Backnang möchte Schutzstreifen für Radler beibehalten

Der Modellversuch für die beiden Strecken außerhalb des Stadtgebiets – Roßlauf und Schöntaler Straße – zeigt bislang positive Auswirkungen.

Backnang möchte Schutzstreifen für Radler beibehalten

Der Fahrradbeauftragte Volker Knödler bei einer Testfahrt auf den Schutzstreifen. Archivfoto: Jörg Fiedler

Von Matthias Nothstein

Backnang. Fahrradschutzstreifen gehören mittlerweile zum Stadtbild. Auf Backnanger Gemarkung existieren auch zwei Strecken außerhalb der Stadtgrenzen, obwohl das eigentlich nicht erlaubt ist: Es sind die Passagen Roßlauf zwischen Sachsenweiler und dem Stadtrand und die Verlängerung der Schöntaler Straße bis über die Unterführung der B14 hinaus. Ermöglich wurden diese Streifen, weil Backnang zusammen mit 26 Kommunen seit 2019 Teil eines Modellversuchs ist, den die Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg und das Verkehrsministerium auf die Beine gestellt haben. Sie wollten herausfinden, ob solche Streifen nicht auch außerhalb geschlossener Ortschaften positive Effekte haben.

In der jüngsten Sitzung des Verkehrsausschusses stellte Stadtplanungsamtsleiter Tobias Großmann die bisherigen Erkenntnis vor. Der Erfahrungsbericht sollte die Stadträte in die Lage versetzen, zu entscheiden, ob der Modellversuch als Dauerlösung weitergeführt werden soll. Wobei dies letztendlich eine Entscheidung des Verkehrsministerium sein wird. Der Modellversuch läuft bis Juni dieses Jahres.

Auf beiden Strecken eine Verdopplung des Radverkehrs

Schutzstreifen sind laut Großmann durchaus auch außerhalb von Ortschaften sinnvoll, da auch viele Verbindungsstraßen schmal sind und es keine Alternative in Form eines Radwegs gibt. Im Land gibt es 39 solcher Pilotstrecken. Bei allen untersuchten Strecken hat der Radverkehr laut Großmann zugenommen, „in Backnang hatten wir auf beiden Strecken sogar eine Verdopplung des Radverkehrs, allerdings von einem niedrigen Niveau kommend“. Im Bereich Roßlauf stieg die Zahl der Radfahrer von 105 auf 283, in der Schöntaler Straße von 19 auf 42 Radler. Kritische Überholvorgänge sind laut Großmann sehr selten, was auch mit dem geringen Verkehrsaufkommen zusammenhängt.

Pandemiebedingt waren weniger Fahrzeuge unterwegs

Im Bereich Roßlauf wurden 2.950 Fahrzeuge pro Tag gezählt, in der Schöntaler Straße 800 bis 850. Grundsätzlich bezeichnete Großmann den Verkehr an den beiden Stellen als konfliktfrei, wobei er auch zu bedenken gab, dass über einen Großteil der Zeit pandemiebedingt weniger Kraftfahrzeuge unterwegs waren. Die Auswertung habe ferner ganz generell die These unterstützt, die auch an anderen Stellen in der Stadt zu erkennen war: „Wenn die Infrastruktur für den Radverkehr da ist, nimmt auch die Akzeptanz zu.“

Großmann sagte, die Stadtverwaltung würde die Schutzstreifen gerne beibehalten, „ob wir es können, ist noch nicht klar“. Einige Bedingungen des Ministeriums sind erfüllt. So existieren keine Alternativrouten für Radfahrer. Andere sind knapp nicht erfüllt. So sind zum Beispiel die Straßen an einigen Stellen zwei Zentimeter zu schmal für einen Schutzstreifen. Ein Umstand, den Sabine Kutteroff (CDU) so kommentierte: „Es wäre schon hanebüchen, wenn wir wegen zwei Zentimetern die Streifen nicht länger betreiben dürften.“ Sie verwies auch darauf, dass die Markierung der Streifen schließlich auch Geld gekostet habe. Gleichzeitig lehnte sie es ab, nochmals zu investieren, etwa um die Straßen breiter zu machen. Erster Bürgermeister Stefan Setzer sah dies ähnlich: „Wegen zwei Zentimetern bauen wir keine Straße um, da wird es möglich sein, eine Lösung zu finden.“

Forderung nach mehr Warnungen

Auch für Lutz-Dietrich Schweizer (CIB) würden die stark zunehmenden Radfahrerzahlen dafür sprechen, das Projekt weiterzuführen: „Allerdings nur, wenn die gestiegenen Zahlen mit den Schutzstreifen zusammenhängen und nicht daher rühren, dass ohnehin überall die Zahl der Radfahrer gestiegen ist.“ Schließlich hätten während der Pandemie die Verkaufszahlen bei den Rädern und Pedelecs alle Rekorde gebrochen. Schweizer listete zudem auch negative Aspekte auf: „Es spricht nichts dagegen, dass man das Projekt weiterführt, aber beide Strecken haben auch Knackpunkte.“ So würden die Radfahrer zum Beispiel in eine falsche Sicherheit versetzt. In beiden Fällen würden die Schutzstreifen unmittelbar vor zwei heiklen Passagen enden. Es würde die Gefahr bestehen, dass sie zu schnell unterwegs sind und in den Gegenverkehr fahren könnten. Schweizer forderte daher mehr Warnungen an diesen Stellen. Was Karl Scheib (BfB) zu dem Hinweis verleitete, dass jeder vorausschauend fahren müsse. Willy Härtner (Grüne) sorgte sich um die Radfahrersicherheit in der Schöntaler Straße nach dem Ausbau der B14. Doch Setzer konnte ihn beruhigen. Zwar werde sich die Situation deutlich ändern, da laut den Planungen des Regierungspräsidiums Stuttgart anstelle der bisherigen Unterführung ein Tunnel mit 80 Metern Länge kommen wird, aber dieser habe einen abgegrenzten Fahrradstreifen und eine gute Beleuchtung.

Ob der Versuch weitergeführt wird, hängt nun vom Erlass des Ministeriums ab. Mit diesem rechnen die Verantwortlichen in der zweiten Jahreshälfte. Dann wird das Ergebnis im Verkehrsausschuss vorgestellt.