Bei neuem Einschulungs-Stichtag zeichnet sich Konsens ab

dpa/lsw Stuttgart. Der Stichtag für die Einschulung soll um drei Monate vorverlegt werden. Ein Klacks? Weit gefehlt: Tausende Kinder werden in den Kitas verbleiben. Dadurch wird die Personalnot dort noch verschärft, befürchten die Kommunen. Das Kultusministerium zeigt Verständnis.

Bei neuem Einschulungs-Stichtag zeichnet sich Konsens ab

Mehrere Erstklässler warten auf ihre Einschulung in eine Grundschule. Foto: David-Wolfgang Ebener/Archivbild

Der neue Einschulungsstichtag wird voraussichtlich nicht auf einen Schlag, sondern gestaffelt eingeführt. Das sei sinnvoll, damit die Kitaträger sich schrittweise an die Neuerung anpassen könnten und Elternwünsche nach späterer Einschulung erfüllt würden, betonte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Mittwoch. „Wir wollen diese Änderung lieber gut umsetzen als so schnell wie möglich.“ Zuvor hatten sich Vertreter des Städtetags und des Ministeriums getroffen, um über die Pläne zu sprechen. Die Umsetzung zum kommenden Schuljahr hatten die Kommunen als nicht realisierbar erachtet und zumindest eine zeitliche Streckung über drei Jahre gefordert. Trotz der erzielten Übereinkunft wird die Umsetzung für die Kommunen ein Kraftakt.

„Wir schätzen den dadurch ausgelösten zusätzlichen Bedarf an Kitaplätzen auf rund 20 000 - eine Größenordnung, die wir kurzfristig nicht stemmen können“, sagte Benjamin Lachat, Familien- und Sozialdezernent beim baden-württembergischen Städtetag, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Grund sei der leer gefegte Markt für Erzieherinnen. Das Ministerium hält den vom Kommunalverband angegebenen Platzbedarf für zu hoch gegriffen. Das seien „abwegige Zahlen“.

Schon ohne den Stichtags-Effekt bräuchten die Kitas im Land wegen steigender Geburtenraten und einer Ruhestandswelle bis 2025 rund 23 500 zusätzliche Kräfte, rechnete Lachat vor. Es gebe schon jetzt Städte mit betriebsbereiten Kitas, die mangels Personal nicht öffnen könnten. „Der neue Stichtag ist richtig fürs Kind, aber es nicht bedacht worden, welche Folgen das für die frühkindliche Bildung hat“, resümierte Lachat. Überdies sei zu klären, wer die Mehraufwendungen bezahlt. Da sieht Lachat das Land in der Pflicht.

Das Land hätte die Kommunen als Kita-Träger angesichts der schwierigen Umsetzung der Pläne viel früher ins Boot holen müssen, so der Vorwurf. „Wir sind immer gut mit der Landesregierung gefahren, wenn man frühzeitig miteinander spricht - wir wollen zu diesem Modus zurückkehren.“ Das Kultusministerium wies den Vorwurf zurück. „Die Anliegen aller Beteiligter beziehen wir in diesem Prozess mit ein“, hieß es aus dem Ressort Eisenmanns.

In Baden-Württemberg gilt seit 2007/2008 der Stichtag 30. September. Kinder, die nach dem Stichtag sechs Jahre alt werden, müssen erst im Folgejahr zur Schule gehen.

Kultusministerin Eisenmann erläuterte das Vorhaben: „Wir reagieren mit der vorgesehenen Änderung der Stichtagsregelung auf den Wunsch der Eltern, der auch mit einer Petition vorgetragen wurde.“ Mit einem gemeinsamen Beschlussantrag von Grünen, CDU, SPD und FDP hatte der Bildungsausschuss des Landtags im Juli für das Vorziehen des Stichtags für die Einschulung auf den 30. Juni votiert.

Das Ministerium macht darauf aufmerksam, dass Eltern auch bei einer Verlegung des Stichtags die Schulpflicht ihrer Kinder durch einfache Anmeldung an der zuständigen Grundschule auslösen können. Im Ergebnis müsse sich also substanziell nichts ändern. Letztlich entschieden die Eltern, wie sich die Stichtagsverlegung auswirkt. In einem gemeinsamen Brief gehen Städte-, Gemeinde- und Landkreistag hingegen davon aus, dass die wenigsten Familien von der neuen Möglichkeit abweichen. Die Stadt Stuttgart etwa rechnet mit 900 zusätzlich zu schaffenden Plätzen, Heidelberg mit 350.