Autoländer rufen gemeinsam nach Kaufprämien

dpa München/Stuttgart/Hannover. Einen Zuschuss für Autokäufer, bezahlt mit Steuergeld - das fordern Autokonzerne und Betriebsräte. Unterstützung bekommen sie jetzt von den Ministerpräsidenten der Länder, wo die größten Werke stehen. Aber vor dem Autogipfel mit der Kanzlerin wird auch die Kritik lauter.

Autoländer rufen gemeinsam nach Kaufprämien

Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen, spricht bei einer Pressekonferenz. Foto: Peter Steffen/dpa

Die „Autoländer“ Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg wollen die schwache Nachfrage mit Kaufprämien für Autos wieder ankurbeln - und sehen dabei den Bund in der Pflicht. 3000 Euro soll es für moderne Benziner und Dieselautos ab Schadstoffklasse 6d-Temp geben, sogar 4000 Euro - zusätzlich zur schon gewährten Förderung - für Plug-in-Hybride, Elektro- und Wasserstoffautos, forderten sie am Montag.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte in München, er habe sich mit seinen Kollegen Stephan Weil (SPD) in Hannover und Winfried Kretschmann (Grüne) in Stuttgart am Telefon auf diesen Forderungskatalog geeinigt. Wer ein älteres Auto mit Euro-3- oder Euro-4-Norm abgibt, soll zusätzlich 1000 Euro Abwrackprämie bekommen. Und wer einen modernen Verbrenner kauft und später auf ein E-Auto umsteigt, soll dann nochmals 1000 Euro Umstiegsprämie bekommen. Elektro-Ladestationen solle zur Hälfte der Staat bezahlen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Dienstag mit den Chefs der Autokonzerne, der IG Metall und den Ministern für Finanzen, Wirtschaft, Verkehr, und Umwelt beraten, wie die Schlüsselbranche der deutschen Industrie mit ihren 800 000 Arbeitsplätzen wieder in Schwung kommt. VW, Daimler, BMW, Audi, Ford und Opel lassen ihre Werke in Europa nach wochenlangem Stillstand wieder anlaufen, aber viele Mitarbeiter bleiben in Kurzarbeit, die Nachfrage ist gering. Entscheidungen seien bei dem Spitzentreffen am Dienstag noch nicht zu erwarten, sagte eine Regierungssprecherin.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte in Hannover, der Automarkt in Deutschland müsse dringend angekurbelt werden, auch wegen seiner Bedeutung für vor- und nachgelagerter Arbeiten. Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) forderte Staatshilfe. „Wir brauchen jetzt Konjunkturimpulse“, sagte er bei einem Besuch im Ford-Werk Köln.

Dagegen kritisierte die „Wirtschaftsweise“ Monika Schnitzer Kaufprämien für Neuwagen als „puren Lobbyismus“. Damit würden nur würden Autokäufe vorgezogen, die in den Folgejahren fehlten, sagte die Münchner Professorin der „Rheinischen Post“ (Montag). Allenfalls eine Prämie für Elektro-Autos, verbunden mit Investitionen in Ladeinfrastrukturen, könnte sinnvoll sein.

Der Präsident des Umweltbundesamts sprach sich ebenfalls gegen eine weit gefasste Kaufprämie für Neuwagen aus. „Von einer pauschalen Abwrackprämie für alte Autos halte ich wenig“, sagte Dirk Messner der dpa. „Selbst Neufahrzeuge mit der neusten Abgasreinigung helfen nur wenig beim Klimaschutz.“ Ihre CO2-Emissionen lägen in der Praxis im Schnitt nur wenig unter denen der Altfahrzeuge. „Eine Kaufförderung kann ich mir allenfalls für wirklich sparsame Autos mit CO2-Emissionen unter 95 Gramm pro Kilometer vorstellen“, so Messner.

Die IG Metall forderte zwar ein Signal der Politik zur Stützung der Autoindustrie, nannte aber auch Bedingungen. „Für die IG Metall kann es eine Kaufprämie nur bei einem nennenswerten Eigenanteil der Automobilbranche geben. Weiter muss damit eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes gefördert und so ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden“, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Jörg Hofmann.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans äußerte Zweifel. Deutschland sei noch mitten in der Krise. Viele Menschen würden „jetzt alles andere tun als sich entscheiden, ein neues Auto zu kaufen“, sagte er dem rbb. Die Klima- und Friday-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer lehnte eine Autoprämie als „maximal unverantwortliche Idee“ ab.

Die deutschen Autobauer und -händler geben dem Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer zufolge trotz Absatzflaute nur geringe Preisnachlässe auf Neuwagen. Die Rabatte seien so niedrig wie in den Vormonaten - so gering wie zuletzt 2014. „Es vermittelt sich der Eindruck, dass die Autobauer vor eigenen Rabatten erstmal auf die Kanzlerin warten“, sagte der Professor.

Die VW-Lastwagentochter Traton forderte am Montag eine europaweite Abwrackprämie auch für Lastwagen. „Es duldet keinen Aufschub bis Ende des Jahres“, sagte Traton-Chef Andreas Renschler am Montag in München: „So was muss relativ schnell gemacht werden.“ Aber wenn keine neuen Bestellungen kämen, sei der heutige Auftragsbestand in zwei, drei Monaten aufgezehrt. Die Kunden gäben junge Gebrauchtfahrzeuge zurück, „unsere Kunden schauen sich aktuell genau an, was sie derzeit wirklich benötigen“, Sattelzugmaschinen seien kaum gefragt, sagte MAN-Chef Joachim Drees dem „Münchner Merkur“.