jugendreferentin Caroline Maurer will zwischen den beiden Orten und den Generationen Begegnung ermöglichen.

Auf dem Schlepper beginnt der Austausch

Sich wieder einmal wie ein Kind fühlen: Die erste Station des Osterwegs, ein überdimensionaler Stuhl, lud die Menschen ein, Gott zu vertrauen und aus ungewohnter Perspektive auf Spiegelberg zu schauen. Weitere Stationen animierten zum Suchen, Hoffen oder Loslassen. Foto: privat

Von Nicola Scharpf

SPIEGELBERG/SULZBACH AN DER MURR. „Es ist schön zu sehen, was da entsteht. Es beginnt im Kleinen“, sagt Caroline Maurer über das, was sie zwischen den Jugendlichen aus Spiegelberg und Sulzbach an der Murr beobachtet. Die 27-Jährige ist seit vier Jahren Jugendreferentin in der evangelischen Kirchengemeinde und hat bereits vor der Fusion der beiden christlichen Gemeinden 2019 die Begegnung und den Austausch zwischen den Jugendlichen beider Orte im Blick gehabt. Es gab Jungschar XXL, bei der sich alle Jungschargruppen beider Orte mit ihren Betreuern einmal pro Monat gemeinsam getroffen haben. „Der Gedanke der Fusion war schon da. Kinder und Mitarbeiter sollten ein gemeinsames Projekt haben wegen der Vernetzung und des Wirgefühls.“ Darüber hinaus gab und gibt es gemeinsamen Konfirmandenunterricht oder den vier- bis fünfmal im Jahr angebotenen Jugendgottesdienst, mal im einen, mal im anderen Ort.

Seit der Fusion, und auch unter dem besonderen Einschnitt der Coronapandemie, ist viel Neues entstanden. „Der Grundgedanke, der die Angebote durchzieht, ist, dass Begegnung zwischen Sulzbach und Spiegelberg stattfindet“, erklärt Maurer. In Spiegelberg beispielsweise ist aus dem ehemaligen Jungscharkreis heraus die Mädchengruppe „Lazy Crazys“ mit einem guten Kern von sechs Mädchen entstanden. In Sulzbach dagegen ist eine hinsichtlich Größe und Alter ähnlich strukturierte Gruppe an Jungs aus der Jungschar „Klappspaten“ hervorgegangen. Also trifft man sich, je nach Pandemielage in Präsenz, zum Beispiel auch schon mal zum Picknick in Jux, oder digital. „Two Go“ nennt sich die neue orts- und geschlechtsübergreifende Gruppe.

Für Caroline Maurer ist das Tolle und Spannende an der Jugendarbeit die Fragestellung: „Welche Wünsche haben die Jugendlichen? Was brauchen die Kinder? Welchen Rahmen können wir ihnen geben? Was brauchen wir jetzt während der Pandemie?“ Zu Beginn der Pandemie hat es Jungschar per Post gegeben. Ein „ermutigendes Angebot“, so Maurer, sei der in diesem Jahr entstandene Osterweg gewesen – ein Experiment zwischen Spiegelberg und Sulzbach mit verschiedenen Stationen. „Das war gut für die Zeit, für Familien.“ Von Gründonnerstag bis zum Ende der Osterferien konnte man sich auf den Osterweg begeben und sich an zehn Stationen damit beschäftigen, welche Zusagen in der Ostergeschichte enthalten sind und dass sie heute noch für jeden Einzelnen gelten. Start war an der Kirche in Spiegelberg, über die Grundschule ging es weiter über die Lerchenstraße, hinein ins Happenbachtal bis nach Siebersbach und Lautern, von dort über die Margarethenstraße in Sulzbach hinunter ins Fischbachtal bis zum Ende am evangelischen Gemeindehaus in Sulzbach. 200 bis 300 Menschen sind den Osterweg gegangen. Die Rückmeldungen waren positiv. Konzipiert und umgesetzt hat den Spaziergang ein gemischtes, erst im September entstandenes Team aus Spiegelbergern und Sulzbachern, das eigentlich das Projekt Kinderkirche auf die Beine stellen wollte – und coronabedingt auf das pandemiekompatible Angebot des Osterwegs für Familien umschwenkte. Ein gelungenes Experiment. „Man kann verzweifeln“, sagt Maurer. „Oder aber die Chance sehen, was noch alles möglich ist. Ich bin froh über die Kirchengemeinde. Sie ist mutig, neue Wege zu gehen. Gute Traditionen sind wichtig, aber andere Zeiten brauchen vielleicht auch andere Formen.“

Ein weiteres Experiment sind die Schleppertage, die im vergangenen Jahr in den Sommerferien stattgefunden haben und dieses Jahr vom 2. bis 8. August in die nächste Runde gehen. Dabei verbringen die Kinder im Alter von der 1. bis zur 6. Klasse zusammen mit Mitarbeitern Nachmittage an verschiedenen Orten im jeweiligen Gemeindegebiet, um zu basteln, zu spielen, eine biblische Geschichte zu hören. Am Ende steht ein Schleppergottesdienst im Freien mit Picknick. Den Schlepper mit Anhänger stellt eine Mitarbeiterin. „Es ging um die Jünger Jesu, weil sie seine Anhänger waren“, sagt Maurer auf die ersten Schleppertage rückblickend. „Es war alles sehr spontan und viel Organisation. Aber das macht auch Spaß. Das Schöne war, dass jeder Tag anders war durch das Wetter, die Mitarbeiter und die teilnehmenden Kinder.“

Das Experiment, das derzeit am Laufen ist, nennt sich „Steps“. „Seit eineinhalb Jahren arbeiten wir an dem Konzept. Ursprünglich wollten wir mit Jugendlichen an Abenden gemeinsam diskutieren, sodass wir mündig glauben lernen“, erklärt Maurer. Zu Beginn des Jahres beschlossen die Organisatoren, dass die zehn Abende nicht nur für Jugendliche sein sollen. Menschen allen Alters mit einem Internetanschluss sollen bei den seit Mitte April digital stattfindenden Abenden dabei sein können. Es gibt einen Impuls, zum Beispiel zum Thema „Warum Bibellesen?“. Danach diskutiert man in Kleingruppen und lässt den Abend langsam ausklingen. „So sind wir gerade 42 Menschen, die sich wöchentlich digital treffen, zwischen 15 und 75 Jahren. So gibt es einen Austausch nicht nur zwischen Sulzbacher und Spiegelberger Jugendlichen, sondern auch zwischen den Generationen, damit wir voneinander und miteinander lernen.“

Für Caroline Maurer beginnt im September etwas Neues: Sie tritt in Eppingen eine neu geschaffene Stelle als Kinderreferentin an, bei der sie sich für Kirchengemeinden im Allgemeinen mit der Frage beschäftigt, wie es mit Kindern und Jugendlichen nach Corona weitergeht, was Familien brauchen, wie Vernetzung passiert. Die Erfahrungen, die sie mit den praktischen Experimenten in Sulzbach und Spiegelberg gemacht hat, bekommen dadurch Mehrwert.

Auf dem Schlepper beginnt der Austausch

„Gute Traditionen sind

wichtig, aber andere Zeiten brauchen auch andere

Formen.“

Caroline Maurer,

Jugendreferentin