Bekommt Weissach im Tal einen Solarpark?

Auf rund 8,5 Hektar Fläche könnte außerhalb von Unterweissach eine Fotovoltaik-Freiflächenanlage entstehen. Das Areal liegt auf privatem, ehemals landwirtschaftlich genutztem Land in den Hutzelgärten. Ob der Solarpark kommt oder nicht, liegt aber in der Hand des Gemeinderats.

Bekommt Weissach im Tal einen Solarpark?

Die Visualisierung oben zeigt, wie der Solarpark aussehen könnte (Südansicht). Unten zu sehen ist der Status quo. Fotos: Juwi AG, Montage: S. Horn

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Die Zahlen klingen gut: Bis zu 9,6 Megawatt soll die Fotovoltaik-Freiflächenanlage erzeugen, die sich ein privater Eigentümer auf seiner ehemals landwirtschaftlich genutzten Fläche in den Hutzelgärten, am Rand von Unterweissach, wünscht. Der durchschnittliche Stromertrag der Anlage soll bei knapp elf Millionen Kilowattstunden pro Jahr liegen, das entspricht dem Strombedarf von ungefähr 2700 Haushalten.

Die Juwi AG, die mit der Planung des Projekts beauftragt wurde, nennt den Solarpark einen „Meilenstein auf dem Weg zur Klimaneutralität für Weissach im Tal“: Durch die etwa 18000 Solarmodule könnten jährlich bis zu 6800Tonnen CO2-Ausstoß vermieden werden – bei einer Nutzung von gerade einmal 0,6 Prozent der Gemeindefläche. Nicht einmal der Strompreis würde für die Weissacher steigen, denn der Strom könnte förderfrei erzeugt werden.

Doch wie fast alles im Leben hat auch der angedachte Solarpark seine Kehrseiten: Zum einen sind die Solarmodule offensichtlich ein optischer Einschnitt in die Landschaft. Statt auf die grüne Wiese oder den gelben Raps fiele der Blick auf eine dunkelgraue Fläche, die – trotz einer drei Meter hohen Sichtschutzhecke – je nach Standort besser oder schlechter zu sehen sein könnte (siehe Visualisierung rechts). Zum anderen ist das Land, auf dem der Park errichtet werden soll, Agrarfläche, auch wenn der heutige Hofinhaber nach Angaben der Gemeinde kein aktiver Landwirt mehr ist.

Die Insektenvielfalt und Bodenqualität würden von dem Projekt profitieren

Obwohl das Projekt in der jüngsten Gemeinderatssitzung zunächst einmal nur vorgestellt wurde – die Räte sollten darüber abstimmen, ob die Verwaltung für Anfang 2022 eine Bürgerinformationsveranstaltung organisieren soll –, kam bereits eine rege Diskussion auf, nachdem der Projektleiter Florian Stein von der Juwi AG die aktuelle Planung vorgestellt hatte. In seiner Präsentation hob Stein die Vorzüge einer Fotovoltaik-Freiflächenanlage hervor. Mit rund vier Cent je Kilowattstunde wäre der Strom deutlich günstiger als durch Gas oder Atomkraft gewonnener Strom: Der kostet rund 20 beziehungsweise zwölf Cent je Kilowattstunde. Weitere Vorteile wären die Pachteinnahmen sowie die Gewerbesteuer, von der 90 Prozent in der Standortgemeinde verbleiben müssten. Zudem käme die Dauergrünfläche der Artenvielfalt zugute. Sowohl die Insektenvielfalt als auch die Bodenqualität würden Studien zufolge zunehmen. Die Gemeinde könnte durch das Vorhaben viele Ökopunkte für ihr Konto generieren.

Kosten würden für die Gemeinde keine entstehen. Die Planungshoheit liegt trotzdem beim Gemeinderat. Würde dieser das Projekt befürworten, müsste er als Nächstes dem Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan zustimmen. So weit ist die Planung aber noch lange nicht. Die Gemeindeverwaltung möchte erst einmal die Bürgerinnen und Bürger bei der besagten Informationsveranstaltung ins Boot holen.

Bei der Sitzung in der Unterweissacher Gemeindehalle wägten die Gemeinderäte schon einmal das Für und Wider ab. Obwohl landwirtschaftliche Fläche dafür versiegelt werden müsste, wäre der Solarpark eine Chance, um umweltfreundlichen Strom zu erzeugen, sagte Gemeinderat Dietmar Schönberger (SPD). Er wäre dem Vorhaben „prinzipiell wohlgesonnen“. „Dass das Weissacher Tal dadurch nicht schöner wird, ist klar. Das ist die Kröte, die wir schlucken müssen“, sagte er. „Am besten wäre es natürlich, wenn wir drei Monate einen Probebetrieb hätten, aber so spielt das Leben natürlich nicht“, sagte Carl Höfer (CDU/FWV). Er plädierte dafür, sich bei einer Landschaftsbegehung einen Eindruck von der betroffenen Fläche zu verschaffen. Generell zeigte er sich aber offen gegenüber dem Projekt.

„Wenn man in der großen Politik das Zweiprozentziel befürwortet, muss man es auch im Kleinen unterstützen“, sagte er und richtete sich an die Verwaltung mit der Frage, ob es überhaupt möglich wäre, das Zweiprozentziel in Weissach im Tal zu erreichen, ohne Ackerfläche zu verbrauchen. Bürgermeister Ian Schölzel entgegnete, dass es nach einer Potenzanalyse der Region Stuttgart bei den Fotovoltaikflächen oft einen Konflikt mit Acker, Wiese, Gewerbe- und Wohngebieten geben würde.

Drei Prozent der Ackerfläche der Gemeinde wären betroffen

Weniger angetan von dem geplanten Park war Thomas Heller (UBL). „Das sind zwar weniger als ein Prozent der Gemeindefläche, aber drei Prozent unserer Ackerfläche“, gab er zu bedenken. „Irgendwann sind bei uns die Regale leer, aber der Strom ist billig.“ Sein Fraktionskollege Wilhelm König sagte ebenfalls, er würde sich damit schwertun, „wertvolle landwirtschaftliche Fläche zuzubauen“, obwohl er selbst bereits seit 2004 eine Fotovoltaikanlage besitzen würde. „Ich finde es gut, dass wir im neuen Jahr erst einmal eine Bürgerversammlung machen wollen“, schloss König.

Einige Detailfragen wurden ebenfalls schon angesprochen. So erkundigte sich Carl Höfer nach der Gewerbesteuer. Die, sagte Projektleiter Florian Stein, könnte über die Laufzeit von geschätzten 25 bis 28 Jahren „schon einen sechsstelligen Betrag für die Gemeinde erzielen“. „Wir sprechen also von ungefähr 5000 Euro pro Jahr“, stellte Höfer nüchtern fest. „Das wäre also nicht wie mit Biontech in Mainz, dass man auf einmal alle Schulden tilgen könnte.“ Die Gewerbesteuereinkünfte stellten bloß einen schönen Nebeneffekt dar, räumte Stein ein, in erster Linie handelte es sich bei dem Solarpark um ein Klimaschutzprojekt. Gemeinderat Thomas Obermüller (LWB) warf die Frage nach einer Bürgerbeteiligung an dem Solarpark auf. Wenn der einzelne Bürger einen Nutzen an dem Betrieb hätte, wäre dieser seiner Meinung nach besser vermittelbar. Florian Stein erklärte, dass der Betrieb des Solarparks an eine Genossenschaft wie etwa die Energiegemeinschaft Weissacher Tal übergeben werden könnte. Dieser könnten die Bürger beitreten.

Für Obermüllers Fraktionskollegen Jan Hutzenlaub stellte sich die Frage, warum genau die Fläche in den Hutzelgärten für den Solarpark genutzt werden sollte. „Wir haben eigentlich schon ein Sondergebiet für Fotovoltaikflächen ausgewiesen“, sagte er. „Warum fangen wir nicht damit an und schauen, ob’s gut läuft?“ Der Eigentümer wäre bisher nicht willens, dort tatsächlich Fotovoltaikanlagen zu errichten, erklärte Bürgermeister Ian Schölzel. Es wäre aber richtig, dass der Gemeinderat dort bereits ein Planungsrecht geschaffen hätte.

Die Versieglung würde sich auf wenige Quadratmeter beschränken.

Dietmar Schönberger erkundigte sich noch nach der Versiegelung der Fläche. „Wäre es nach der Laufzeit von 25 Jahren denn möglich, den Park relativ leicht zurückzubauen?“ Das bestätigte Projektleiter Florian Stein. Die Versiegelung würde sich auf wenige Quadratmeter – „da, wo der Zaun steht“ – beschränken.

Bei der Abstimmung stimmten fast alle Gemeinderäte für die Infoversammlung im neuen Jahr. Thomas Heller enthielt sich. Gegenstimmen gab es nicht.