Beim Wandern entfachte der Funke

Helga und Bodo Schmidt aus Sulzbach an der Murr begehen heute das Fest der eisernen Hochzeit. Die Jubilarin stammt aus Stuttgart, ihr Mann wurde mit seiner Familie aus seiner Heimat in Schlesien vertrieben. Kennengelernt haben sie sich in der Murrgemeinde Sulzbach. Die Familienfeier findet am kommenden Samstag statt.

Beim Wandern entfachte der Funke

Helga und Bodo Schmidt haben am 15. Dezember 1956 in Stuttgart standesamtlich und kirchlich geheiratet. Foto/Repro: A. Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Sulzbach an der Murr. „Wenn wir zurückblicken, dann können wir zufrieden sein“, sagt Helga Schmidt. Sie und ihr Mann Bodo haben in ihren 65 gemeinsamen Jahren viel erlebt. Harte Zeiten anfangs, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, doch: „Es ist immer aufwärtsgegangen.“

Kennengelernt haben sich die beiden in Sulzbach an der Murr. Bodo Schmidt war 1950 in die Murrgemeinde gekommen. 1946 aus Schlesien vertrieben, hatte die Familie eine neue Bleibe in Helmstedt gefunden. Seinem Vater folgte er dann weiter nach Sulzbach. 15 Jahre alt war der heute 87-Jährige. Das Schwäbische habe ihm zunächst einige Schwierigkeiten bereitet.

Helga Schmidt stammt aus Stuttgart. Doch nachdem die Familie 1944 dort ausgebombt wurde, fand sie ein neues Zuhause in Sulzbach. Die beiden haben sich dort in einer Gruppe junger Leute kennengelernt und sich eben ineinander verliebt, erinnert sie sich lachend. „Ich habe noch die Unterschrift meiner Eltern gebraucht“, blickt Helga zurück, als sie damals am 15. Dezember 1956 im Stuttgarter Rathaus standesamtlich und am gleichen Tag auch kirchlich in der Heilandskirche getraut wurden.

Leicht war der Anfang nicht gewesen. „Wir haben einfach angefangen“, sagt die 82-Jährige. Ihr Mann hatte zunächst eine Ausbildung im Kraftfahrzeugwesen gemacht und sich dann stetig weitergebildet bis zum Technikerabschluss. Das war nicht einfach. Die beiden hatten bereits zwei Kinder, dann noch die Abendschule zum täglichen Beruf. Bis zur Rente habe er schließlich im Außendienst gearbeitet, erzählt Bodo Schmidt. „Der Vorteil – ich habe damals das ganze Bundesgebiet kennengelernt.“

Helga Schmidt besuchte in Backnang die Handelsschule, dann machte sie eine Banklehre. Wegen der Kinder pausierte sie vier Jahre. Mit ihrer Arbeitsstelle habe sie immer Glück gehabt, betont sie. Teilzeitarbeit sei möglich gewesen, so hatte es auch mit der Kinderbetreuung im Kindergarten geklappt. Denn damals mussten die Kleinen bereits um 11.30 Uhr abgeholt werden. Und da sie kein Auto gehabt habe, sei sie täglich mit dem Fahrrad ins Geschäft gefahren. 1966 zog die Familie dann ins Eigenheim, in dem sie heute noch leben. „Das Haus ist mit uns alt geworden“, lacht sie.

Sie haben immer sehr darauf geachtet, was sie sich leisten konnten. So gab es zu Beginn keine Waschmaschine, und mit kleinen Kindern ist die Wäsche ein ziemlicher Knochenjob. Über die Jahrzehnte haben sich die beiden gemeinsam ein schönes Leben aufgebaut, wofür sie dankbar sind. Die Freude am Wandern haben sie sich über viele Jahrzehnte bewahrt, auch mit den Kindern, meistens in der Umgebung oder in den Bergen. Besonders in Erinnerung ist eine Woche im Riesengebirge mit der Schneekoppe und dem schönen Hirschberger Tal „zum Wandern und Staunen“. Bodo Schmidt ist mit seiner schlesischen Heimat durch Chroniken und Heimattreffen immer noch sehr verbunden. Bereits 1978 wurde das erste Mal nach Schlesien gefahren. Insgesamt sechsmal waren sie seither dort in Ullersdorf bei Görlitz, auch die Kinder waren einige Male dabei. Bodo Schmidts Schwester lebt in Australien, bereits dreimal haben die beiden sie dort besucht.

Was ist ihr Geheimnis für eine so lange Ehe? „Notzeiten binden einfach“, findet Helga Schmidt. Und er meint: „Man hat sich früher mehr zusammenraufen müssen, als es jetzt üblich ist.“ Jeder brauche auch seinen Freiraum, ergänzt sie. Das seien bei ihr etwa der Liederkranz oder das Kegeln gewesen. Und man brauche Räumlichkeiten, in die man sich zurückziehen könne, fügt sie hinzu: „Wir haben unseren Auslauf“ und verweist auf den großen schönen Garten. Auch jetzt ist Helga Schmidt immer noch aktiv, etwa als ehrenamtliche Helferin beim Murrhardter Begegnungscafé.

Sie sind die ganze Zeit ein gutes Team gewesen. Unüblich für die damalige Zeit hatte es sich Bodo Schmidt nicht nehmen lassen, sich selbst viel um seine drei Kinder und später auch um die fünf Enkel zu kümmern. Diese werden am Samstag auch bei der Familienfeier dabei sein. Auf dieses Fest freuen sich beiden: „Eine gute Gelegenheit, alle wieder einmal zu sehen.“

Die gemeinsamen Jahre haben die beiden Demut und Dankbarkeit gelehrt. „Wir sind dankbar, dass wir noch hier wohnen dürfen. Man weiß nicht, was die Zukunft noch bringt. Und wenn man Tiefen hat, dann blickt man halt nach vorn.“