„Belegung verlief ruhig und strukturiert“

Die temporäre Isolierunterkunft für Geflüchtete in Althütte-Sechselberg ist am Wochenende in Betrieb gegangen

Das Regierungspräsidium Stuttgart (RPS) hat die temporäre Isolierunterkunft für Geflüchtete, die mit dem Coronavirus infiziert sind, am Samstag in Betrieb genommen. Neun Personen aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) Tübingen und Ellwangen sind nun in das ehemalige Freizeitzentrum des Süddeutschen Gemeinschaftsverbandes in Althütte-Sechselberg eingezogen.

„Belegung verlief ruhig und strukturiert“

Gut gesicherte und videoüberwachte vorübergehende Bleibe für Geflüchtete, die mit dem Coronavirus infiziert sind. Das Land trägt die damit verbundenen Kosten.Foto: B. Büttner

Von Ingrid Knack

ALTHÜTTE. Die Unterkunft in Althütte-Sechselberg, in der 30 bis 60 Personen Platz finden können, ist insbesondere für besonderes schutzbedürftige Personen vorgesehen. „Es wurden zwei Erwachsene mit je einem Kind aus der Unterkunft in Tübingen sowie zwei Erwachsene mit drei Kindern aus der LEA Ellwangen verlegt. Eine Frau aus Tübingen und eine Frau aus Ellwangen haben jeweils ein Baby. Daher wurden sie verlegt“, gibt Pressesprecherin Stefanie Paprotka vom Regierungspräsidium Stuttgart auf Anfrage Auskunft. „Die Belegung der Einrichtung mit den ersten Personen verlief am Samstag sehr ruhig und strukturiert ab. Die Geflüchteten wurden von den Maltesern und dem Sicherheitsdienst begrüßt und in ihre Zimmer begleitet“, versichert Paprotka. Sie spricht zudem von Genesungs- und Solidaritätsplakaten, die einige Menschen in Sechselberg an einem Zaun vor der Isolierunterkunft aufgehängt hatten.

Das Bündnis „Zusammen gegen Rechts Rems-Murr“ hatte die Geflüchteten so willkommen geheißen, wie das Bündnis selbst in einer Pressemitteilung wissen lässt. Die Aktion habe in Kooperation mit dem lokalen Freundeskreis Asyl stattgefunden. Erfreulicherweise hätten auch einige Sechselberger im Lauf des Tages Botschaften beziehungsweise Spielzeug und Kleidung vorbeigebracht. Andererseits spricht das Bündnis von einem Einschüchterungsversuch eines bekannten, der rechten Szene zugehörigen Bürgers. Unter anderem seien die Menschen, die sich zu der friedlichen Aktion zusammengefunden hatten, gefilmt worden. Die Aufnahmen seien wenige Minuten später auf einer einschlägigen Facebookseite aufgetaucht. In einem offenen Brief, den das Bündnis in Sechselberg verteilte, wird etwa auf rechte Stimmungsmache eingegangen. Strafanzeigen liegen nach den Worten von Rudolf Biehlmaier, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Aalen, nicht vor. Allerdings spricht er von Überprüfungen zum Thema Verstoß gegen das Versammlungsverbot gemäß der geltenden Coronaverordnung. „Ansonsten war dort nichts Polizeirelevantes.“ Die Jusos Rems-Murr positionierten sich in einer Pressemitteilung gegen „ausländerfeindliche und unbegründete Reaktionen“. Die jungen Sozialdemokraten appellieren unter anderem an den Zusammenhalt und „mahnen davor, einen Sündenbock zu suchen, an dem man seinen Unmut über die aktuelle Situation auslassen kann“.

„Wenn die Leute kommen, muss man nicht vor Ort sein“

Althüttes Bürgermeister Reinhold Sczuka, der sich die neu eingerichtete Isolierstation im Vorfeld angeschaut hatte, war am Samstag nicht in Sechselberg. „Wenn die Leute kommen, muss man nicht vor Ort sein“, sagte er. Die Menschen, darunter auch Mütter von Babys, seien sicherlich froh, wenn sie ihre Ruhe hätten und erst einmal aus der Landesaufnahmeeinrichtung heraus seien. Ihm ist es wichtig, dass die Sicherheit vor Ort gewährleistet ist.

Die eingesetzten Dienstleister haben langjährige Erfahrung im Flüchtlingsbereich und arbeiten teilweise schon lange mit dem Regierungspräsidium Stuttgart zusammen. „Alle Personen, die in der Einrichtung arbeiten, wissen mit dieser besonderen Aufgabe umzugehen. Wir sind froh und dankbar, dass wir aufgrund der guten Zusammenarbeit mit den Beteiligten die temporäre Isolierunterkunft in so kurzer Zeit auf die Beine stellen konnten. Ich danke allen Beteiligten für ihren Einsatz und bitte die Bevölkerung vor Ort um Verständnis“, ließ der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer in einer Pressemitteilung verlauten. Zur Einhaltung der Quarantänevorschriften und um einen reibungslosen Ablauf bei der Betreuung, Verpflegung und medizinischen Versorgung der Geflüchteten zu gewährleisten, komme zusätzlich zum Sicherheitsdienst eine „Personalschleuse“ zum Einsatz, um Ansteckungen zu vermeiden. Dies bedeutet: Das Pflegepersonal betritt über eine sogenannte Schleuse das Gebäude. Über diesen Weg erfolgt auch die Versorgung mit Lebensmitteln.

Und wie geht es mit der Belegung weiter? Stefanie Paprotka erklärte gestern: „Wir haben noch nicht alle Testergebnisse, im Ostalbkreis sollen die negativ getesteten Personen aufgrund der 14-tägigen Inkubationszeit auf Veranlassung des zuständigen Landratsamts nochmals getestet werden. Sobald es uns möglich ist, werden wir entscheiden, welche Personen nach Althütte-Sechselberg verlegt werden. Für heute ist vorerst keine weitere Verlegung geplant. In den kommenden Tagen werden Verlegungen anstehen, die noch geplant werden müssen.“ Laut Aussagen von Landratsamtspressesprecherin Martina Keck tauchen die Bewohner der Isolierunterkunft in der Corona-Statistik des Rems-Murr-Kreises nicht auf.

Info
Für Menschen ohne oder mit milden Symptomen

Im ehemaligen Freizeitzentrum in Sechselberg können zwischen 30 bis 60 Geflüchtete – je nach Belegung; Einzelpersonen und gegebenenfalls Familien – ohne Symptome oder mit milden Symptomen untergebracht werden. Schwerer erkrankte Personen werden vorrangig in den Krankenhäusern im Umfeld der jeweiligen LEA behandelt, beispielsweise in Freiburg, Sigmaringen oder Ellwangen.

„Wir sind uns der Verantwortung gegenüber der Bevölkerung vor Ort als auch gegenüber den dort untergebrachten Personen bewusst. Daher haben wir alle notwendigen Maßnahmen ergriffen“, erklärt der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer. Das RPS als Betreiber der Unterkunft steht in enger Abstimmung mit dem Landkreis, dem für Quarantänemaßnahmen zuständigen Gesundheitsamt, der Gemeinde, der Feuerwehr, der Rettungsleitstelle sowie mit der Polizei. Um sicherzustellen, dass die Auflagen der häuslichen Quarantäne in der Einrichtung eingehalten werden, wurde auf dem Gelände in Sechselberg ein Sicherheitsdienst eingesetzt. Solange die untergebrachten Personen unter Quarantäne stehen, dürfen sie die Liegenschaft nicht verlassen, sodass kein Kontakt mit der Bevölkerung bestehen wird. Die drei Unterkunftsgebäude wurden mit einem Zaun vom restlichen Gelände abgetrennt.

Die Bewohner sind angewiesen, sich in ihren Zimmern aufzuhalten und dort auch ihr Essen einzunehmen. Die medizinische Versorgung spielt eine große Rolle. Eine umfassende ärztliche Betreuung in der Einrichtung ist gemäß den Vorgaben der Quarantäneverfügung sichergestellt. Die medizinische Versorgung erfolgt direkt in der Einrichtung durch extra hierfür bereitgestelltes Personal.