Ausstellung zum 100. Todestag von „Bürgerkönig“ Wilhelm II.

Von Von Martin Oversohl, dpa

dpa/lsw Stuttgart. Zwischen Preußens säbelrasselndem Wilhelm II. und seinem Namensvetter im Südwesten ist wohl kaum ein größerer Gegensatz denkbar. Als Bürgerkönig ist Wilhelm II, König von Württemberg, bekannt geworden. Eine Sonderausstellung will zeigen, dass er auch andere Seiten hatte.

Ausstellung zum 100. Todestag von „Bürgerkönig“ Wilhelm II.

Besucher stehen vor dem Stuttgarter Stadtmuseum „StadtPalais“. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Württembergs letzter König kehrt zurück, zumindest für eine große Ausstellung in Stuttgart. Der populäre Wilhelm II., vor 100 Jahren gestorben, soll vom kommenden Oktober an im Mittelpunkt einer Schau im Stuttgarter Stadtmuseum, dem StadtPalais, und dem Hauptstaatsarchiv stehen. Die Häuser wollen den Enkel von Wilhelm I. als Regenten, Privatier und Freund darstellen. „Wir versuchen, dem König auf die Spur zu kommen“, sagte Edith Neumann, die Kuratorin der Ausstellung im StadtPalais, am Dienstag.

Wilhelm II. - nicht zu verwechseln mit seinem Namensvetter, dem letzten deutschen Kaiser - war dem kinderlos gestorbenen Onkel Karl 1894 auf Württembergs Thron gefolgt. Er galt als „bürgernah, ein Mann des Volkes, stets beherrscht, die leisen Töne bevorzugend“, wie es in einer Biografie von Paul Sauer heißt. Aber die verständige Haltung zu Fragen des politischen Fortschritts half dem Monarchen im November 1918 nichts, als das Wilhelmspalais von Revolutionären besetzt wurde. Am 9. November 1918 reiste die Königsfamilie ab, Wilhelm unterzeichnete drei Wochen später seinen Rücktritt. Im Alter von 73 Jahren starb er am 2. Oktober 1921 an den Folgen einer Erkältung unter dem selbstgewählten Titel eines Herzogs von Württemberg in Schloß Bebenhausen.

Die Sonderausstellung (2.10.2021 - 3.3.2022) ist in zwei Teile aufgeteilt, wie das StadtPalais am Dienstag mitteilte. Das Haus zeigt Bilder, Skulpturen, Möbel- und Kleidungsstücke sowie Fotografien, Filme und Dokumente zu den prägenden Stationen im Leben des Königs und seiner Familie. Das benachbarte Hauptstaatsarchiv setzt sich dagegen zeitgleich mit den langjährigen Freundschaften des Königs und seinem umfangreichen Briefwechsel auseinander. „Die Ausstellungen sollen auch verdeutlichen, dass das Bild Wilhelms in vielem von einer inneren Zerrissenheit geprägt ist“, sagt Albrecht Ernst, Kurator der Ausstellung im Archiv.

Vor das StadtPalais, seine ehemalige Residenz, ist Wilhelm II. schon seit längerem zurückgekehrt, wenn auch nur als Denkmal. Es zeigt den Regenten in Bürgerkostüm und mit Bärtchen, zwei Hunde an der Leine. Die eigentlich eher unauffällige lebensgroße Skulptur hatte im vergangenen Sommer für eine emotionale Debatte gesorgt. Denn die Statue des Monarchen, von Bürgern und dem Landesverband Baden-Württemberg für Hundewesen 1991 gestiftet, passte nach Ansicht von StadtPalais-Leiter Torben Giese nicht zum Konzept des Museums und wurde zeitweise hinter das Haus versetzt.

Das Museum lehne eine Erinnerungskultur der Verklärung ab, hatte Giese damals gesagt. „Wilhelm II. war ein Teil des politischen Systems im keineswegs demokratischen, sondern autokratischen Kaiserreich.“ Der einstige Monarch sei keine Identifikationsfigur für eine moderne Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Neumann stimmt ihm zu: „Wir dürfen nicht vergessen, dass er ein in der Wolle gefärbter adeliger war“, sagte sie am Dienstag. Es gebe einen „Mythos Bürgerkönig“. Das Denkmal wird nach ihren Angaben bald erneut umziehen und vor dem Littmann-Bau, dem Opernhaus, zu sehen sein.

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