Backnanger Ehepaar feiert diamantene Hochzeit: Haltestelle auf dem Weg zum Glück

Am heutigen Mittwoch sind Anneliese und Gerhard Herbert Sperl seit 60 Jahren verheiratet. Seinen Anfang hat ihr Liebesglück an einer Haltestelle genommen. Gerhard Sperl kümmert sich heute rührend um seine Frau, die an Demenz erkrankt ist und in einem Pflegeheim wohnt.

Backnanger Ehepaar feiert diamantene Hochzeit: Haltestelle auf dem Weg zum Glück

Gerhard Sperl wird den Tag ihrer diamantenen Hochzeit auf jeden Fall mit seiner geliebten Anneliese verbringen. Foto: privat

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Manchmal sind es die kleinen Zufälle, die dem Leben eine große Wendung geben. Als regelmäßiger Nutzer des Bahnverkehrs trifft man oft immer wieder die gleichen Menschen. Manchmal nickt man sich zu, vielleicht kommt man auch hin und wieder ins Gespräch – und wer weiß, vielleicht ist so eine Begegnung dann auch der Anfang einer wundervollen Geschichte. So wie bei Gerhard Sperl. Der junge Drucker aus Crailsheim arbeitete in Bad Cannstatt und wartete jeden Tag an der Haltestelle Münster auf seinen Zug. Eine junge Frau, die ebenfalls regelmäßig auf ihren Anschluss wartete, erregte seine Aufmerksamkeit. Bald kamen sie ins Gespräch und er erfuhr, dass sie aus Dinkelsbühl stammte. Aus den regelmäßigen Treffen entwickelte sich bald mehr und so gaben sich Anneliese und Gerhard Herbert Sperl am 16. November 1962 schließlich das Jawort. Nach der Hochzeit zog das junge Paar nach Backnang. „Ich habe die Stadt immer von oben gesehen“, erinnert sich der mittlerweile 83-Jährige. Vom Zug aus habe er immer einen Blick auf die Stadt an der Murr geworfen und was er gesehen hat, muss ihm wohl zugesagt haben.

Inzwischen haben die beiden eine Enkelin und einen Urenkel

Bis zur Rente arbeitete Gerhard Sperl in der Cannstatter Druckerei. Hauptsächlich Kunstkataloge für Galerien wurden hier gedruckt. „Da kann man schon einiges miterleben, was in der Malerei so geschehen ist“, sagt Sperl. Interessant und vielseitig war die Arbeit, denn: „Jeder Künstler hat seinen eigenen Kunststil.“ Beeindruckt hat ihn etwa eine Ausstellung über die Stauferzeit. Seine Arbeit war ihm immer sehr wichtig. Seine Frau Anneliese hat als Verkäuferin gearbeitet. Zwei Söhne bekam das Paar, dazugekommen sind mittlerweile eine Enkelin und ein Urenkel. In der Freizeit kümmerten sich beide mit großer Hingabe um ihr Gartengrundstück in Oppenweiler und auch im wohlverdienten Ruhestand waren beide dort oft anzutreffen. „Das war unser Ein und Alles“, denkt er zurück. Auf der Obstwiese konnte man Äpfel, Zwetschgen und Kirschen ernten.

Eine andere Leidenschaft waren die spanischen Inseln, insbesondere Formentera. „Die Luft hat uns gutgetan.“ Die touristische Entwicklung dort hat das Ehepaar über die Jahrzehnte mitbekommen. Gerhard Sperl guckt etwas missbilligend, als er an die Anfänge zurückdenkt. Beim ersten Besuch der Insel 1978 habe es noch fast keine Häuser dort gegeben.

Von Krankheiten blieben beide nicht verschont

Doch das Leben hat es nicht immer gut gemeint mit dem Ehepaar Sperl. Von Krankheiten blieben beide nicht verschont. Und vor allem die letzten beiden Jahre waren nicht einfach, denn Anneliese Sperl erkrankte an Demenz. Ein halbes Jahr hat Gerhard Sperl die Pflege seiner Frau allein übernommen, doch das ging irgendwann nicht mehr. Nun lebt sie in einem Pflegeheim in der Nähe des Sohnes. „Wir haben in Backnang keinen Platz bekommen“, bedauert er. Dennoch setzt er sich regelmäßig ins Auto und fährt sie besuchen. „Die Krankheit ist ganz schlimm.“ Nun lebt er allein, bekommt einmal in der Woche Unterstützung im Haushalt. „Ich mache immer noch mein Bestes“, sagt Sperl, er kocht selbst und kümmert sich um seinen Haushalt. Sein Sohn besucht ihn regelmäßig.

Doch ihm bleiben viele Erinnerungen an bessere Zeiten. In den Urlauben auf Formentera hat er kleine Specksteinstücke gesammelt. Daraus macht er kleine Figuren. Seine Frau fehlt ihm: „Man konnte über alles sprechen und zusammen machen, was man gern gemacht hat. Es hat alles immer so gut gepasst – und auf einmal ist es weg.“

Den heutigen Mittwoch wird Gerhard Sperl jedoch auf jeden Fall mit seiner Anneliese verbringen.