Baden-Württemberg will Ausnahmen von der Schuldenbremse

dpa/lsw Stuttgart. Mit 45 Milliarden Euro ist Baden-Württemberg am Kreditmarkt verschuldet. Damit es nicht noch mehr wird, gilt die Schuldenbremse. Aber es soll auch in Baden-Württemberg Ausnahmen geben.

Trotz der Schuldenbremse soll das Land bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen doch noch Kredite aufnehmen können. Voraussetzung dafür soll sein, dass die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigt wird und das Land die Lage nicht ohne Kredite in den Griff bekommt. Das letzte Wort dazu, ob die Voraussetzungen für Kredite vorliegen, soll der Landtag haben. Auch in außergewöhnlichen konjunkturellen Schwächephasen sollen Kreditaufnahmen möglich sein. Die vier Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP einigten sich nach Mitteilung vom Dienstag auf eine Änderung der Landesverfassung, für die eine Zweidrittelmehrheit nötig ist.

Die Schuldenbremse im Grundgesetz gilt vom Jahr 2020 an. Sie sieht vor, dass die Bundesländer grundsätzlich keine neuen Schulden machen dürfen. Die Länder können die Schuldenbremse aber in ihre Verfassungen aufnehmen und selber Regeln für bestimmte Ausnahmen festlegen. Das hat Baden-Württemberg jetzt vor. Das Land ist derzeit mit rund 45 Milliarden Euro am Kreditmarkt verschuldet.

Damit das Land Kredite bei einer Naturkatastrophe aufnehmen kann, muss der Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder zustimmen. Zur Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation ist die Hürde höher - hier ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Dabei muss auch geregelt werden, wann und wie die Kredite zurückgezahlt werden.

Die AfD, die größte Opposition im Landtag ist, war nicht an den Gesprächen zwischen den Fraktionen beteiligt. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke begründete dies damit, dass die AfD eine Partei sei, die auch Verfassungsfeinde in ihren Reihen habe. Auch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sagte, die AfD spalte und polarisiere. Er habe von der AfD in den letzten drei Jahren auch keine überlegenswerten Vorschläge in der Finanzpolitik gehört.

Wäre zum Beispiel die Flüchtlingskrise 2015/2016 eine außergewöhnliche Notsituation gewesen? Rülke und Schwarz meinten, bei solchen Fällen gebe es Interpretationsspielräume des Parlamentes. CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart sah zwar einen Beurteilungsspielraum, äußerte aber Zweifel, dass die Flüchtlingskrise eine Notsituation gewesen wäre. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sagte, zunächst müsse das Land versuchen, die Lage mit den bekannten finanzpolitischen Instrumenten zu regeln. Wenn man dann nicht weiterkomme, könne man über eine Ausnahmesituation sprechen.