„B14 wird mit dem Hockenheimring verwechselt“

„Initiative Motorradlärm“ fordert landesweit Maßnahmen gegen den Krach – Rems-Murr-Kreis und Großerlach bereits mit dabei

„B14 wird mit dem Hockenheimring verwechselt“

Verkehrskontrollen wie in Spiegelberg und Sulzbach sollen die schwarzen Schafe unter den Motorradfahrern entlarven. Archivfoto: A. Becher

Von Florian Muhl

BACKNANG/STUTTGART. Der Krach und die Gefahren, die von Motorradfahrern ausgehen, wollen immer mehr Gemeinden in Baden-Württemberg nicht mehr hinnehmen. Dabei stehen nicht alle Motorradfahrer am Pranger. Im Gegenteil. Der überwiegende Teil der Kraftfahrer auf zwei Rädern verhält sich korrekt und verstößt nicht gegen Regeln. Es ist eine Minderheit, gegen die jetzt verstärkt vorgegangen werden soll.

74 Städte und Gemeinden und sieben Landkreise im Land fordern gemeinsam mit Verkehrsminister Winfried Hermann MdL und dem Lärmschutzbeauftragten der Landesregierung Thomas Marwein MdL von der Europäischen Union, der Bundesregierung, den Herstellern von Motorrädern sowie von den Motorradfahrenden mehr Anstrengungen, um Motorradlärm spürbar zu reduzieren. Mit dabei sind bereits der Rems-Murr-Kreis sowie die Gemeinde Großerlach. Die Gemeinde Spiegelberg wird sich noch in diesem Jahr dieser Initiative anschließen.

Vertreter der „Initiative Motorradlärm“ stellten gestern in Stuttgart einen Forderungskatalog vor, der Maßnahmen enthält, um Motorradlärm nachhaltig reduzieren zu können (siehe Info-Kasten). Ziel der „Initiative Motorradlärm“ ist es, das jeder in seiner Verantwortung und Zuständigkeit dazu beiträgt, dass Motorräder leiser werden, dass sie leiser gefahren werden und rücksichtsloses Fahren deutliche Folgen hat. Dazu gehört auch, dass das Land und die Kommunen mehr rechtliche Möglichkeiten bekommen, den Motorradlärm einzudämmen.

„Wir haben vergangenes Jahr unseren Beitritt erklärt“, sagt Christoph Jäger. Der Bürgermeister von Großerlach hatte seine Schwierigkeiten mit den ursprünglichen Forderungen der Initiative. „Die waren mir zu scharf formuliert. Wir wollen ja nicht den Motorradfahrer als Feindbild.“ Zudem sei gefordert worden, Sound-Design, also das Feilen am Motorklang, zu verbieten. Aber genau mit dieser Methode könnten Motorräder auch leiser gemacht werden, sagt Jäger. Diese Forderung war also in seinen Augen kontraproduktiv. Was ihm gefallen habe war, dass die Verantwortlichen der „Initiative Motorradlärm“ Anregungen und Änderungswünschen aufgeschlossen gegenüberstanden. Entsprechend sei der Wortlaut entschärft worden. „Jetzt ist das eine gute Sache, jetzt sind wir auf dem richtigen Weg“, sagt Jäger. Er habe für alle Motorradfahrer Verständnis, das sei eines der schönsten Hobbys.

Uwe Bossert denkt ähnlich. „Ich befürworte, dass man gegen unnötigen Lärm vorgeht“, sagt der Bürgermeister von Spiegelberg auf Anfrage unserer Zeitung. Seine Gemeinde sei sehr beeinträchtigt, weil zwei bei Motorradfahrern sehr beliebte Strecken durchs Gemeindegebiet führen würden. Bei einem Treffen im vergangenen Jahr in Wüstenrot, bei dem auch Bossert mit dabei war, habe der Lärmschutzbeauftragte Thomas Marwein Anregungen auch aus Spiegelberg mitgenommen und umgesetzt. „Wir werden der Initiative noch in diesem Jahr beitreten“, kündigt Bossert an.

Die Gemeinde Sulzbach an der Murr denkt allerdings (noch) nicht an einen Beitritt. Warum nicht? „Das Problem des Lärms tritt auf der B14 auf“, sagt Bürgermeister Dieter Zahn. Da es sich um eine Bundesstraße handele, sei der Bund zuständig, mithin das Land und das Landratsamt sowie für Kontrollen die Polizei. „Wir haben keine Kompetenz“, sagt Zahn. Vor etwa vier Jahren habe es ein Treffen mit Vertretern des Landratsamtes im Sulzbacher Rathaus gegeben. Die Gemeinde wagte einen Vorstoß, Fahrverbote an bestimmten Tagen auszusprechen. Nicht nur wegen des Lärms, sondern auch wegen der Raser. „Ich habe das Gefühl, das manche die B14 mit dem Hockenheimring verwechseln.“ Das Ergebnis des Gesprächs fasst Zahn so zusammen: „Die Verkehrsbehörde sah keine Chance, Fahrverbote zu verhängen.“

Info
Forderungskatalog

Motorräder müssen leiser werden: durch überarbeitete Genehmigungs- beziehungsweise Zulassungsregelungen, leisere Motorräder, Umstieg auf nachhaltige und lärmarme Mobilität, lärmarme Motorräder mit Elektroantrieb.

Motorräder müssen leiser gefahren werden: durch Aufforderung zum rücksichtsvollen und leisen Fahren, stärkere polizeiliche Verkehrsüberwachung und Ausweitung rechtlicher, technischer und personeller Kontrollmöglichkeiten, Geschwindigkeitsbeschränkungen und Verkehrsverbote an Wochenenden und Feiertagen (in besonderen Konfliktfällen).

Rücksichtsloses Fahren muss deutliche Folgen haben: durch höhere Bußgelder (bei vorsätzlicher lärmerzeugender Fahrweise und Manipulation am Motorrad); Möglichkeiten, dass Raser oder Belästiger einer Strafe nicht entgehen können; Einführung einer Halterhaftung; Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuchs.