Backnangs OB Friedrich krempelt die Verwaltung um

Baudezernent Stefan Setzer soll heute zum Ersten Bürgermeister gewählt werden. Darüber hinaus will der Oberbürgermeister auch die Struktur im Rathaus verändern. Künftig soll es vier statt drei Dezernate geben. Im Gemeinderat finden das nicht alle gut.

Backnangs OB Friedrich krempelt die Verwaltung um

Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich erntet für seine Reformpläne nicht nur Applaus. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Diese Wahl verspricht keine Spannung: Wenn der Backnanger Gemeinderat heute Nachmittag entscheidet, wer Nachfolger des Ersten Bürgermeisters (EBM) Siegfried Janocha wird, der Ende Februar in Ruhestand geht, steht der Sieger schon vorher fest. Denn der bisherige Baudezernent Stefan Setzer ist der einzige ernst zu nehmende Kandidat. Auf die öffentliche Stellenausschreibung waren zwar noch vier weitere Bewerbungen eingegangen, allerdings erfüllte offenbar keine das Anforderungsprofil. Drei Kandidaten haben ihre Bewerbungen inzwischen auch schon wieder zurückgezogen. Somit wird außer Setzer heute nur noch maximal ein weiterer Name auf dem Wahlzettel stehen.

Die geringe Resonanz ist keine Überraschung. Mit dem Zusatz, dass sich der bisherige Baudezernent um die Stelle bewerben werde, hatte der Gemeinderat bereits in der Ausschreibung das Signal ausgesendet, dass man eine interne Lösung anstrebt. Das Gremium hatte für Setzer sogar extra die Aufgabenverteilung verändert, damit der studierte Raum- und Umweltplaner auch als Erster Bürgermeister seine Zuständigkeit für den Baubereich behalten kann. Der bisherige EBM Siegfried Janocha hatte die Stadtkämmerei, das Rechts- und Ordnungsamt und das Amt für Familie, Jugend und Bildung unter sich.

Mehr Arbeit durch viele neue Aufgaben

Für diese Bereiche wird nun also eine neue Leitung gesucht. Allerdings wird es das Ressort in seiner bisherigen Form künftig wohl gar nicht mehr geben. Denn OB Maximilian Friedrich will den anstehenden Personalwechsel für eine grundlegende Reform der Verwaltungsstruktur nutzen.

Statt wie bisher drei soll es bald vier Dezernate geben. Der OB begründet dies mit den vielen neuen Aufgaben, die in den vergangenen Jahren hinzugekommen sind, von der Flüchtlingsunterbringung über den Klimaschutz bis zur Digitalisierung von Verwaltung und Schulen. Auch das Haushaltsvolumen und die Mitarbeiterzahl seien in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Außerdem übernehme die Backnanger Stadtverwaltung im Rahmen einer Vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft (VVG) auch viele Aufgaben für acht Umlandgemeinden.

Neue Zuordnung der Dezernate

Friedrich will deshalb die Dezernate neu zuschneiden: Während der Baubereich unverändert bei Stefan Setzer bleibt, soll die Kämmerei künftig zusammen mit dem Rechnungsprüfungsamt direkt beim OB angesiedelt sein. Friedrich begründet dies mit seiner Affinität zu Zahlen und seiner beruflichen Vergangenheit in der Kämmerei der Gemeinde Althütte.

Daneben soll es in Zukunft noch zwei weitere Dezernate geben. Im einen werden das bisher beim OB angesiedelte Haupt- und Personalamt und das Rechts- und Ordnungsamt zusammengefasst, dem anderen sind das Amt für Familie, Jugend und Bildung und das Kultur- und Sportamt zugeordnet. „Damit wollen wir insbesondere den Bildungs- und Betreuungsbereich stärken“, erklärt Friedrich, da hier das Personal durch den Ausbau der Kinderbetreuung in den vergangenen Jahren stark gewachsen sei. Es gehe aber auch darum, Synergien zu nutzen. So gebe es etwa zwischen den Bereichen Schulen und Sport viele Überschneidungen, die es ihm sinnvoll erscheinen lassen, die zuständigen Ämter in einem Dezernat zu bündeln.

Sorge vor einer „Aufblähung der Verwaltung“

Für die Leitung der neuen Dezernate werden zwei Führungskräfte gesucht. Diese sollen allerdings nicht den Status eines Bürgermeisters bekommen, sondern als reguläre Beamte lediglich eine Besoldungsstufe über den Amtsleitern eingruppiert werden. Beide Stellen sollen laut Friedrich öffentlich ausgeschrieben werden.

Allerdings gibt es auch in diesem Fall offenbar schon interne Wunschkandidaten. Sowohl Regine Wüllenweber, Leiterin des Amtes für Familie, Jugend und Bildung, als auch der aktuelle Hauptamtsleiter Timo Mäule sollen an einem Karrieresprung interessiert sein. Sollten sie am Ende gewählt werden, müssten wiederum die beiden Amtsleitungen neu besetzt werden.

Diskutiert wurden all diese Pläne bis jetzt ausschließlich in nicht öffentlichen Sitzungen, weshalb sich die Gemeinderatsfraktionen auch noch nicht offiziell dazu äußern wollen. Hinter vorgehaltener Hand hört man allerdings auch kritische Töne. Von einer „Aufblähung der Verwaltung“ ist die Rede und so mancher fragt sich, warum Backnang vier Dezernenten braucht, während selbst die deutlich größere Kreishauptstadt Waiblingen mit drei auskommt, in Schorndorf sind es sogar nur zwei.

Um Unterstützung geworben

Auch die Idee, die Führungspositionen mit verdienten Kräften aus den eigenen Reihen zu besetzen, stößt nicht überall auf Beifall. „Eine Verwaltung profitiert davon, wenn auch mal frischer Wind von außen reinkommt“, sagt ein langjähriges Mitglied des Gemeinderates.

Dass das Gremium die Reformpläne abschmettern wird, ist dennoch nicht zu erwarten. Zu intensiv haben Maximilian Friedrich und der scheidende Erste Bürgermeister Siegfried Janocha in den vergangenen Monaten um Unterstützung geworben. „Wir sind davon überzeugt, dass diese Struktur die richtige für Backnang ist“, sagt Janocha. Der finanzielle Mehraufwand sei überschaubar. Die zusätzliche Dezernentenstelle kostet die Stadt rund 100000 Euro pro Jahr. Würde man in Backnang wieder zum früheren Modell mit einem OB, einem Finanz- und einem Baubürgermeister zurückkehren, wäre das sogar teurer, rechnet Friedrich vor. Die Entscheidung über die neue Verwaltungsstruktur soll am 15. Dezember fallen: Dann wird das Thema auch erstmals im öffentlichen Teil einer Gemeinderatssitzung diskutiert.

Kommentar
Wozu die Geheimniskrämerei?

Von Kornelius Fritz

Maximilian Friedrich will seine Verwaltung neu aufstellen. Das ist sein gutes Recht, und er ist auch nicht der erste Oberbürgermeister, der nach seiner Amtsübernahme einen solchen Schritt geht. Schließlich hat jeder Rathauschef seine eigenen Vorstellungen und die Verwaltungsstruktur muss auch immer zum jeweiligen Amtsinhaber passen.

Die Diskussion über das Für und Wider einer solchen Reform sollte allerdings öffentlich geführt werden. Die bereits unter Frank Nopper verbreitete Unsitte, Entscheidungen erst lang und breit hinter verschlossenen Türen zu erörtern, hat unter Maximilian Friedrich eher noch zugenommen. Wichtige Themen gelangen so erst an die Öffentlichkeit, wenn die Schlachten längst geschlagen und die Mehrheiten organisiert sind. Gerade bei einer Reform im Rathaus ist eine solche Geheimniskrämerei kontraproduktiv. So kann der Eindruck entstehen, dass im Hinterzimmer bereits die Posten verteilt werden, bevor die Bürgerschaft überhaupt von den Plänen erfährt.

k.fritz@bkz.de