Auftakt zu den Bahnsperrungen zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt

Streik, Sperrungen und Schienenersatzverkehr: Für Bahnreisende aus dem Rems-Murr-Kreis wird es ab heute ernst.

Auftakt zu den Bahnsperrungen zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt

Heute bis 11 Uhr könnte der EVG-Streik den Bahnverkehr in der Region lahmlegen. Zehn Stunden später erfolgt der Startschuss für die Teil- und Vollsperrungen. Symbolfoto: Tobias Sellmaier

Von Kai Wieland

Rems-Murr. Wer am heutigen Freitagmorgen feststellt, dass seine Regionalbahn oder S-Bahn ausfällt, mag bereits den Sperrungen zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt anlässlich der Kabelarbeiten für den digitalen Knoten Stuttgart die Schuld dafür geben – tatsächlich liegt es aber zumindest bis 11 Uhr noch am EVG-Streik, welcher einmal mehr den gesamten Bahnverkehr in der Region lahmzulegen droht.

Zehn Stunden später erfolgt dann aber wirklich der Startschuss für die Teil- und Vollsperrungen, welche die Reisenden auf der Rems- und der Murrbahn mehrere Monate lang massiv einschränken werden.

Erste Phase: 21. bis 25. April

Zu spüren bekommen das bis Dienstagabend, 25. April, zunächst einmal die Pendler auf der Linie S4 zwischen Backnang und Marbach am Neckar, die in diesem Zeitraum entfällt. Ein Schienenersatzverkehr mit Bussen wird eingerichtet. Ursache für den Entfall ist der Umstand, dass die Regionalzüge MEX90 und RE90, welche üblicherweise auf der Murrbahn verkehren, über die sogenannte kleine Murrbahn mit Halt in Marbach umgeleitet werden. Der zusätzliche Betrieb der Linie S4 ist auf diesem eingleisigen Streckenabschnitt aus Kapazitätsgründen nicht möglich. Die Regionalzüge erreichen Stuttgart laut VVS bis zu 20 Minuten später und fahren bis zu 20 Minuten früher ab. Die Regionalbahn MEX19 verkehrt dagegen weiterhin auf der gewohnten Strecke, allerdings nur bis Waiblingen. Als Ersatz für die entfallenden Regionalbahnen zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt wird auf dieser Strecke ebenfalls ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet.

Weniger ins Gewicht fällt der erste Abschnitt für Pendler auf der Linie S3: Die Bahnen verkehren, genau wie S1 und S2, nur im Halbstundentakt. Seit Anfang Februar ist das aufgrund fehlender Fahrzeuge auf der Linie S3 aber ohnehin bereits Alltag, faktisch ändert sich mit dem heutigen Tag also lediglich die Begründung.

Zweite Phase: 26. April bis 12. Mai

Die zweite Phase der Sperrungen gestaltet sich entspannter als die erste: Lediglich die Ankunfts- und Abfahrtszeiten können sich verschieben, zudem verkehren die Linien S1, S2 und S3 auch in dieser Phase nur im Halbstundentakt.

Die Fahrpläne der ersten beiden Phasen sollen laut VVS mittlerweile in die Fahrplanauskunft eingearbeitet sein. Pendlern wird daher nahegelegt, sich vor Fahrtantritt über ihre Verbindungen informieren.

Ausblick auf die Vollsperrungen

Bei der Sitzung des Verkehrsausschusses des Verbands Region Stuttgart am Mittwochnachmittag gab Jürgen Wurmthaler, leitender Direktor im Bereich Wirtschaft und Infrastruktur, einen ersten Ausblick auf die heikelste Phase ab 12. Mai bis 29. Juli, wenn die Strecke zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt für mehrere Wochen vollständig für den Bahnverkehr gesperrt wird. Das Wichtigste vorab: Auf ein konkretes Fahrplankonzept lässt die Deutsche Bahn auch drei Wochen vor Beginn der Vollsperrungen warten. „Die Bahn kommuniziert dazu nur sehr dezent, um es zurückhaltend zu sagen“, sagte Verbandsdirektor Alexander Lahl vor dem Verkehrsausschuss. Der Vorausblick auf die Phase der Vollsperrungen ist insofern vorläufig und mit Vorsicht zu genießen.

Fest steht, dass zwischen 12. Mai und 29. Juli keine Züge der Murr- und Remsbahn auf dem besagten Streckenabschnitt verkehren. Die Pläne sehen vor, dass stattdessen die Busse des Schienenersatzverkehrs im Fünfminutentakt in Waiblingen starten. Ein Teil der Busse soll die Stationen Fellbach und Nürnberger Straße bedienen, ein anderer Teil ohne Halt zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt verkehren. Eine dritte Linie des Schienenersatzverkehrs fährt voraussichtlich ohne Zwischenhalt von Waiblingen zum Stuttgarter Hauptbahnhof und zurück. Zwischen Nürnberger Straße und Sommerrain sollen im Zehnminutentakt Busse fahren. Darüber hinaus werden die Kapazitäten der Expressbuslinie X20 zwischen Waiblingen und Esslingen erhöht. Was diese Vielzahl von Bussen für die Verkehrssituation auf den Straßen bedeutet, wird sich zeigen. Die Deutsche Bahn gab dazu lediglich bekannt, dass man Ausweichstrecken in der Hinterhand habe.

Die S1 aus Kirchheim unter Teck, welche ebenfalls Bad Cannstatt passiert, soll von 13. Mai bis 8. Juni dagegen regulär verkehren, anschließend im Halbstundentakt.

Die S4 fährt in dieser Phase erneut nicht zwischen Backnang und Marbach. Für die Regionalzüge sind dementsprechend dieselben Auswirkungen wie in der ersten Phase zu erwarten.

Die finalen Planungen mit weiteren Details wurden von der Deutschen Bahn „für die nächsten Tage“ in Aussicht gestellt.

Stammstreckensperrung

Vom 29. Juli bis 8. September, also während der Sommerferien, wird wie schon in den Vorjahren die S-Bahn-Stammstrecke zwischen Hauptbahnhof und Vaihingen gesperrt. Wie gewohnt werden die entfallenden Stationen durch Busse des Schienenersatzverkehrs kompensiert.

Digitaler Knoten Stuttgart

Pilotknoten Ursprünglich sollte im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 die gängige Lichtsignaltechnik schlicht ersetzt werden. 2019 fiel dann die Entscheidung, stattdessen die ohnehin anstehenden Arbeiten an der Leittechnik zu nutzen, um auf eine gänzlich neue Technik zu setzen. Es handelt sich dabei um ein Pilotprojekt der Digitalen Schiene Deutschland. Die Bahn verwies im Zusammenhang mit den bevorstehenden Sperrungen immer wieder auf die fehlende Erfahrung mit einem derartigen Projekt.

Stellwerk In Waiblingen entsteht seit Frühsommer 2022 ein Stellwerk für den digitalen Knoten, von dem aus zukünftig der Bahnverkehr in der Region gesteuert werden soll.