Backnang lebt von der Substanz

Im kommenden Jahr rechnet Finanzbürgermeister Siegfried Janocha mit sinkenden Steuereinnahmen. Mit einem Griff in die Rücklagen und neuen Schulden will die Stadt trotzdem fast alle geplanten Großprojekte umsetzen.

Backnang lebt von der Substanz

Ein erster Haushaltsentwurf für das Jahr 2021 wurde vorgestellt. Symbolfoto: adobe stock/G. Ledwinka

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Einen Haushaltsplan für das Folgejahr aufzustellen, ist immer eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Für 2021 gilt das umso mehr, denn wie sich die Coronapandemie im kommenden Jahr auf die Wirtschaft und damit auch auf die städtischen Finanzen auswirken wird, vermag im Moment niemand zu prognostizieren. Dennoch will Finanzbürgermeister Siegfried Janocha, der den Haushaltsentwurf in Vertretung des wahlkämpfenden OB Frank Nopper dem Gemeinderat präsentierte, die Zukunft nicht in allzu düsteren Farben malen.

Ja, Corona werde den Gestaltungsspielraum im nächsten Jahr einschränken, andererseits habe die Stadt in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet und die Verschuldung im Kernhaushalt auf einen „historisch niedrigen Wert“ von 90 Euro pro Einwohner gesenkt.

„Trotz Corona oder gerade wegen Corona werden wir mit dem notwendigen Optimismus auch weiterhin unsere Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger erfüllen, in die städtischen Einrichtungen und in die Infrastruktur mit Augenmaß und Weitblick investieren und unsere Stadt zukunftsorientiert weiterentwickeln“, erklärte Janocha. An den geplanten Großprojekten hält die Stadt deshalb fest: Sowohl der mehr als 14 Millionen Euro teure Neubau der Karl-Euerle-Halle als auch die Sportkita in der Plaisir, das Feuerwehrgerätehaus zwischen Heiningen und Waldrems und die Stadtbrücke am Bahnhof sollen wie geplant umgesetzt werden.

Digitale Verkehrslenkung soll erst später kommen.

Einzig das intelligente Parkleit- und Verkehrslenkungssystem wird vorerst nicht kommen: Dieses Projekt wolle man nun erst im Zuge des vierspurigen B14-Ausbaus realisieren, kündigte Janocha an. Die Verwaltung greift damit einen Vorschlag des Gemeinderates auf,
4,3 Millionen Euro werden dadurch eingespart. Weiterhin kräftig investiert werden soll hingegen in die Kinderbetreuung, in die Schulgebäude und in die Digitalisierung der Schulen. „Der Haushalt 2021 ist damit in erster Linie ein Haushalt des Ehrenamts, der Vereine und der Familien“, erklärte Janocha.

Allerdings ist es auch ein Haushalt der sinkenden Einnahmen: Bei der Gewerbesteuer rechnet Janocha mit einem Rückgang um knapp drei Millionen auf
18 Millionen Euro, der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer sinkt voraussichtlich um 428000 Euro. Und auch aus dem Finanzausgleich des Landes bekommt Backnang weniger Geld. Hier wird der Stadt zum Verhängnis, dass als Berechnungsgrundlage das Jahr 2019 herangezogen wird. Damals sprudelten die Steuerquellen noch üppig. Die Folge: Die Schlüsselzuweisungen sinken um 2,6 Millionen Euro, gleichzeitig steigen die Umlagezahlungen um 800000 Euro.

Auf eine Landkreisschelte wegen der Höhe der Kreisumlage, die bei Frank Nopper in keiner Haushaltsrede fehlen darf, verzichtete Janocha. Allerdings ließ auch er nicht unerwähnt, dass die Zahlungen an den Landkreis trotz der geplanten Senkung des Hebesatzes um einen Prozentpunkt ebenfalls um 1,3 Millionen Euro steigen. Auch hier machen sich die hohen Steuereinnahmen von 2019 bemerkbar. Gestiegen sind außerdem die Personalkosten: Die Mehrausgaben von rund 2,3 Millionen Euro begründete Janocha einerseits mit den jüngsten Tariferhöhungen, zum anderen wurden 16 neue Stellen geschaffen, davon 12,5 im Bereich der Kinderbetreuung.

In Summe klafft im Ergebnishaushalt ein Loch von rund 8,75 Millionen Euro, das nur mithilfe der Rücklagen aus den vergangenen beiden Jahren gestopft werden kann. „Die Stadt lebt damit von ihrer Substanz. Auf Dauer kann dies nicht funktionieren“, machte Janocha deutlich. An der Steuerschraube will die Verwaltung aber kein weiteres Mal drehen: Nachdem die Hebesätze für die Gewerbe- und Grundsteuer im vergangenen Jahr erhöht worden waren, sollen sie diesmal unverändert bleiben.

Dafür sollen die Schulden steigen, wenn auch weniger stark als befürchtet. War bei der Vorstellung des Investitionsplans im Oktober noch von einer Kreditaufnahme von mehr als 10 Millionen Euro die Rede, stehen jetzt nur noch 6,7 Millionen Euro im Haushaltsplan. Falls diese ausgeschöpft werden, würde sich der Schuldenstand bis Ende nächsten Jahres auf 9,6 Millionen Euro erhöhen.

Allerdings äußerte Janocha die Hoffnung, dass die Kreditaufnahme wie in den vergangenen Jahren nicht in voller Höhe nötig sein wird. An die Stadträte appellierte er, „das Machbare im Auge zu behalten und auf das Wünschenswerte zu verzichten“. Für zusätzliche Projekte sehe er derzeit keinerlei Spielräume.

Der Gemeinderat wird sich in den kommenden Wochen nun zunächst in den Ausschüssen intensiv mit dem knapp
700 Seiten dicken Zahlenwerk befassen. Am 3. Dezember werden dann die Sprecher der Fraktionen ihre Stellungnahmen abgeben, eine Woche später soll der Haushaltsplan verabschiedet werden.