Backnangs einzige Doula sorgt für das Wohl von Gebärenden

Yvonne Riff ist Backnangs einzige Doula. Sie ist eine mentale Stütze für Schwangere sowie deren Partner und Begleiterin während und nach der Geburt. Anders als Hebammen kümmert sie sich nicht um die medizinischen Themen. Doula bedeutet „Dienerin“. Sie ist die Dienerin der Frau.

Backnangs einzige Doula sorgt für das Wohl von Gebärenden

„Ich bin für nichts zuständig, außer für die Frau. Manchmal bin ich nur da.“: Yvonne Riff betrachtet die Aufgaben einer Doula als sehr vielschichtig und individuell. Foto: Alexander Becher

Von Nicola Scharpf

Backnang. Yvonne Riff hat selbst fünf Kinder – im Alter zwischen 15 und 32 Jahren. Sie hat auch zwei Sternenkinder und zwei, die ihr Mann mit in die Partnerschaft gebracht hat, und mehrere Enkelkinder. Die 55-jährige Erzieherin ist angestellt als Kleinkindpädagogin. Kinder bezeichnet Yvonne Riff als ihr Herzensthema. Sie wollte gerne Hebamme werden, aber „es hat nicht sein sollen“, sagt sie. Seit zehn Jahren bietet sie Eltern-Kind-Gruppen an und immer wieder richteten dabei beteiligte Eltern den Wunsch an Yvonne Riff: Kannst du nicht schon früher, bereits in der Schwangerschaft etwas anbieten?

Yvonne Riff ist momentan die Einzige ihrer Art in Backnang

Ja, sie kann. Riff beginnt beim Doula-Verbund Deutschland die Ausbildung zur Doula und macht sich im Anschluss daran als „Dienerin“ für Frauen, so die Übersetzung des Wortes „Doula“ aus dem Altgriechischen, selbstständig. Sie ist momentan die Einzige ihrer Art in Backnang. Ihre Räumlichkeiten befinden sich im Gebäude gegenüber vom Feucht-Baustoffhandel. „Es hat peng gemacht. Man hat mich gefunden und gebucht. Es läuft gut, ich muss gucken, wie ich es bewältige. Ich kann eine Frau pro Monat begleiten.“

Im Gegensatz zur Hebamme ist eine Doula nicht für die medizinischen Themen rund um Schwangerschaft und Geburt zuständig und versteht sich auch nicht als Ersatz für die Hebamme. Zusätzlich zur Hebammenbetreuung ist die Doula vielmehr eine professionelle mentale Stütze, für die das Wohlbefinden der Frau im Zentrum steht. Es geht um emotionale und seelische Arbeit. Zehn Tage vor dem errechneten Entbindungstermin hält sich Yvonne Riff in Rufbereitschaft. Die Frauen dürfen anrufen, wenn die Wehen einsetzen.

Durch mehrere Treffen entsteht eine vertraute Verbindung

Die Geburt – egal ob im Krankenhaus, im Geburtshaus oder zu Hause – begleitet eine Doula von Anfang bis Ende. „Alle Wünsche der Frau sind Gesetz“, schildert Riff. „Nur dann kann sie während der Geburt bei sich sein.“ Sich um das Wohl der Frau zu kümmern, könne die Geburt sogar verkürzen, so Riff. Durch mehrere Treffen der Doula und der werdenden Mutter während der Schwangerschaft entsteht zwischen den beiden eine Verbindung, eine Vertrautheit. So erfährt die Doula, was der Frau wichtig ist, wie sie sie unterstützen kann.

Yvonne Riff lädt die Frau ein, sich selbst kennenzulernen: „Was kann ich tun, damit ich mich entspanne? Worauf springe ich an? Auf einen Duft? Auf einen Geschmack? Auf Berührungen? Auf Musik?“ Sie will ihr Ängste vor der Geburt nehmen und vermittelt viel Wissen. „Das ist wichtig, um Ängste zu nehmen.“ Mit den Frauen, die sie begleitet, spricht sie über alle Themen zur Geburt. Riff erzählt beispielsweise vom Setting beim Kaiserschnitt, damit die Frauen im Fall des Falls im OP nicht erschrecken. Sie klärt über vieles auf, etwa über Dinge wie Walking-PDA oder die Kaisergeburt. „Man hat Möglichkeiten. Aber nur wenn man sie kennt, kann man sie nutzen.“

Yvonna Riff möchte den Frauen Mut zusprechen

Die Doula kann auch den Partner der Gebärenden entlasten oder bestärken oder ihm Impulse geben, damit die Frau in ihrem Geburtsraum bleiben kann und nicht daraus herausgeholt wird. „Ich bin für nichts zuständig, außer für die Frau. Ich dränge mich aber nicht auf. Manchmal bin ich nur da.“ Yvonne Riff möchte den Frauen Mut zusprechen: „Hör auf dich, sei mutig und selbstbestimmt. Du darfst zu allem Nein sagen.“ Die mentale Arbeit wirkt sich auf die Haltung aus: Raus aus dem Kopf, weg vom Nachdenken, rein ins Bauchgefühl und in die Intuition. „Eine schmerzarme Geburt kann eine Frage der Haltung sein. Man kann etwas bewirken durch das Mentale.“

Die Aufgaben einer Doula empfindet Riff als „sehr vielschichtig und individuell“. „Jede Frau ist einzigartig, jede Geburt ist anders. Auch wie die Frau es erlebt. Das ist so fein und individuell, was die Frauen berichten. Darüber reden hilft viel, die Geburt anzunehmen und wertzuschätzen.“

Eine Freundin absolviert derzeit die Ausbildung zur Doula

In anderen Ländern, zum Beispiel in den USA, sind Doulas weit verbreitet. Das ist hierzulande noch anders. Riff hat Kolleginnen im Stuttgarter Raum und auch im Gebiet um Schwäbisch Hall gibt es Doulas. Dementsprechend kennen es die dortigen Kliniken auch, dass Gebärende ihre Doula mit in den Kreißsaal bringen. In Backnang bekommt Yvonne Riff, die Frauen im gesamten Rems-Murr-Kreis betreut, in Zukunft Unterstützung, da eine Freundin von ihr aktuell die Ausbildung zur Doula absolviert.

Die Begleitung durch eine Doula ist keine Kassenleistung, sondern wird privat bezahlt. Eventuell wird die Rufbereitschaft von der jeweiligen Krankenkasse übernommen. Doch die Begleitung durch eine Doula soll nichts Exklusives sein, nicht nur für die Besserverdiener. „Jede Frau, die das braucht, sollte es sich leisten können“, sagt Yvonne Riff. Daher habe der Doula-Verein einen Fonds eingerichtet, der Eltern mit geringeren finanziellen Mitteln unterstützt.

Begleitung für Eltern

Familienbegleitung Yvonne Riff hat „Moms and Family“ in Backnang begründet. Sie bietet dabei achtsame Familienbegleitung zu den verschiedenen Lebensphasen Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Elternsein an.

Doula-Ausbildung Die Bezeichnung „Doula“ ist in Deutschland weder ein geschützter Begriff noch eine bundesweit geregelte Ausbildung. Es gibt viele verschiedene Anbieter, die auf unterschiedlichen Wegen und mit jeweiligen individuellen Schwerpunkten zukünftige Doulas ausbilden.

Doula-Verbund Deutschland e.V. 2019 wuchs aus dem Wunsch eine Idee, die zu einem Plan wurde, der in die Realität umgesetzt werden sollte. Die Motivation zu dem Zusammenschluss entstand aus der Notwendigkeit, einen Verein für alle Doulas in Deutschland zu gründen, unabhängig von ihren Ausbildungsstätten. Die Vertretung aller Doulas gleichermaßen ist Bestreben des Verbunds. Zugleich ist der Verbund Ansprechpartner für Eltern ebenso wie Fachkräfte, die sich über die Arbeit der Doula austauschen wollen.