Alexander Graf Lambsdorff

Außenpolitiker auf dem Sprung nach Moskau

Der FDP-Außenpolitiker und Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff soll laut Medienberichten deutscher Botschafter in Moskau werden.

Außenpolitiker auf dem Sprung nach Moskau

Alexander Graf Lambsdorff weiß, wovon er spricht.

Von Christian Gottschalk

Es war der 15. Februar, neun Tage vor dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine. Es war die Zeit, zu der Bundeskanzler Olaf Scholz noch einmal nach Moskau reiste, um zu verhindern, was schon nicht mehr zu verhindern war. Alexander Graf Lambsdorff (56) war an diesem Abend zu Gast bei der Gesprächsrunde von Markus Lanz. In Russland, so der FDP-Politiker, sei immer wieder zu hören, dass Putin die Größe des alten russischen Reiches wiederherstellen wolle. Er beschrieb den „besorgniserregenden Propagandakrieg, der eine Vorbereitung von kriegerischen Handlungen ermöglicht“. Da wusste jemand, wovon er sprach. Nun soll Lambsdorff deutscher Botschafter in Moskau werden.

Sein Vater war auch schon da

Dort, in der Straße Mosfilmowskaja 56, hatte schon Lambsdorffs Vater Hagen einst die Kulturabteilung geleitet. Alexander Graf Lambsdorff, der zu Beginn des Jahrtausends das Russland-Referat im Auswärtigen Amt führte, soll nun als Hausherr einziehen. Er wird Chef von mehr als 300 Mitarbeitern. Die von den diplomatischen Vertretungen Serbiens und Schwedens umrahmte Botschaft zählt zu den größten Einrichtungen des Auswärtigen Amtes weltweit. Lambsdorff trifft dann auf ein Gastgeberland, dem er am Vorabend des Kriegsbeginns „einen langen Widerstand der Ukrainer“ voraussagte und „hohe Verluste bei den russischen Truppen“.

Lambsdorff ist seit Jahren der außenpolitische Kopf seiner Partei. Kenntnisreich, wortgewandt, gewitzt. Er führte kurz vor der Jahrtausendwende das Bundestagsbüro von Klaus Kinkel, als dessen Zeit als Außenminister gerade vorbei war. Drei Wahlperioden lang war er von 2004 an Mitglied im Europaparlament, und nicht wenige hätten in ihm einen bewanderten Außenminister gesehen – wenn denn die FDP Wert auf diesen Posten gelegt hätte. Das war nach der Bundestagswahl 2021 aber nicht der Fall. Lambsdorff blieb also erst einmal stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion – mit Zuständigkeit für Außenpolitik.

Kritik an der deutschen Regierung

Noch ist Lambsdorff weder offiziell nominiert – noch von der russischen Regierung akkreditiert. Viel Freude wird der Kreml mit seinen Ansichten nicht haben. Im Ukraine-Krieg hat sich der Neffe des einstigen Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff schnell als einer positioniert, der die Ukraine sehr massiv stärken möchte. Die deutsche Regierung unterstütze die Ukraine nicht in dem Maße, wie sie es tun könnte, monierte er immer wieder und forderte früh die Lieferung von Panzern, auch Kampfpanzern, an Kiew. Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 hingegen bezeichnete der gebürtige Kölner als „geopolitische Dummheit“, und dem russischen Präsidenten attestierte er gegenüber der Wochenzeitung „Die Zeit“, dass Wladimir Putin in einer Welt lebe, „ die mit dem 21. Jahrhundert nichts zu tun hat“.

Alexander Graf Lambsdorff, der stets und intensiv für einen engen transatlantischen Schulterschluss eingetreten ist, spricht Englisch und Russisch gleichermaßen. Der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch, hält ihn für eine ausgezeichnete Wahl. „Dies wäre eine der besten Personalentscheidungen des Auswärtigen Amts seit Jahren“, sagte von Fritsch der „Neuen Zürcher Zeitung“.