Aufsichtsrat hält an Bayer-Chef fest

Vor allem die Monsanto-Übernahme erzürnt die Aktionäre – Rechtsrisiken sind unberechenbar

Leverkusen /DPA - Diese Zahl dürfte dem Bayer-Chef Werner Baumann noch lange im Gedächtnis bleiben – 44,48 Prozent. Die Aktionäre sprachen auf der Hauptversammlung des Agrarchemie- und Pharmakonzerns sowie Monsanto-Käufers ihr Misstrauen aus. Noch nie zuvor war einem amtierenden Dax-Vorstand die Entlastung verweigert worden. 2018 lag der Wert für die Entlastung des Bayer-Vorstands trotz Kritik am Monsanto-Deal noch bei gut 97 Prozent. Ein Normalwert.

Doch normal ist bei den Leverkusenern derzeit wenig: Der Konzern baut Stellen ab, allein in Deutschland soll jeder siebte Job gestrichen werden. So richtig schlechte Laune bekommen die Aktionäre aber vor allem beim Blick über den Atlantik: Dort sind die Rechtsrisiken durch die von Baumann durchgesetzte Monsanto-Übernahme unberechenbar. Der Börsenkurs ist im Keller - anstatt durch den Zukauf als globaler Branchenprimus zu glänzen, herrscht Katerstimmung nach bereits zwei verlorenen Prozessen wegen möglicher Krebsrisiken glyphosatbasierter Unkrautvernichter wie Roundup. Vorstand und Aufsichtsrat des Konzerns üben sich aber weiter in Optimismus. Man zeigt Mitgefühl mit den schwer erkrankten Klägern, verweist aber unbeirrt auf zahlreiche Studien zur Sicherheit von Glyphosat.

Erstmal bleibt also alles beim Alten an der Spitze des Traditionsunternehmens mit seiner mehr als 150 Jahre langen Geschichte. So zumindest war die Wortmeldung des Aufsichtsrats in der Nacht auf Samstag zu verstehen trotz der schallenden Ohrfeige der Aktionäre. Man stehe „geschlossen hinter dem Vorstand“. Zudem habe die Nichtentlastung keine rechtlichen Auswirkungen. Heißt: Baumanns Stuhl wackelt vorerst offenbar nicht.

Nach der 13-stündigen Hauptversammlung mit beißender Kritik von Klein- und Großaktionären erscheint das aber erstaunlich. Nie zuvor waren die Anteilseigner so hart ins Gericht gegangen mit der Leverkusener Chefetage. Bayer habe sich an der „bitteren Pille Monsanto“ verschluckt, war da zu hören. „Kalt, kälter, Bayer“, wurde aus Reihen der Aktionäre moniert und dabei den Chefs vorgeworfen, das Thema Monsanto in seiner Emotionalität verkannt zu haben. 2018 sei „Katastrophe und Alptraum“ für die Anteilseigner gewesen. Bayer sei zu einem Zwerg auf dem Börsenparkett geschrumpft. Einflussreiche Aktionäre hielten sich mit Rücktrittsforderungen zurück, obwohl sie dem Vorstand die Entlastung verweigerten. „Ein neues Management würde das Chaos noch vergrößern“, meinte Deka-Fondsmanager Ingo Speich. Und Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte, der Vorstand solle an Bord bleiben, um „den Karren wieder aus dem Dreck“ zu ziehen.