Beim Schutz der Bevölkerung arbeiten THW und Land Hand in Hand

Hilfe nach einem kerntechnischen Unfall – Vereinbarung zum Betrieb von Notfallstationen unterzeichnet – Bei der Feuerwehr in Backnang steht ein Notfallcontainer

Beim Schutz der Bevölkerung arbeiten THW und Land Hand in Hand

Staatssekretär Wilfried Klenk (links) lässt sich von Michael Weitbrecht, Leiter des ABC-Zuges der Backnanger Feuerwehr (rechts), die messtechnischen Instrumente erklären. Foto: J. Fiedler

Von Florian Muhl

BACKNANG. Sollte sich im rund 20 Kilometer von Backnang entfernten Kernkraftwerk Neckarwestheim ein Unfall ereignen, dann ist der Rems-Murr-Kreis gerüstet. Bei der Backnanger Feuerwehr steht einer von elf Notfallcontainern für den Bevölkerungsschutz, die es landesweit gibt (wir berichteten). Im Bedarfsfall können dann Notfallstationen in Turnhallen oder Schulen eingerichtet werden, um Betroffene zu dekontaminieren. Auch kann man so die Strahlenbelastung insgesamt einschätzen.

Mit im Boot sitzt auch das Technische Hilfswerk (THW). Baden-Württemberg ist das erste Land im Bundesgebiet, das mit dem THW eine Vereinbarung zum Betrieb von Notfallstationen abschließt. „Das zeigt: Beim Schutz der Bevölkerung – insbesondere vor den Folgen kerntechnischer Unfälle – arbeitet das Land mit dem THW, wie mit allen anderen beteiligten Organisationen und Einrichtungen, Hand in Hand“, sagte Staatssekretär Wilfried Klenk gestern in Backnang. Anlass war die Unterzeichnung einer Vereinbarung mit der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk über die Unterstützung zum Betrieb von Notfallstationen für Baden-Württemberg.

„Mit der Vereinbarung erklärt sich der Landesverband Baden-Württemberg des Technischen Hilfswerks dazu bereit, mit bis zu fünf Fachgruppen die Führung und Kommunikation, die an den Standorten der Notfallstationen als Führungs- und Kommunikationszentrale dienen können, zu unterstützen“, sagte der Landtagsabgeordnete. Darüber hinaus stelle das THW bei Bedarf Personal, welches zum Betrieb der Notfallstation eingesetzt werden könne. Wie Klenk weiter sagte, würde die Notfallstation aber nicht nur bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk zum Einsatz kommen. Vorstellbar sei auch, dass beim Transport von radioaktiven Stoffen ein Unglück passiere. Auch einen Terroranschlag schloss der Staatssekretär nicht aus.

„Ich hoffe natürlich, dass ein solcher Ernstfall nie eintritt“, sagte Klenk. Aber wenn so ein Unglück geschehen würde, sei man vorbereitet. Dann könnten Betroffene auch abklären lassen, ob sie radioaktiv verunreinigt wurden. Sie können sich strahlenmedizinisch beraten lassen und werden gegebenenfalls durch Duschen oder Waschen gereinigt. Auf einem Notfallcontainer befindet sich Messtechnik, um eine mögliche radioaktive Belastung der betroffenen Bevölkerung feststellen zu können. Darüber hinaus ist der Container mit Schutzausrüstung für die Einsatzkräfte bestückt.

Auch Backnangs Erster Bürgermeister Siegfried Janocha, Jens-Olaf Sandmann, der stellvertretende Landesbeauftragte des THW Baden-Württemberg, und Erster Landesbeamter Michael Kretzschmar wiesen darauf hin, wie wichtig es sei, auf einen kerntechnischen Unfall vorbereitet zu sein. Die Notfallstation, die bei der Feuerwehr in Backnang stationiert ist, sei dafür ein ganz wichtiger Baustein.

Im Katastrophenfall lädt die Backnanger Feuerwehr den Notfallcontainer, bei dem es sich um einen Abrollbehälter handelt, auf, fährt ihn zum Bestimmungsort, lädt ihn ab und beginnt mit dem Aufbau. Die Feuerwehrleute sind dabei aber nicht allein. Kräfte von allen Organisationen, die beim Katastrophenschutz tätig sind, helfen mit (siehe Infokasten). „Insgesamt benötigen wir pro Schicht 198 Personen“, erklärte Michael Weitbrecht. „Die Notfallstation ist für 24 Stunden ausgelegt. Eine Schicht dauert acht Stunden. Das heißt, für 24 Stunden brauchen wir fast 600 Einsatzkräfte. Insgesamt können wir in den 24 Stunden 1000 Personen überprüfen“, so der Leiter des Backnanger ABC-Zuges und Zuständige für den Gefahrgutbereich weiter.

Und wie funktioniert das Ganze? Zunächst durchschreitet die zu überprüfende Person am Eingang der Sporthalle den sogenannten Portalmonitor, ähnlich wie am Flughafen bei der Sicherheitskontrolle. Dabei soll festgestellt werden, ob die Person kontaminiert, also mit radioaktivem Material beaufschlagt ist. Je nach Strahlenbelastung wird die Person einer von drei Kategorien zugeordnet: Bei geringen Werten ist keine Dekontamination (Reinigung) notwendig. Bei mittleren Werten erfolgt eine Nachkontrolle mit einem Kontaminationsnachweisgerät, auch „Bügeleisen“ genannt. „Die Person wird abgebügelt“, schmunzelte Weitbrecht. Dann reicht eventuell ein Ablegen der belasteten Kleidung. Bei hohen Werten ist eine Reinigung „vorrangig erforderlich“. Das heißt, die Person wird unter die Dusche geschickt und erhält eine Ersatzkleidung.