Auf dem Sprung

Der Bikepark in Großerlach steht kurz vor der Eröffnung. Die fünf verschiedenen Bahnen bieten Anfängern wie Profis eine Alternative zum illegalen Mountainbiken im Wald.

Auf dem Sprung

Bikepark als neue Attraktion in Großerlach.

Von Kristin Doberer

GROSSERLACH. Die Latten vibrieren leicht unter den breiten Rädern der beiden Mountainbikes, ganz am Rand brettern Sven Herrmann und Marlon Wolf die Holzwand entlang. Für einen kurzen Moment sind die Fahrer fast parallel zum Waldboden, dann sind sie schon wieder runter von der Holzwand, raus aus dem kleinen Wald und weiter zur nächsten Herausforderung auf der Downhillstrecke. Geht es zum Drop, zum Steilhang, zu den Jumplines oder doch zum etwas entspannteren Flowtrail? Diese Fachbegriffe sagen vielen sonntäglichen Radfahrern vermutlich wenig, für Mountainbiker und Downhillfahrer ist die Sache aber klar: Herrmann und Wolf wählen zwischen den verschiedenen Streckenarten. Die Community für Mountainbiker wächst immer weiter. Vor allem seit Corona haben viele den Radsport für sich entdeckt.

Kein Wunder also, dass in Großerlach seit einigen Monaten mit Hochdruck an dem Bikepark im Freizeitzentrum gearbeitet wird, mittlerweile steht er kurz vor der Fertigstellung. Auf bisher fünf Strecken können Mountainbiker den Berg runterfahren, mal mit mehreren Hügeln hintereinander, mit kleinen und großen Schanzen oder auch über Wurzeln und Steine im Waldabschnitt. „Wir bieten die Alternative zum illegalen Fahren im Wald“, sagt Sven Herrmann, einer der Ehrenamtlichen, die an dem Bikepark bauen. An dem Park selbst wird schon seit einigen Jahren gearbeitet, doch erst im Januar hat das aktuelle Team von etwa sechs Personen übernommen. „Jetzt ist so richtig Zug dahinter“, sagt Herrmann. „Das ist einfach eine Herzensangelegenheit von uns.“ Seit März sind täglich mindestens zwei Ehrenamtliche im Bikepark, durch Corona hatten sie viel Zeit, um an den Strecken zu arbeiten. Rund 1500 Kubikmeter Erde haben sie bisher verbaut, mit ausgeliehenen Baggern und vor allem viel Handarbeit wurden die Wege freigeräumt und Erdhügel festgeklopft. Die Gruppe hat viel Arbeit in den Bikepark gesteckt, einen Großtrail sieht man nicht auf den ersten Blick: „Wenn der Untergrund nicht passt und der Boden zum Beispiel zu viel Wasser enthält, muss er komplett ausgetauscht werden“, sagt Herrmann. Auch mussten für die Strecke im Wald zum Beispiel Anfahrtswege angelegt werden, um überhaupt an die Strecke ranzukommen oder im Notfall jemand von der Strecke retten zu können. Auch die bestehenden Strecken haben sie überarbeitet. Und auch wenn der Betrieb angelaufen ist, will die Gruppe noch weiter daran arbeiten. Unten am Hügel soll ein Bereich für Kinder dazukommen, insgesamt sind noch weitere Strecken geplant und die Weiterentwicklung der jetzigen Strecken wird dauerhaft ein Thema sein. „Außerdem muss man die Strecken regelmäßig warten. Vor allem im ersten Jahr, bis sich die Erde verfestigt hat“, sagt Marlon Wolf. Auch haben sie die Strecken immer wieder getestet und Veränderungen vorgenommen. „Manchmal muss der Abstand noch mal verändert werden oder der Untergrund fühlt sich beim Fahren nicht gut an“, sagt Herrmann.

Strecken für Anfänger, aber auch Herausforderungen für Könner.

Wie man so eine Strecke überhaupt baut, wissen die Jungs vor allem aus Erfahrung, bereits an anderen Bikeparks haben sie mitgebaut und schon als Kinder und Jugendliche haben sie kleine Rampen gebaut. Das nun im großen Stil tun zu können, erfülle einen Kindheitstraum. Beim Streckenbau können sie ihre eigenen Ideen verwirklichen, selbst Einfluss nehmen. Das mache die viele Arbeit wert. „Es macht auch einfach viel Spaß“, meint einer der Ehrenamtlichen.

Das Besondere am Bikepark in Großerlach: Die am Bau Beteiligten sind selbst sehr unterschiedliche Fahrer. Von Anfängern auf dem Gebiet bis zu erfahrenen Bikern und auch gesponserten Fahrern, wie Herrmann. Sie bringen ihre eigenen Ideen ein und schaffen so vier bis fünf Strecken mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen. Auch auf den einzelnen Strecken gibt es immer wieder Möglichkeiten, die „Chickenline“ zu nehmen, also schwierigere Stellen wie zum Beispiel den fast senkrecht abfallenden Steilhang zu umfahren. Dadurch können auch ungeübte Fahrer viele Strecken nutzen, für Erfahrene gibt es aber genügend Abwechslung und Herausforderungen. „Für professionelle Downhillfahrer ist es vermutlich nicht genug, aber der Park ist zumindest in der Nähe“, sagt Herrmann, der selbst für Sponsoren fährt. Sie erwarten vor allem Fahrer aus der Umgebung, besonders für Stuttgarter Fahrer sei der Bikepark interessant. Auch dass sich die Fahrer hier mit dem ehemaligen Skilift bis nach oben ziehen lassen können, anstatt die etwa 500 Meter bergauf fahren zu müssen, ist zumindest in der Umgebung einzigartig.

Wann genau der Park öffnen kann, hängt nun von der Bewilligung der Hygienepläne ab, die bereits eingereicht wurden. Die Gruppe geht aber davon aus, dass es in ein bis zwei Wochen so weit ist. Bis dahin müssen sie noch letzte Strecken fertigstellen und die verschiedenen Wege ausschildern. Ab dann werden zu den Öffnungszeiten zwei Personen vor Ort sein, die sich um das Verkaufen der Lifttickets und den Betrieb des Parks kümmern. Zunächst wird der Park nur am Wochenende öffnen, je nach Bedarf sollen dann festgelegte Wochentage dazukommen. Auch die Verpflegungshütte neben dem Skilift soll wieder hergerichtet werden, Möglichkeiten zum Zelten folgen eventuell auf der Wiese neben dem See. Darum wird sich aber der Besitzer des Bikeparks, Marco Wieland, kümmern. „Er hat uns in allem unglaublich viel unterstützt und war auch derjenige, der mich im Januar angesprochen hat, ob ich den Bau übernehmen will“, sagt Herrmann. Einer der wenigen anderen Skilifte der Region hat mittlerweile aufgegeben. Wolfgang Assenheimer, dessen Familie den Skilift auf dem Stocksberg betrieben hat, hat sich wegen der immer wärmer werdenden Winter entschieden, seinen Lift dauerhaft zu schließen. In Großerlach dagegen wird der Lift mittlerweile vor allem im Sommer genutzt. Nicht nur Biker, sondern auch Mountain- oder Longboarder können den Freizeitpark samt Lift mieten.

Auf dem Sprung

Etwa 1500 Kubikmeter Erde wurden bisher verbaut, sie muss mit Schaufeln verdichtet werden.

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Sven Herrmann (links) und Marlon Wolf bauen seit März an den Strecken im Bikepark.

Auf dem Sprung

„Drop Down“, also Fallenlassen, direkt am See.

Eröffnung und Kosten

Zunächst sind nur Tagestickets geplant. Das Liftticket wird 20 Euro kosten.

Je nach Bedarf sollen in den kommenden Monaten auch Fahrräder und Ausrüstung zum Ausleihen dazukommen.

Informationen zur Eröffnung gibt es auf den Social-Media-Seiten unter „Skilift Bikepark Großerlach“.