Baulöwe mit politischen Ambitionen

Niemand baut so viele Wohnungen wie Christoph Gröner, der Käufer des ehemaligen Gewa-Towers

Baulöwe mit politischen Ambitionen

Investor Christoph Gröner scheut öffentliche Debatten nicht. Foto: G. Habermann

Von Andreas Kölbl

FELLBACH. Er baut ganze Stadtviertel um und schafft so viele Wohnungen wie bundesweit niemand sonst: Christoph Gröners CG-Gruppe hat den Gewa-Tower gekauft und will ihn in ein Mietshochhaus verwandeln. Wer ist der Investor, der keinen Hehl daraus macht, als reicher Unternehmer mehr Macht zu besitzen als Politiker?

Vor einer Woche, Pressekonferenz anlässlich des Verkaufs des Gewa-Towers, der ab sofort Schwabenlandtower SLT 107 heißt: Der Promi betritt als Letzter den Raum. Auffällig seine Ähnlichkeit mit Altbundeskanzler Gerhard Schröder, nur dass Christoph Gröner mindestens einen Kopf größer ist. „Ich bin 50 Jahre, verheiratet und habe vier Kinder“, stellt er sich vor. „Ich gehe gerne wandern und Radfahren, und ich mag Autos. Alles andere, was Sie über mich gehört haben, ist unwahr.“ Er sagt’s mit einem Grinsen über die „kleine Provokation“, denn in Wirklichkeit zählt er nicht zu jenen Reichen, die sich verstecken. Von einem Team des WDR ließ er sich ein halbes Jahr lang für die dreiteilige Doku „Ungleichland“ begleiten. Unlängst lieferte er sich in Frank Plasbergs Talkshow „Hart aber fair“ mit Juso-Chef Kevin Kühnert Wortgefechte über Gerechtigkeit. Zu Beginn der WDR-Doku steigt er in seinen Privatjet und klappt den Laptop auf. Wie nebenbei plaudert er über Reichtum: „Wenn Sie 250 Millionen haben und schmeißen das Geld zum Fenster raus, dann kommt es zum Fenster wieder rein – sie kriegen es nicht kaputt.“ Da scheint also noch Luft nach oben zu sein, denn sein eigenes Privatvermögen schätzt er auf 80 Millionen Euro. Während ein Drittel des Besitzes in Deutschland vererbt wurde, hat sich Christoph Gröner seinen selbst aufgebaut: Während seines Maschinenbaustudiums gründete der gebürtige Karlsruher 1989 eine Firma für Bauhilfsdienste, schmiss bald das Studium und wurde Bauunternehmer. Mit seinem Wechsel nach Leipzig, wo er aus der maroden Bausubstanz der DDR immer größere Sanierungsprojekte entwickelte, wurde er groß. Stolz gibt er sich in Fellbach als bodenständiger Schaffer: „In allen anfallenden Gewerken habe ich selbst schon gearbeitet.“

Inzwischen hat seine Immobiliengesellschaft insgesamt mehr als 500 Mitarbeiter an mehreren Standorten, seit einem Jahr auch in Stuttgart. Seine Initialen geben der CG-Gruppe ihren Namen und prägen das Design des Unternehmens bis hin zu den Kaffeetassen. In Dresden baut es das Quartier Hoym rund um ein Barockpalais mit 258 Wohnungen, in Köln das Cologneo mit 480 Wohnungen allein im ersten Bauabschnitt und in Berlin den Steglitzer Kreisel mit 65. Den ehemaligen Büroturm mit 120 Metern Höhe joggt der sportliche Hüne, der sich auch mit Kickboxen fit hält, mit Reporterbegleitung hoch. Bevor er sich die Treppen des Schwabenlandtowers vorknöpft, will er den Steglitzer Kreisel unter fünf Minuten schaffen.

Politische Brisanz hat die Sanierung des Postbank-Hochhauses in Berlin-Friedrichshain. Christoph Gröner liegt im Clinch mit der Bezirksverwaltung, weil diese die Baugenehmigung nicht erteilt. Im August ließ er ein riesiges Plakat aufhängen: „Hier verhindert Rot-Rot-Grün (Friedrichshain-Kreuzberg) 623 Wohnungen, davon 182 geförderte Einheiten und 55 preisgedämpfte Wohneinheiten. Der Berliner Senat sieht zu.“ Mit dem zuständigen, grünen Baustadtrat lieferte er sich einen giftigen E-Mail-Wechsel, der durch die Presse ging. Beim Cologneo machte er ebenfalls Druck wegen der Baugenehmigung. In der Doku drängt er deshalb auf ein Gespräch mit der Oberbürgermeisterin und erwähnt, man könne ja auch nach Düsseldorf umziehen. Mit Genugtuung hört er, dass laut der Stadt Fellbach die Baugenehmigung zum Umbau des SLT 107 von 66 auf 192 Wohnungen nur drei Monate dauern soll.

Ja, er habe Macht, räumt Christoph Gröner ein. Mehr als Politiker, denn er sei unabhängig. Was nur bedingt stimmt, denn letztlich beklagt auch der Selfmademan Abhängigkeit von Großinvestoren, die nicht so offen mit sich reden lassen und nicht wie er mit Millionen Werte schaffen. Sondern mit Milliarden handeln.

Grundsätzlich findet er, dass Bauen in Deutschland einfacher werden muss. Da sei außer dem Staat aber auch die Bauwirtschaft gefragt, die es nicht verstehe, günstig für untere und mittlere Einkommen zu bauen. Der Wohnungsbau im großen Stil, den der Staat nicht hinbekommt, leistet er mit seinem Unternehmen. Missstände sieht er auch bei Schulen und Bildung, doch höhere Steuern für Reiche zur Finanzierung lehnt er ab – denn die Gelder würden sowieso falsch eingesetzt.

Lieber engagiert er sich mit Charity-Kampagnen für Chancengleichheit für Kinder und unterstützt den Jugendhilfeverein Laughing Hearts. Wohltätigkeit statt Sozialpolitik? Öffentlich kokettiert Gröner damit, eine „eigene“ Partei gründen zu wollen. Was mit Blick auf einen gewissen Baulöwen aus den USA, der in die Politik ging, um Präsident zu werden, nicht unbedingt nach Rettung der kriselnden Demokratie klingt.