Auftakt des Minigärtner-Programms in Mittelschöntal

Auf dem Biolandhof Adrion in Mittelschöntal ist der Startschuss für das zweijährige Programm für Minigärtner der Region Winnenden gefallen. Dabei können Kinder den Gärtnerberuf kennenlernen.

Auftakt des Minigärtner-Programms in Mittelschöntal

Begleitet von Teamleiterin Sylvie Beutel (rechts) besuchen die Mädchen und Jungen den Biolandhof Adrion in Backnang-Mittelschöntal und helfen dort bei der Sellerieernte. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Uta Rohrmann

Backnang. Bettina Gräfin Bernadotte von der Insel Mainau hatte eine gute Idee: Kinder, so zwischen acht und zwölf, sollten die Chance bekommen, die Natur und den Gärtnerberuf rundrum kennenzulernen. Profis über die Schulter zu schauen, aber genauso auch selbst mit anzupacken. Das ganze Jahr über und möglichst in allen sieben Sparten, in denen Gärtner aktiv sind: Baumschule, Gemüsebau, Obstbau, Landschaftsgärtnerei, Floristik/Ziergärtnerei, Staudengärtnerei und Friedhofsgärtnerei. So entstand 2013 die gemeinnützige Unternehmung Europa Minigärtner.

Eine neue Gruppe der Region Winnenden startete jetzt auf dem Biolandhof Adrion in Mittelschöntal. Zum Auftakt des zweijährigen Programms mit etwa 20 Terminen ist Projektkoordinatorin Malinda Troester von der Insel Mainau angereist, die die 17 Mädchen und Jungen begrüßt und an sie die Minigärtner-Ausrüstung verteilt. Dazu gehören T-Shirt und Käppi, Gartenschere, Namensbutton und ein grüner Ordner.

Der typische Geruch von Sellerie steigt auf dem Acker in die Nasen

Dann geht’s zur Sache: Draußen wartet ein Traktor mit mehreren Anhängern, der zum Züglefahren mit dem Chef, Georg Adrion, einlädt. Nach kurzer Fahrt auf die Weiten des Ackerlands steigt der typische Geruch von Sellerie in die Nasen. Unter Anleitung von Ehepaar Adrion und Teamleiterin Sylvie Beutel, als Gärtnerin und Mitarbeiterin des Hofs ebenfalls vom Fach, machen sich die Jungen und Mädchen daran, die gesunden Knollen aus dem Boden zu lösen, die Erde etwas abzuklopfen und die Früchte beiseitezulegen. Routiniert packt auch Lenni, der zweieinhalbjährige Enkel von Georg und Andrea Adrion, mit an.

Freilich wird die Arbeit dadurch erleichtert, dass der Betriebsinhaber zuvor mit dem Schlepper mit Unterschneidemesser durchgegangen ist. Indes zählt Liv die Regenwürmer, die sie mit ihren Freundinnen Luise und Malia aufgefunden hat: „dreizehn… das ist der vierzehnte…“ – „Und hier ist ein Spinnennest“, bemerkt Sylvie Beutel. Ab und zu kommt ein Zwillingssellerie zum Vorschein – zwei zusammengewachsene Knollen. Es geht fix voran, alle Kinder sind konzentriert bei der Sache.

„So etwas ist ein ganz besonderes Erlebnis für die Kinder, das vergessen sie nicht mehr“, weiß Georg Adrion, der bereits seit sechs Jahren Minigärtner-Gruppen in seinem Betrieb empfängt. Es wüssten ja auch immer weniger Erwachsene Bescheid über landwirtschaftliche Abläufe. „Es ist immer wieder so schön, das zu sehen, wie Kinder selbstwirksam handeln und ganz bei sich sind, wenn sie mit ihren Händen graben oder etwas in der Natur gestalten“, sagt Malinda Troester, die neben ihrer Tätigkeit als Projektkoordinatorin auch Teamleiterin in Radolfzell war.

Führerschein zum Umgang mit der Gartenschere wird ausgehändigt

Jetzt müssen noch die Wurzeln abgeschnitten werden. Das Grün muss weg – es würde sich nicht halten und taugt daher nicht zum Einlagern. Das überlässt man den vielen Regenwürmern oder nimmt es mit für die Hasen daheim. Die Knollen werden eingesammelt und kommen auf den Anhänger, später in den Kühlraum. Aber mal ehrlich: Wer isst denn gerne Sellerie? Nicht die Massen an Kindern. Patrick aus Winnenden schon: „Ich mag es in der Suppe“, sagt er. Georg Adrion findet, dass Eltern das einfach mehr auf den Tisch bringen sollten. „Als Stick in der Pfanne braten oder als Ofengemüse“, schlägt seine Frau vor. „Sellerieschnitzel“, sagt Beutel. „Auch im Waldorfsalat lecker“, meint der Chef.

Die Frau von der Insel Mainau erklärt noch die Regeln für den Umgang mit der Gartenschere – der Führerschein dazu wird ausgehändigt. Dann sind die zwei Stunden auch schon vorbei. Beutel, die bereits zum zweiten Mal eine Gruppe von Minigärtnern begleitet, hat auch für die kalte Jahreszeit Highlights im Visier: Nächsten Monat geht’s zum Adventskränzebinden auf den Paulinenhof. Und der Januar eignet sich beispielsweise für einen Einblick in die Saatgutherstellung. Wenn die zwei Jahre vorbei sind, gibt es ein großes sommerliches Abschlussfest auf der Insel Mainau. Dann präsentieren alle Minigärtner-Gruppen ihren Rückblick auf das Erlebte.

Mainauer Initiative will Gruppen im deutschsprachigen Raum anbieten

Neben freien Gruppen nehmen auch Schulklassen das integrative, erlebnispädagogische Angebot wahr, das Jungen und Mädchen gleichermaßen anspricht. Verbreitet ist es bisher vor allem in Baden-Württemberg. Erklärtes Ziel der Mainauer Initiative ist es jedoch, im gesamten deutschsprachigen Raum Minigärtner-Gruppen anzubieten. Dazu braucht es aber Förderer, wie eine große Firma in Winnenden, die die Europa Minigärtner seit ihren Anfängen begleitet und ebenso Personen, die sich in ihrer Freizeit als Teamleiterinnen für die soziale und kreative Arbeit mit Kindern einsetzen.