Bahn frei

Der Verkehrsminister läutet die Renaissance der Nebenbahnen ein

Von Eberhard Wein

Verglichen mit anderen Bundesländern ist Baden-Württemberg in den vergangenen 25 Jahren bei den Streckenstilllegungen eigentlich noch glimpflich davongekommen. 218 Kilometer Schienen wurden seit 1994 zwischen Main und Bodensee aufgegeben. Zum Vergleich: In Bayern, das seit vielen Jahren den Bundesverkehrsminister stellt, waren es mehr als doppelt so viele Streckenkilometer. Bundesweit umfasst die Stilllegungsliste weit mehr als 5000 Kilometer.

Wenn der Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nun die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Bahnstrecken landesweit und systematisch prüfen lässt, ist dies dennoch auch für Baden-Württemberg ein radikaler Politikumschwung. Zwar gab es auch unter seinen Vorgängern immer wieder einen Ausbau des Netzes. Deren Fokus lag aber meist auf prestigeträchtigen und teuren Schnellfahrstrecken des Fernverkehrs.

Hermann nimmt speziell den Nahverkehr ins Visier und trifft damit einen günstigen Moment. Vielerorts hat auch die Kommunalpolitik manch überwuchertes Bahngleis wieder entdeckt und arbeitet an Wiederbelebungskonzepten, um ihre Verkehrsprobleme zu lösen. Einfach wird die Renaissance der Nebenbahnen nicht. Nicht alles, was zu den Zeiten württembergischer Könige und badischer Großherzöge als Schienen verlegt wurde, ist heute noch verkehrlich sinnvoll. Zudem wurden mancherorts Fakten geschaffen und Schienen unwiederbringlich überbaut. Doch wo dies nicht der Fall ist, könnte es schnell gehen. So steckt in dem Vorstoß des Ministers Potenzial. Gerade hat er mit der Einführung des BW-Tarifs den Automatismus alljährlicher Fahrpreiserhöhungen durchbrochen. Nun geht er konsequent den nächsten Schritt und arbeitet am Ausbau des Angebots.

eberhard.wein@stzn.de