Auf Tatort folgt ein Kinofilm

Philipp Noll aus Weissach im Tal liefert die Filmmusik zu „Traumfabrik“

Seit 4. Juli ist der Film „Traumfabrik“ in den deutschen Kinos. Der aus Weissach im Tal stammende Philipp Noll hat die Musik dazu komponiert. Bei einem Besuch in seiner alten Heimat gab es mit dem in Berlin lebenden Filmkomponisten für Familie und Freunde eine Sondervorführung im Backnanger Traumpalast-Kino.

Auf Tatort folgt ein Kinofilm

Philipp Noll hat schon die Musik für verschiedene Serien gemacht. „Traumfabrik“ ist sein erster Kinofilm. Foto: A. Becher

Von Claudia Ackermann

BACKNANG/WEISSACH IM TAL. Filmmusiken für Dokumentationen oder TV-Serien wie „Bettys Diagnose“ hat Philipp Noll schon mehrere komponiert. Aber es ist das erste Mal, dass seine Musik einen Kinofilm mit so bekannten Schauspielern wie Heiner Lauterbach, Nikolai Kinski und Ken Duken untermalt. „Die Musik gibt einem Film eine weitere Dimension“, sagt der 41-Jährige aus Unterweissach. „Emotionale Reaktionen werden ausgelöst.“

Der Kinofilm „Traumfabrik“ ist eine tragikomische Filmromanze, die 1961 in Berlin spielt. Der junge Komparse Emil (Dennis Mojen) arbeitet im DEFA-Studio Babelsberg, wo er sich in das französische Tanzdouble Milou (Emilia Schüle) verliebt. Durch den Mauerbau werden sie getrennt. Emil schmiedet einen waghalsigen Plan, um Milou wiederzusehen...

Die Musik für sämtliche Instrumente bei der Filmmusik hat Philipp Noll komponiert, arrangiert und orchestriert. Als Filmkomponist, der den Regisseur des Films „Traumfabrik“, Martin Schreier, aus seiner Zeit an der Filmakademie Ludwigsburg kennt, wurde ihm das Drehbuch zugeschickt.

Aus einem Kinderlied wird etwas Schmerzvolles

Kurzerhand nahm er sich daraus eine Szene und machte die Musik darauf. Es sei eine emotionale Interpretation des Kinderlieds: „Alle meine Entchen“ gewesen, erzählt er beim Gespräch im Backnanger Traumpalast-Kino. Erst habe er die Musik auf dem Klavier eingespielt und dann musikalisch immer weiter geöffnet bis hin zu Orchesterklängen.

Im Drehbuch ging es um eine traurige Trennungsszene an einem Schlagbaum. Aus dem schlichten Kinderlied habe er etwas schmerzvoll Emotionales entwickelt. Die Orchester-Simulation am Computer nahm er als Arbeitsprobe mit zu einer Vorstellungsrunde im Filmstudio Babelsberg, wo der Film gedreht wurde. Den Regisseur und den Produzenten konnte er überzeugen.

An seinem Beruf fasziniert Philipp Noll die Kombination aus Kreativem und Technik. Bereits als Achtjähriger begann er, Klavier spielen zu lernen. Später kam Cello-Unterricht hinzu. An der Musikhochschule Stuttgart hat er Musiktheorie und Neue Medien studiert, bevor er an die Filmakademie Ludwigsburg ging und dort die Fächer Filmmusik und Sounddesign belegte. Sein beruflicher Einstieg als Filmkomponist war die Musik zu Werbung und Imagefilmen, auch für internationale Konzerne. Dann ging die Richtung zunächst zu TV-Movies wie Tatort: Böser Boden (2017) sowie Winterjagd (2017) und zu Serien. Bei Letzterem komme es auf der Audio-Ebene sehr auf die Wiedererkennbarkeit an. Ihm gefällt besonders, dass es in seinem Beruf eine große Bandbreite gibt, was man machen kann. Nach seiner Schulzeit in Weissach lebte er einige Jahre in Stuttgart, bevor es ihn 2004 nach Berlin zog, wo sich mehr Möglichkeiten für ihn eröffneten.

Die Filmmusik für „Traumfabrik“ komponierte Philipp Noll direkt in den Filmstudios Babelsberg, während im Raum nebenan am Schnitt gearbeitet wurde. Mit dem Regisseur, den Noll als sehr „musikaffin“ bezeichnet, arbeitete er bestimmte Leitmotive heraus, die etwa die Hauptcharaktere betreffen oder Liebesthemen begleiten. Bei den Dreharbeiten habe er auch manchmal vorbeigeschaut, aber die Situation mit den Kameraleuten sei für ihn eher desillusionierend gewesen.

Ihn inspirieren eher die magischen, emotionalen Momente, die als Endergebnis im Film zu sehen sind. „Der Film beschwört Kinonostalgie herauf“, sagt der Komponist. Es entsteht ein Film im Film, wenn Emil sich als Produktionsleiter ausgibt und einen großen Kleopatra-Film vorbereitet, der Milou wieder nach Ostberlin holen soll. So viel sei verraten: Die Musik kann von leisen, romantischen Klängen in einer Liebesszene schon mal monumental, mit Orchester und eingebundenen Chören, werden.