Bäume im Wald werden bewässert

Wegen der langen Trockenheit im letzten Jahr hat man in einzelnen Kommunen zur Wasserspritze gegriffen. Die Feuerwehr freute sich über Aufträge – Wasser marsch hieß zum Beispiel im Stadtwald von Backnang sowie in Auenwald und Allmersbach im Tal.

Bäume im Wald werden bewässert

Unauffällig, aber hochwirksam in trockenen Zeiten: Markus Laiblin hat in Berwinkel einen Bewässerungsversuch gestartet. Verwendet wird ein israelisches Schlauchsystem. Foto: U. Gruber

Von Ute Gruber

SULZBACH AN DER MURR. Bewässerung im Wald – ist es schon so weit gekommen? Gemüse, Obstanlagen, Weinberge, ja sogar Kartoffeln werden ja schon länger künstlich bewässert. Aber der Wald, der 40 Prozent unserer bundesdeutschen Fläche bedeckt, soll jetzt bewässert werden?

Nein. Daran ist natürlich nicht zu denken. Die großen Bäume müssen selbst klarkommen – oder aber weichen. Aber die kleinen, die Hoffnungsträger, die frisch gepflanzten Bäume der Zukunft, die brauchen Unterstützung in diesen trockenen Zeiten. Auch im Schwäbischen Wald und der Backnanger Bucht.

Als kurz nach der üblichen Pflanzung im vergangenen Frühjahr schon Mitte März über viele Wochen kein Niederschlag mehr fiel und die umgeschulten Jungpflanzen drohten zu verdorren, hat man in einzelnen Kommunen spontan zur Wasserspritze gegriffen, zum Beispiel in Allmersbach im Tal, in Rudersberg, in Auenwald und im Stadtwald von Backnang. Beauftragt hat man damit meist Leute, die sich von Haus aus mit Wasserspritzen auskennen: die freiwillige Feuerwehr. Da wurde dann mit Schlepper und Wasserfass das kostbare Nass zu den Wiederaufforstungsflächen gekarrt und großzügig verteilt. „So was hat man früher nie gemacht im öffentlichen Wald“, berichtet Roger Beuter, der zu dieser Zeit Revierleiter im Forstrevier Rudersberg/ Weissacher Tal war. „Das kommt erst in den letzten drei Jahren auf, wegen der Dürre. Das wären auf Dauer ja immense Kosten.“ Ohne die feuchte Unterstützung hätten viele der Pflanzen den Regenmangel wohl nicht überlebt, und von den als klimatolerant empfohlenen Douglasien seien selbst mit Bewässerung einige eingegangen: „Das sind halt die Mimosen unter den Nutzbäumen, da hat man bei der Umpflanzung immer 20 bis 30 Prozent Ausfall.“

An den sonnigen Lagen waren die Ausfälle extrem hoch.

Auch im Privatwald macht man sich Gedanken: „Wo wir auf der Winterseite gepflanzt haben, waren die Ausfälle gering. An den sonnigen Lagen aber waren die Ausfälle mit 80 bis 90 Prozent extrem hoch“, berichtet etwa Martin Ammon aus Sulzbach an der Murr, der seinen Wald im Haupterwerb bewirtschaftet und vergangenes Jahr unzählige junge Bäumchen als Nachwuchs gepflanzt hat. „Da war es auch egal, ob man Eiche, Douglasie oder Fichte gepflanzt hat.“

Sein Fazit ist: „An den sonnigen Lagen sollte man die Pflanzen mehrmals gießen, dann wäre die Überlebenschance größer.“ Deshalb hat er im Ausschuss seiner Forstbetriebsgemeinschaft den Gedanken eingebracht, das kostbare Nass im Wald zu sammeln, zum Beispiel in den Bachläufen. „Das wäre auch hilfreich als Löschwasserreservoir bei einem Waldbrand, und da sind ja an vielen Stellen noch die alten Dämme vorhanden, wo früher das Wasser gestaut wurde zum Flößen.“

Letzteres war jahrhundertelang die gängige Methode, um Holz aus den unwegsamen Waldgebieten in die Städte zu bringen: Man staute das Wasser der Bäche und Flüsse durch Querdämme an mehreren Stellen. Dann riss man die Absperrung ein und das tosende Wasser nahm die gefällten Stämme mit ins Tal.

Eines aber ist sicher: Die Feuerwehrmethode mit der großen Gießkanne ist in Ordnung, wenn’s brennt, aber langfristig muss ein ressourcenschonenderes und technisch ausgereiftes Verfahren her. Schon länger hat sich Markus Laiblin dazu Gedanken gemacht und jetzt einen Versuch gestartet.

„Im Weinbau arbeitet man ja schon länger mit Tröpfchenbewässerung.“

Der Diplom-Holzwirt aus Sulzbach an der Murr ist Leiter des Fachzentrums Holzpellets der BayWa in Baden-Württemberg und steht am Standort Freiberg am Neckar in engem Kontakt zu den Kollegen aus dem Agrarbereich. „Mein Kollege Matthias Kaiser betreut die Bewässerung im Weinbau. Dort arbeitet man ja schon länger mit Tröpfchenbewässerung.“ Gemeinsam hat man ein auf mehrere Jahre angelegtes Versuchsprojekt zur Bewässerung im Wald gestartet. Und zwar in Laiblins eigenem Wald oben auf der Höhe beim Sulzbacher Teilort Berwinkel. Ein Hektar lichter Hochwald mit Sturmschäden wurde im September mit 800 jungen Eichen und Zedern unterpflanzt. Die Hälfte wird bewässert, die andere Hälfte nicht. „Bei den Unbewässerten hatten wir allein durch den trockenen, warmen November schon ein Drittel Verlust“, konstatiert Laiblin. Die im Testlauf Bewässerten dagegen leben alle noch.

Dabei waren erst einmal nur 1500 Liter Wasser ausgebracht worden, das zudem kostengünstig aus Laiblins Regenrinne stammte. Denn die stabilen Schläuche befeuchten punktgenau und wassersparend nur den Boden neben den Pflänzchen, Konkurrenten wie Brombeeren und Brennnesseln bekommen nichts ab. Da das Wasserfass oberhalb der Pflanzung abgestellt werden konnte, verteilt sich das Wasser selbstständig und allein durch Schwerkraft, langfristig sollen die Prozesse aber digital gestützt per Smartphone zu überwachen und steuern sein. Man rechnet mit 3500 bis 3700 Euro Anschaffungskosten pro Hektar. Die langlebigen Schläuche können nach Einsatzende wieder auf eine große Trommel aufgewickelt und woanders eingesetzt werden – und stammen vom Weltmarktführer Netafim aus Israel, also von den Experten für Anbau in der Wüste.

Neben den für den sandigen Berwinkler Boden gut geeigneten Traubeneichen hat der Forstwirt mit der Atlaszeder bewusst auch eine der seltenen hitzetoleranten Nadelbaumarten gepflanzt – mit Weitsicht, denn „für die Holzpelletherstellung brauchen wir einfach auch ligninreiches Nadelholz zur Verkittung. Sonst müssen wir dem Laubholzmehl Maisstärke zusetzen, damit die Pellets zusammenhalten. Das verteuert das Produkt unnötig“.

Bewässerung wird gefördert

Im Rems-Murr-Kreis sind von den rund 34300 Hektar Wald 7200 Hektar im Besitz von Gemeinden und 15600 in privater Hand.

Von den rund 10000 (teils Kleinst-)Waldbesitzern sind seither rund 1200 in den vier Forstbetriebsgemeinschaften (FBGen) zusammengeschlossen, um gemeinsam ihr Holz zu vermarkten, Betriebs- und Fördermittel zu organisieren und als Gemeinschaft politisches Gewicht zu erhalten. Diese FBGen sind als nachhaltige Waldbewirtschafter PEFC-zertifiziert, was den Mitgliedern Fördermöglichkeiten wie die Bundeswaldprämie eröffnet. Mitglied kann jeder Waldbesitzer werden, der Beitrag ist gering.

Der Staat/das Land unterstützt nachhaltige Waldwirtschaft zur Bewältigung des Klimawandels finanziell, zum Beispiel

–Umbau von reinen Nadelholzbeständen zu standortgerechtem Mischwald

–Anpflanzung von klimatoleranten Baumarten (inklusive Wuchshüllen)

–Bewässerung geförderter Kulturen (ab Frühjahrspflanzung 2021)

–Jungbestandpflege

–Bodenschutzkalkung

–Erhaltung und Pflege von verschiedenen Waldbiotopen, zum Beispiel von Altbäumen (Vertragsnaturschutz für Privatwald – neu seit Juli 2020)

–Beseitigung von Folgen von Extremwetterereignissen im Wald (unter anderem Aufarbeitungsprämie)

Die Förderung der Bewässerung von ausgewählten Jungkulturen erfolgt auf Schadflächen (Sturm, Dürre und Käfer). Es kann im Pflanzjahr, im ersten Jahr und im zweiten Jahr jeweils dreimal eine Bewässerung gefördert werden. Je Hektar und Durchgang werden 2000 Euro gefördert. Verschiedene Rechtsvorschriften (beispielsweise Wasserrecht) sind zu beachten. Bei Wiederbewaldung ist die Antragsfrist der 31. Januar.

Ansprechpartner für Fördermaßnahmen im Privat- und Kommunalwald: Jürgen Baumann: j.baumann@rems-murr-kreis.de

Ansprechpartner für Bewässerungstechnik bei der BayWa: Markus Laiblin, E-Mail-Adresse markus.laiblin@baywa.de