Begleitschutz für Amphibien

Artenschutz vor der Haustür Die Nabu-Gruppen in Backnang und Aspach betreuen die Wanderung der Amphibien. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten können Helfer sich hierbei nützlich machen: beim Zaunauf- und -abbau, beim Transport und bei der täglichen Kontrolle.

Begleitschutz für Amphibien

In Eimern werden die Amphibien gesammelt und durch die Unterführung ins Biotop gebracht. Archivfoto: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Backnang. Beim Artenschutz denken viele Menschen hierzulande vermutlich an Insekten. Sie haben nämlich – nicht zuletzt durch das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ – viel mediale Aufmerksamkeit bekommen. Doch auch andere Tiere brauchen Hilfe, beispielsweise Amphibien. Seit Jahren setzen sich die Nabu-Gruppen in Backnang und Aspach daher für deren Schutz ein und betreuen die Tiere in der Wanderzeit. Helfer werden gern gesehen, sind das doch keine kleinen Projekte.

In Baden-Württemberg kommen 20 Arten an Fröschen, Kröten, Unken, Molchen und Salamandern vor. Die Hälfte davon gilt als gefährdet, es könnten allerdings bald mehr werden – denn die aktuellen Zahlen zeigen, dass vor allem bei den bislang zahlreich anzutreffenden Erdkröten der Bestand schwindet. Im vergangenen Jahr machte der Verein Amphibien- und Reptilien-Biotopschutz (ABS) seine jüngste Erhebung publik: Um durchschnittlich 50 Prozent ist die Amphibienpopulation zurückgegangen, an manchen Stellen seien es gar 90 Prozent.

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Mancherorts sind die Gewässer in den vergangenen Jahren ausgetrocknet, zudem sind in der Region neue Fressfeinde hinzugekommen, beispielsweise durch die rasante Vermehrung der Waschbären. Darüber hinaus müssen die Amphibien auf ihrer Wanderung zum Laichgewässer und wieder zurück oftmals Straßen überqueren – diese können ihnen zum Verhängnis werden. In Backnang ist das etwa die viel befahrene Verbindungsstraße nach Steinbach.

Von Februar bis Mai sind die Helfer täglich unterwegs

An dieser Stelle kommen die ehrenamtlichen Helfer unter der Regie des Nabu ins Spiel. Sie sammeln die Frösche, Kröten und Molche in Eimern ein und tragen sie durch die Unterführung zum Biotop Pfaffenrinne beziehungsweise von dort zurück in den Plattenwald. Wie viel Arbeit das macht, belegen die Zahlen, die Marion Schieber-Stitz liefert. Sie koordiniert als Hauptverantwortliche die Betreuung der Amphibienwanderung in Backnang. „2022 gings am 14. Februar los mit der Hinwanderung“, berichtet sie. Das heißt, die erwachsenen Amphibien machen sich zum Biotop auf, um dort zu laichen. Wenige Wochen später machen sich viele von ihnen auch schon wieder auf den Rückweg. Auf beiden Wegen wird ihnen geholfen.

In der WhatsApp-Gruppe zur Koordination der Zaunkontrolle seien 48 Helfer. „Manche von ihnen gehen nur vereinzelt“, weiß die Backnangerin. Das sei auch völlig in Ordnung, schließlich hätten die Leute unterschiedlich viel Freizeit. „Wir sind um jeden Einsatz froh.“ Regelmäßig dabei seien etwa acht Freiwillige – über Wochen und Monate hinweg. Denn die Zaunbetreuung, so Schieber-Stitz, habe sich in diesem Jahr bis zum 7. Mai erstreckt. Das heißt, jeden Morgen und Abend gehen freiwillige Helfer den Zaun ab und spielen Taxi für die wanderwilligen Tierchen.

Damit nicht genug: Der Zaun entlang der Kreisstraße muss schließlich auch auf- und später wieder abgebaut werden. Dabei haben 30 Freiwillige mitgeholfen, berichtet Schieber-Stitz, zudem hat die Stadt Backnang Helfer geschickt. Und wenn aus dem Laich bis Juni kleine Babyfrösche und -kröten geworden sind, werden auch die Jungtiere sicher in den Wald geleitet – ein weiterer Monat voller Einsatz für die Helferinnen und Helfer. Was nach viel Arbeit klingt, bringe aber auch viel Belohnung, wie Marion Schieber-Stitz betont. „Man bekommt auch viel zurück. Man sieht viele verschiedene Tiere wie den Waldkauz oder die Ringelnatter.“ Die Bewegung an der frischen Luft nach einem Arbeitstag helfe auch, den Kopf freizubekommen. Und für Kinder sei die Amphibienhilfe ein tolles Erlebnis. „Die freuen sich über die Frösche und Kröten und werden so an das Wissen herangeführt, dass man auf die Natur auch achtgeben muss.“ Dass sich der Einsatz lohnt, zeigt sich an den Zahlen: In diesem Frühjahr haben die Ehrenamtlichen fast 4800 Amphibien transportiert, der Großteil davon waren Erdkröten. Im Vorjahr wurden etwa 2700 Tiere gezählt. Den starken Anstieg rechnet Schieber-Stitz den Bemühungen der Vorjahre zu, diese tragen nun Früchte.

Die Wanderperiode zieht sich immer mehr in die Länge

Doch weiß die Backnangerin auch um künftige Schwierigkeiten: „Die Aufgabe wird zeitaufwendiger, weil sich die Wanderperiode immer mehr in die Länge zieht.“ Das liege daran, dass es früher im Jahr warm wird. 2021 etwa seien die erste Amphibien an der Kreisstraße schon am ersten Februar gesehen worden. Hinzu kommt, dass das Biotop Pfaffenrinne durch die angeschwemmten Sedimente der Murr immer weiter verlandet (wir berichteten). Immerhin: Die Stadt Backnang hatte im Februar eine Spezialfirma damit beauftragt, das Gebiet an zwei Stellen auszubaggern. Das habe Gutes bewirkt: „Das Wasser hat sich ganz gut gehalten, obwohl der Sommer so trocken war.“ Sie hoffe, dass auch die Amphibien den trockenen Sommer gut überstanden haben, sagt Marion Schieber-Stitz. Spätestens im kommenden Frühjahr, wenn die Wanderung wieder losgeht, werden sie und ihre Mitstreiter es sehen.