Lesertelefonaktion

Bei der Geldanlage derzeit lieber breit streuen

Experten des deutschen Fondsverbandes BVI und der Verbraucherzentrale geben Hinweise, wie eine größere Geldsumme in unsicheren Zeiten sinnvoll verteilt werden könnte.

Bei der Geldanlage derzeit lieber breit streuen

Das Sparschwein ist heute für fast alle Geldanleger nur noch digital erreichbar.

Von Matthias Schiermeyer

Wohin mit den Ersparnissen angesichts schwankender Finanzmärkte und sinkender Zinsen? Bei einer Telefonaktion haben die Experten Thorsten Eitle, Benjamin Schade und Armin Schmitz vom deutschen Fondsverband BVI sowie Christoph Hommel von der Verbraucherzentrale NRW die vielen Fragen unserer Leser beantwortet. Hier eine Auswahl der Anregungen.

Haben Sie den ultimativen Anlagetipp: Welches Produkt ist jetzt das beste?

Thorsten Eitle Den einen „heißen Tipp“, welches Wertpapier künftig am besten abschneidet, gibt es nicht – es wäre auch nicht seriös. Niemand kann in die Zukunft schauen. Und kein Produkt kann gleichzeitig maximale Sicherheit, hohe Rendite und ständige Verfügbarkeit bieten. Setzen Sie nicht alles auf eine Karte, sondern verteilen Sie Ihr Vermögen sinnvoll. Entscheidend ist, dass die Anlage zu Ihren Zielen, Ihrer Lebenssituation und Ihrer Risikobereitschaft passt.

Ich bin 83 Jahre alt, habe eine ausreichende Rente und mehrere hunderttausend Euro auf einem Sparkonto. Mein Bankberater rät mir regelmäßig, das Geld zu investieren. Ich will mich damit eigentlich nicht befassen und auch kein Risiko eingehen. Was meinen Sie?

Thorsten Eitle Wenn Sie finanziell gut abgesichert sind, eine solide Rente haben und das Ersparte nicht benötigen, muss das Geld nicht zwingend investiert werden. Ihnen ist vor allem Sicherheit, Ruhe und Lebensqualität wichtig. Wer kein Risiko eingehen will und sich mit Geldanlagen unwohl fühlt, kann das Geld auch einfach sicher parken, etwa auf mehreren Sparkonten oder als Festgeld. Ruhiger Schlaf ist manchmal mehr wert als ein paar Prozent Rendite.

Ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um mit einer größeren Summe in Aktienfonds einzusteigen?

Thorsten Eitle Ob der Zeitpunkt günstig für einen Einstieg ist, lässt sich erst rückblickend beurteilen. Der Anlagehorizont bei Aktien sollte mindestens fünf, besser zehn Jahre oder noch länger betragen, um Wertschwankungen auszusitzen. Der genaue Einstiegszeitpunkt ist weniger entscheidend. Eine größere Summe, beispielsweise 200 000 Euro, könnten Sie auf zehn Monatsraten verteilen und so schrittweise einsteigen. Das kann helfen, Kursschwankungen auszugleichen und nicht alles auf einmal zu möglichen Höchstkursen zu investieren. Achten Sie zudem auf eine breite, weltweite Streuung.

Was ist der Unterschied zwischen einem „normalen“ Fonds und einem ETF?

Thorsten Eitle Ein ETF (Exchange Traded Fund) bildet einen Börsenindex nach, zum Beispiel den Dax. Steigt oder fällt der Index, verändert sich der Wert des ETFs entsprechend. ETFs sind meist günstiger, da sie ohne aktives Management auskommen. Ein „normaler“, aktiv gemanagter Fonds wird hingegen von einem Fondsmanager betreut, der versucht, den Markt zu übertreffen und Verluste in Krisenzeiten abzufedern. Welche Anlageform besser ist, hängt von den persönlichen Vorlieben ab. Oft kann eine Kombination sinnvoll sein.

Sind Online-Broker zu empfehlen?

Benjamin Schade Grundsätzlich sind Online-Broker eher für Anleger geeignet, die sich mit den Finanzmärkten schon etwas auskennen. Und die auch bereit sind, sich damit zu befassen, dass Geld und Risiko auf verschiedene Anlageklassen, Branchen und Länder sinnvoll verteilt sind. Online-Broker sind meist kostengünstig und schnell. Allerdings kam es in der Vergangenheit bei hohem Handelsaufkommen schon zu technischen Ausfällen. Und eine persönliche Beratung bieten Online-Broker nicht. Wer noch wenig Erfahrung hat, sollte besser zusätzlich auch mit einem Berater sprechen.

Soll ich in Rüstung investieren?

Benjamin Schade Das ist zuallererst eine persönliche und moralische Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs haben viele Rüstungsaktien deutlich zugelegt. Ein Teil dieser Entwicklung liegt also bereits hinter uns. Und jede Branche hat mal gute wie auch schwächere Zeiten. Wer in Rüstung investieren möchte, sollte das nur als Beimischung tun. Etwa über entsprechende Fonds oder ETFs, um das Risiko einzelner Unternehmen zu reduzieren, denn Einzeltitel sind oft noch schwankungsanfälliger.

Sind nachhaltige Geldanlagen empfehlenswert oder eher Augenwischerei?

Benjamin Schade Pauschal lässt sich das nicht sagen. Wie so oft kommt es auf den Einzelfall, den konkreten Fonds oder das Anlageprodukt an. Es gibt viele seriöse, breit aufgestellte nachhaltige Fonds, die nach anerkannten ESG-Standards investieren und auch zertifiziert sind. Solche Produkte können durchaus sinnvoll sein. Wichtig ist, dass Sie die Nachhaltigkeitskriterien der Anlage mit Ihren eigenen Vorstellungen und Maßstäben abgleichen. Geht es Ihnen um Klimaschutz, CO₂-Reduktion oder soziale Aspekte? Viele Produkte erfüllen hohe Ansprüche, manche eher weniger. So sollten Sie genau hinschauen und vergleichen.

Wir sind Anfang 40 und sparen monatlich je 50 Euro für unsere beiden Kinder in einen ETF auf den MSCI World. Ist das eine gute Wahl?

Benjamin Schade Ein ETF auf den MSCI World ist grundsätzlich eine solide und breit gestreute Anlage, die sich für langfristiges Sparen eignet, mit guten Renditechancen. Der MSCI World beinhaltet etwa 1350 Aktienwerte aus 23 Industrienationen. Der Index ist allerdings stark von US-Unternehmen geprägt, vor allem aus dem Technologiebereich. Das hat in der Vergangenheit oft zu guten Renditen geführt, bringt aber auch Schwankungsrisiken mit sich. Für eine noch breitere Streuung könnten Sie Regionen wie Europa ergänzend ins Depot aufnehmen.

Ich bin 71 Jahre alt und habe aus einem Hausverkauf 400 000 Euro erhalten. Wie kann ich das Geld sehr sicher anlegen?

Christoph Hommel Tages- und Festgeldanlagen unterliegen der gesetzlichen Einlagensicherung. Das heißt, pro Kunde und Bank sind bis zu 100 000 Euro abgesichert, was grundsätzlich für jedes EU-Land gilt. Wer besonders sicher gehen möchte, sollte Banken aus Ländern mit sehr guter Bonität wählen. Gut geeignet sind neben Deutschland auch Schweden, Luxemburg, Österreich oder die Niederlande. Eine gewisse Liquiditätsreserve sollte immer auf dem Tagesgeldkonto liegen. Sodann können Sie Ihr Geld auf Festgelder oder Sparbriefe verteilen. Eine Möglichkeit wäre, den Betrag auf Laufzeiten von ein bis fünf Jahren zu staffeln. So wird jedes Jahr ein Teilbetrag fällig, und Sie können jeweils neu über die Anlage entscheiden – eine sichere Methode mit wenig Zeitaufwand.

Ich habe überraschend einen größeren Geldbetrag geerbt. Da ich bisher nie viel Geld zur Verfügung hatte, bin ich unsicher im Umgang mit Geldanlagen. Macht es Sinn, mich nur an meine Hausbank zu wenden?

Christoph Hommel Davon würde ich eher abraten, denn Banken verdienen in der Regel an den Produkten, die sie empfehlen, durch Provisionen. Das kann zu Interessenkonflikten führen. Oft passen die angebotenen Produkte nicht zu den persönlichen Bedürfnissen, und die laufenden Kosten schmälern die Rendite. Besser ist es, sich unabhängig beraten zu lassen, zum Beispiel bei den Verbraucherzentralen oder bei Honorarberatern, die auf Stundenbasis bezahlt werden und keine Provisionen erhalten.

Ich bin 24, habe meinen ersten Job begonnen und möchte mit der Altersvorsorge starten. Was würden Sie raten?

Christoph Hommel Bevor Sie mit dem Vermögensaufbau beginnen, sollten Sie existenzielle Risiken absichern, etwa durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Zudem ist es sinnvoll, einen Notgroschen in Höhe von etwa drei Monatsgehältern auf einem Tagesgeldkonto zurückzulegen. Ist das erledigt, können Sie überlegen, einen Teil Ihres Einkommens in breit gestreute Aktien-ETFs zu investieren. Diese bilden einen Aktien-Index nach und werden passiv verwaltet, was die Kosten deutlich reduziert. Das führt oft dazu, dass ETFs auf lange Sicht eine bessere Rendite erzielen als aktiv gemanagte Fonds. Über einen Sparplan lassen sich ETFs unkompliziert monatlich besparen. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass es an den Börsen auch zu Verlusten kommen kann. Das muss man aushalten können.

Ich habe Geld angespart. In welche ETFs sollte ich investieren – gibt es auch nachhaltige oder grüne Varianten?

Christoph Hommel Wenn Sie das Geld zehn Jahre oder länger nicht brauchen, halte ich es grundsätzlich für eine gute Idee, in Aktien-ETFs zu investieren. Wichtig ist, möglichst breit über Länder und Branchen zu streuen, um Risiken zu begrenzen. Gut geeignet ist dafür zum Beispiel der MSCI World Index. Ergänzen lässt sich das mit einem ETF auf Schwellenländer, etwa dem MSCI Emerging Markets. Eine sinnvolle Aufteilung wäre etwa 70 Prozent Industrieländer und 30 Prozent Schwellenländer. Beide Indizes gibt es auch als sogenannte Social-Responsible-Varianten. Dabei werden Unternehmen ausgeschlossen, die etwa Kinderarbeit zulassen oder zur Rüstungsbranche gehören. Die Renditen dieser nachhaltigen ETFs waren in der Vergangenheit ähnlich wie bei den klassischen Varianten.

Ich habe seit einigen Jahren einen globalen Aktien-Fondssparplan. Soll ich ihn angesichts der Unsicherheiten und geopolitischen Krisen weiter besparen?

Armin Schmitz Wenn Sie das Geld nicht kurzfristig benötigen, spricht vieles dafür, den Sparplan beizubehalten. Langfristig haben sich Aktien als attraktivste Anlageform bewährt, trotz schwankender Börsenkurse und diverser Krisen. Bei sinkenden Kursen ist der Kauf günstiger, Sie erwerben mehr Fondsanteile für die Sparraten als bei hohen Kursen. In den vergangenen 20 Jahren betrug die Rendite im Schnitt gut sieben Prozent jährlich. Wer Ruhe bewahrt und Zeit mitbringt, hat gute Chancen auf Vermögenszuwachs.

Was lohnt sich eher: Anleihen, Geldmarktfonds oder Festgeld?

Armin Schmitz Das hängt vor allem von Ihrem Anlagehorizont ab. Für kurzfristige Anlagen eignen sich Festgeld oder Geldmarktfonds. Festgeld bietet feste Zinsen über einen bestimmten Zeitraum, ist aber nicht vorzeitig verfügbar. Geldmarktfonds investieren in sehr kurzfristige Wertpapiere, sind börsentäglich verfügbar und gelten als relativ sicher. Für eine mittlere bis längere Laufzeit kommen Anleihen beziehungsweise Rentenfonds infrage. Sie investieren in festverzinsliche Wertpapiere. Für den langfristigen Vermögensaufbau reichen die Erträge allerdings bei allen drei Varianten oft nicht aus. Deutlich bessere Chancen auf Wachstum bieten breit gestreute Aktienfonds. Wer es etwas ausgewogener möchte, kann auch auf Mischfonds setzen – eine Mischung aus Aktien- und Rentenfonds.

Ich investiere monatlich 200 Euro in einen ETF-Sparplan auf den MSCI World. Aufgrund der politischen Lage fühle ich mich unwohl mit dem hohen Anteil an US-Aktien. Gibt es ETF-Alternativen mit einem geringeren Anteil?

Armin Schmitz Es gibt mehrere Möglichkeiten, den US-Anteil im ETF-Portfolio zu reduzieren, je nach Vorliebe. Für Anleger, die bewusst auf US-Werte verzichten möchten, bietet sich ein ETF auf den MSCI World ex USA an. Dieser Index schließt US-Werte aus und umfasst über 800 Unternehmen aus 22 Industrieländern. Eine andere Möglichkeit ist, gezielt einen ETF auf europäische Aktienindizes, wie den Euro STOXX 50 oder den STOXX Europe 600, in das Depot hinzuzunehmen. Damit wird der Anteil europäischer Werte im Depot deutlich angehoben.

Sind Geldmarkt-ETFs eine gute Alternative zu Tagesgeld oder Festgeld?

Armin Schmitz Geldmarkt-ETFs sind Fonds, die typischerweise einen Index oder Zinssatz abbilden. Sie bieten oft etwas höhere Renditen als viele Tagesgeldangebote. Ein Vorteil ist ihre Flexibilität: Geldmarkt-ETFs lassen sich börsentäglich kaufen oder verkaufen. Die Kosten sind in der Regel sehr gering. Um in Geldmarkt-ETFs zu investieren, benötigen Sie ein Depot bei einer Bank oder einem Online-Broker. Achten Sie dabei auf die Depotkosten, da diese die Rendite Ihrer Anlage beeinflussen können.