Im Blockheizkraftwerk an der Weissacher Straße wird Wärme für alle Gebäude auf dem ehemaligen Krankenhausareal erzeugt. Archivoto: Alexander Becher
Von Matthias Nothstein
Backnang. In Backnang betreiben die Stadtwerke seit sieben Jahren ein Nahwärmenetz von ihrer Heizzentrale in der Weissacher Straße aus. Dort liefern zwei Blockheizkraftwerke mit jeweils 100 Kilowatt elektrischer Leistung so viel Abwärme, dass das gesamte ehemalige Krankenhausareal mit Wärme versorgt werden kann. Es handelt sich um etwa 20 Gebäude mit jeweils mehreren Wohneinheiten, darunter der Kindergarten Heimgarten, das Hospiz oder das Hebammenhaus. Insgesamt werden 350 Wohneinheiten mit 2,2 Gigawattstunden geheizt. Dass sich die Stadtwerke 2017 für Erdgas als Primärenergie entschieden haben, sehen die Verantwortlichen heute vermutlich kritisch. Jörg Schröder, der technische Leiter der Stadtwerke, weist jedoch darauf hin, dass die Heizzentrale auch für den Betrieb mit Pellets vorbereitet ist: „Die Dekarbonisierung ist angedacht und wird auch kommen. Konkret ist eine Umwandlung noch nicht, da die Anlage noch nicht abgeschrieben ist und eine solche Änderung derzeit noch unwirtschaftlich wäre.“ Und wer weiß, vielleicht gibt es in ein paar Jahren auch regenerative Gase aus dem Netz, sodass die Anlage auch mit Biogas oder Wasserstoff betrieben werden könnte.
Während dies noch Visionen sind, ist ein anderes Projekt mitten im Entstehen. Neben der Eugen-Adolff-Straße wird demnächst eine Heizzentrale gebaut, die die Obere Walke mit Wärme aus Holzhackschnitzeln versorgt. Der Baubeginn steht unmittelbar bevor, die Fertigstellung soll Ende 2025 erfolgen. Die Holzhackschnitzelanlage hat eine Wärmeerzeugung von 900 Kilowatt. Hinzu kommt eine Wärmepumpe mit 300 Kilowatt, die von einer Solaranlage gespeist wird. Auf dem Flachdach werden etwa 200 Quadratmeter Solarabsorberplatten als Energiequelle verlegt. Da im Gebiet Obere Walke heute schon fast alle Leitungen für das Netz verlegt sind, wird zum Beispiel das Pflegestift Backnang bereits darüber versorgt. Weil die Heizzentrale noch nicht existiert, übernimmt derzeit eine mobile Heizzentrale deren Funktion. Allein in der Oberen Walke sollen 450 Wohneinheiten angeschlossen werden. Aber auch die Seniorenresidenz Haus am Berg hat laut Schröder an einem Anschluss Interesse; ebenso gibt es Signale aus dem Bereich Spinnerei und Finanzamt.
Neue Überlegungen zur Nutzung der Abwärme
Damit nicht genug: Seit der Klärschlamm der Kläranlage Neuschöntal nicht mehr mit der Abwärme der Biogasanlage der AWRM getrocknet wird, verpufft diese Wärme zu einem Großteil ungenutzt. Eine Möglichkeit, dies zu ändern, könnte sein, das künftige IBA-Areal mittels einer Nahwärmeleitung anzuschließen. Doch die Überlegungen gehen noch viel weiter. Auch die kreiseigenen Immobilien wie das Landratsamt oder das Berufliche Schulzentrum könnten in den Genuss der Abwärme kommen. Allerdings müsste die Leitung dann viereinhalb Kilometer lang werden. Und so nebenbei könnten dann auch die Max-Eyth-Realschule, das Max-Born-Gymnasium und die neue Sporthalle versorgt werden.
Noch ist dies alles Zukunftsmusik. Jörg Schröder verweist auf die gewaltigen Herausforderungen eines solchen Projekts. Die Leitung müsste die Murr queren, ebenso die Bahntrasse, die B14 oder ein Naturschutzgebiet. Zudem würde die Abwärme bei Weitem nicht ausreichen. Auch eine zweite Heizzentrale wäre nötig. Gleichzeitig ist er überzeugt: „Wenn die Wärme regenerativ erzeugt wird, sind Nahwärmenetze trotz einiger Verluste auf der Trasse eine sinnvolle Sache.“ Aktuell werden die Förderbedingungen geprüft. Gibt es in dieser Sache positive Signale, dann geht das Projekt weiter.