Berliner Waldorfschule lehnt AfDler-Kind ab

In Baden-Württemberg sind keine Fälle bekannt – Landesverband mahnt zur Besonnenheit

Von Renate Allgöwer

Berlin/Stuttgart Eine Berliner Waldorfschule hat sich geweigert, das Kind eines AfD-Abgeordneten aufzunehmen, und hat damit eine heftige Debatte über Toleranz, Kindeswohl und Diskriminierung ausgelöst. Am Montag schaltete sich Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ein. Die Juristen von der Schulaufsicht würden den Schulträger um eine Stellungnahme zu dem Fall bitten, kündigte eine Sprecherin an. Scheeres sehe es „sehr kritisch“, falls die Schule die Ablehnung des Kindes nach der politischen Gesinnung der Eltern entschieden habe.

„In Baden-Württemberg ist kein Fall bekannt, dass ein Kind aus solchen Gründen abgelehnt wurde“, sagte Thorsten Feles, Vorstandsmitglied der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Waldorfschulen, unserer Zeitung. Vorgaben, nach welchen Kriterien Kinder an Privatschulen aufgenommen werden sollen, gibt es im Südwesten nicht, die Schulen entscheiden selbst, heißt es aus dem Kultusministerium.

Feles rät zur Besonnenheit. „Wenn Eltern in den Schulgremien wiederholt extreme politische Äußerungen machen, sollte man genauer hinschauen.“ Dann könne die Schule den Vertrag auch kündigen. Elternarbeit sei schließlich in den Waldorfschulen besonders wichtig. Keinesfalls wollten die Waldorschulen in Baden-Württemberg mit extremistischen Äußerungen identifiziert werden, weder von rechts noch von links, betont Feles. „Leicht verquer“ fände es das Vorstandsmitglied jedoch, Kinder nicht aufzunehmen, weil ihre Eltern etwa AfD wählten. Das könnten und wollten die Schulen ohnehin nicht feststellen. Entscheidend seien extreme Äußerungen in der Schule.

In dem Berliner Fall soll es nach einem Bericht der „Berliner Zeitung“ seit Monaten Streit und heftige Diskussionen bei Eltern und Lehrern gegeben haben. Viele stellten sich gegen die Aufnahme des Kindes, das zusammen mit einem Geschwisterkind den dazugehörigen Waldorf-Kindergarten besucht. Vergangene Woche wurde das Kind dann schließlich abgelehnt. Zur Begründung wurde das Kindeswohl angeführt. Der Geschäftsführer des Trägervereins der Waldorfschule teilte der „Berliner Zeitung“ mit: Die Schule sehe „keine Möglichkeit, das Kind mit der nötigen Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit aufzunehmen.“

Die Sprecherin der Senatsschulverwaltung sagte: „Private Schulen können natürlich selbst entscheiden, ob sie Schüler aufnehmen oder nicht.“ Es stelle sich jedoch die Frage: Widerspricht die Entscheidung dem Antidiskriminierungsgesetz? Darin heißt es unter anderem, Benachteiligungen aus Gründen der Weltanschauung seien zu vermeiden. Der Sprecher des Bundes der Waldorfschulen, Henning Kullak-Ublick, wünscht sich, „dass die Entscheidung noch mal reflektiert wird“. Der Berliner AfD-Fraktionsvorsitzende sprach von „Ausgrenzung und Sippenhaft“. Der betroffene AfD-Abgeordnete will sich zu seiner Auseinandersetzung mit der Schule nicht äußern.