Backnang gewinnt die Klimawette

Als einzige Stadt in Deutschland hat die Initiative in Backnang die geforderte Zahl an eingesparten Tonnen CO2 erreicht. Dieser Erfolg soll nun als Anreiz dienen, den Klimaschutz in der Stadt voranzutreiben.

Backnang gewinnt die Klimawette

Der Initiator der Klimawette Michael Bilharz war im Sommer mit dem Lastenfahrrad unterwegs, um für die Aktion zu werben. Auch in Backnang machte er halt. Archivfoto: J. Fiedler

Von Lorena Greppo

Backnang. Nicht Berlin, nicht Köln, auch nicht Stuttgart oder Freiburg – nein, Backnang ist am Ende deutschlandweit ganz vorn! Mehr noch: Als einzige aller teilnehmenden Städte hat die ehemalige Gerberstadt das selbst gesteckte Ziel erreicht. Die Rede ist von der Klimawette. Vom Verein „3 fürs Klima“ um Michael Bilharz wurden alle Bürger bundesweit aufgefordert, CO2 einzusparen, um so ein Zeichen im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Glasgow zu senden, dass Klimaschutz nicht nur eine Forderung aus der Mitte der Gesellschaft ist, sondern dass die Bürger auch bereit sind, selbst dazu beizutragen. Als Zielmarke waren eine Million Tonnen eingespartes CO2 anvisiert.

Heruntergebrochen auf die Einwohnerzahl in Backnang hatte ein Bündnis von Vereinen und Organisationen vor Ort einen Wert von 600 Tonnen CO2 ermittelt. Mit einer Gesamtsumme von 634,8 Tonnen haben die Backnanger diesen Wert deutlich übertroffen. Auf die Leistung sind die Macher vor Ort stolz. „Das ist ein riesiger Erfolg für unseren örtlichen Klimaentscheid und damit auch für Backnang“, sagt Oberbürgermeister Maximilian Friedrich, der die Aktion als Wettpate von Anfang an unterstützt hat. „Zumindest in Klimawettenkreisen dürfte Backnang seit dieser unglaublichen Leistung nun jedem ein Begriff sein“, stellt Sonja Hyrenbach von der Initiative Klimaentscheid Backnang fest. Die Freude ist aber nicht ungetrübt, denn das deutschlandweite Ziel wurde deutlich verfehlt. Bertram Ribbeck, einer der Gründer von Klimaentscheid Backnang, sagt: „Einerseits freuen wir uns sehr über die breite Unterstützung durch die Backnanger Bürgerinnen und Bürger, die Verwaltung und die Einzelhändler. Andererseits sind wir ein bisschen traurig, dass wir die Einzigen sind, die das Ziel erreicht haben.“

Backnang mischt bei Großstädten mit

Dabei hat es lange Zeit nicht so ausgesehen, als könnte Backnang die Vorgabe erfüllen: Noch Ende September war erst etwa ein Drittel der 600 Tonnen eingespart worden. Was der Auslöser für den beeindruckenden Endspurt in der Stadt war, kann Bertram Ribbeck gar nicht genau benennen. Er vermutet: „Vielleicht war es so, wie wenn man für ein Examen lernt: Am Ende läuft die Zeit davon und dann muss man richtig Gas geben.“ Essenziell seien schließlich Bereitschaft und Wille der Backnanger Bürger und Betriebe gewesen, in großer Menge CO2 zu kompensieren und einzusparen – entweder durch Alltagsmaßnahmen wie kürzeres Duschen, den Austausch von Glühbirnen oder den Verzicht auf Fleisch. „Durch einen Spendenbetrag von zirka 15000 Euro wurden Klimaschutzprojekte in aller Welt unterstützt“, teilt Sonja Hyrenbach zudem mit. Sicherlich habe auch der spielerische Aspekt der „Städteliga“ eine Rolle gespielt, in der die Städte und Kommunen in einer Rangliste gegeneinander im Wettbewerb waren. „Für uns war es auch ein Anreiz, Renningen noch zu überholen“, erzählt Ribbeck schmunzelnd. Das ist gelungen: Die Stadt im Landkreis Böblingen hat 84 Prozent des Zielwerts erreicht und liegt somit auf Rang zwei, wenn die Zahl der eingesparten Tonnen CO2 mit der Zahl der Einwohner ins Verhältnis gesetzt wird. In absoluten Zahlen haben die Großstädte Berlin, Köln und Aachen die Nase vorn, Backnang hat es in dieser Rangliste auf einen eindrucksvollen vierten Platz geschafft.

Klimaschutz in Backnang soll noch stärker vorangetrieben werden

Auf den Lorbeeren wollen sich aber weder die Klimaentscheid-Gruppe noch die Verwaltung ausruhen. „Die gewonnene Klimawette ist ein erstes, wichtiges Ausrufezeichen für den Klimaschutz. Das breite Engagement der Bürgerinnen und Bürger zeigt, wie wichtig dieses Thema ist. Daran wollen wir anknüpfen und den Klimaschutz gemeinsam weiter vorantreiben“, sagt OB Friedrich. Und auch Bertram Ribbeck gibt an, dass die Vereine vor Ort sich nun auch wieder politischen Themen zuwenden wollen. „Wir fühlen uns ermutigt und wollen uns weiter für ein klimaneutrales Backnang ab 2035 einsetzen.“ Konkrete Projekte sollen beim nächsten Treffen der Gruppe besprochen werden. „Es liegen genügend Themen auf der Straße“, ist er sich sicher. Immerhin sieht der Klimaschützer Backnang auf einem guten Weg. „Die Verwaltung ist sehr motiviert, das Thema anzugehen“, so Ribbecks Erfahrung. In den vergangenen Wochen und Monaten habe es mehrere Videokonferenzen mit Amtsleitern der Stadt Backnang gegeben, bei denen verschiedene Themen angesprochen wurden. Als positives Zeichen werten die Ehrenamtlichen auch den Einsatz des Oberbürgermeisters. Friedrich hatte schon im Wahlkampf angekündigt, die Klimaneutralität der Stadt anzustreben und im Rathaus eine Stabsstelle Klimaschutz einzurichten. Die Stelle eines Klimaschutzmanagers ist ausgeschrieben. Ein Klimaschutzkonzept soll erarbeitet werden, der Gemeinderat hat dem bereits zugestimmt. Im Gremium hatte Friedrich zudem seinen Wunsch geäußert, künftig ein festes Budget für den Radverkehr bereitzuhalten.

Diverse Einsätze werden nun fällig

Wettpaten Um weitere Anreize für die Teilnahme an der Klimawette zu setzen, haben sich verschiedene Gruppen als Wettpaten engagiert und einen Einsatz geboten. Da die Wette gewonnen wurde, werden die Einsätze nun fällig. Oberbürgermeister Maximilian Friedrich will beispielsweise einen Backnanger Martinszug anführen. Die Drogeriemarktkette dm gewährt allen mit Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln angereisten Einkaufenden mit einem Mindesteinkaufswert von zehn Euro einen Euro Rabatt. Der ADFC kodiert die Dienst-E-Bikes der Stadt Backnang. Die Matthäusgemeinde und die Bürgerinitiative „Klimaentscheid Backnang“ werden jeweils sechs Bäume pflanzen. Die Plaisirschule will einen Hüpfseilwettbewerb für die ganze Schule veranstalten. Das Tausgymnasium will sein Schullogo aus Frühblühern pflanzen. Auch BUND und der Gemeinderat wollen noch einen Einsatz liefern.

Gewinnspiel Viele Backnanger Einzelhändler, Kinos und Apotheken steuerten zudem Gutscheine für ein Gewinnspiel bei, um die Attraktivität der Wettteilnahme zu erhöhen. Diejenigen Bürger, die sich an der Klimawette beteiligt und bisher noch nicht für das Gewinnspiel registriert haben, können dies noch bis 14. November mit einer E-Mail an klimaentscheidbacknang@posteo.de unter Angabe ihrer Meldeadresse nachholen.