„Beschwerden im Promillebereich“

Erstmals nach sechs Jahren erhöht die Volksbank Backnang die Gebühren für ihre Serviceleistungen. Das stößt einigen Kunden sauer auf. Der Vorstandsvorsitzende der Bank spricht von einer Notwendigkeit in einer zinsschwachen Zeit. Ein Apotheker beschwert sich besonders über den Aufschlag für Wechselgeldrollen.

„Beschwerden im Promillebereich“

Die Volksbank Backnang erhöht die Preise ihrer Gebührenliste für ihre verschiedenen Dienstleistungen. An der Anzahl der Filialen und Geldautomaten soll sich aber nichts ändern, auch wenn immer mehr Kunden ihre Bankgeschäfte online erledigen. Foto. J. Fiedler

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG. Thomas von Künsberg Sarre ist sauer. Als Betreiber einer Apotheke unter anderem in Backnang ist er auch Kunde der Volksbank Backnang, wo er sich immer mit den Rollen eindeckt, die das Wechselgeld für den Bargeldverkehr mit seinen Kunden enthalten. Die Bank wolle aber seit August eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 50 Cent pro Wechselgeldrolle. „Eine Rolle mit Ein-Cent-Stücken hat einen Wert von 50 Cent, und dafür zahle ich künftig nochmals 50 Cent obendrauf“, rechnet der Geschäftsmann vor und schäumt: „Das bedeutet, dass die Bank 100 Prozent aufschlägt. Das ist ja Wucher.“

Jahrelang hätten sich die Banken mit dem Angebot kostenloser Konten gegenseitig zu unterbieten versucht. Diese Zeit sei vorbei, erklärt Jürgen Beerkircher, der Vorsitzende der Volksbank Backnang. In der aktuellen Niedrigzinsphase sei der Ertrag der Banken stark gesunken. „Wir verzichten auf sechs bis sieben Millionen Euro pro Jahr. Das ist ein erzwungener Ertragsverzicht“, lässt auch Beerkircher keinen Zweifel daran, dass die Lage für die Banken ernst ist. Dennoch gebe die Bank diesen Zinsverfall nicht an die Kunden weiter und erhebe keine Negativzinsen im Privatkundenbereich – mitunter auch Strafzins genannt. „Wir subventionieren quasi das Kundengeschäft, was wir aus kaufmännischer Sicht nicht tun sollten“, so Beerkircher weiter, der darauf hinweist, dass die Volksbank Backnang seit dem Jahr 2014 keine Gebührenerhöhung bei privaten Konten vorgenommen habe. Dann kommt er auf die Kosten und die Leistungen seiner Bank zu sprechen, die sich von jenen privater und kleinerer Banken stark unterscheiden würden.

Das Backnanger Geldinstitut sei eine Universalbank, die sehr leistungsstark im Außenhandel, im Wertpapiergeschäft mit entsprechender Beratung und im Firmenkundengeschäft tätig sei und ihre Angebote in diesen Bereichen mit einer hohen Kundennähe in Gestalt der 17 Filialen und individuell zugeordneten Beratern kopple, was auch beibehalten werden solle. Beerkircher: „All das bieten die Direktbanken nicht.“

Man sei immer eine der günstigsten Banken in der Region gewesen und werde das Preisniveau durch die aktuelle Gebührenerhöhung nur halten, aber nicht erhöhen. 15 Prozent der Privatkunden der Volksbank Backnang würden künftig sogar weniger zahlen, für 15 Prozent von ihnen werde es etwas teurer und für 70 Prozent bedeute das nur geringe Mehrkosten, so der Bankenchef. Es seien drei Modelle für die Girokonten konzipiert worden, die eine unterschiedliche Gewichtung der üblichen Leistungen und der digitalen Angebote am individuellen Kundenverhalten orientiert bieten sollen. Und die Kunden scheinen es zu respektieren, dass die Volksbank Backnang preislich nachjustieren muss, so Beerkirchers Einschätzung.

Rund 80 Beschwerden seien bislang dazu zu verzeichnen. „Die Zahl der Beschwerden liegt also im Promillebereich, aber wir nehmen sie dennoch sehr ernst“, so der Vorstandschef und verweist auf die rund 70000 Kunden seiner Bank, von denen 46000 Genossenschaftsmitglieder sind. Der Coronapandemie sei die neue Gebührenliste indessen nicht geschuldet. Das Bankwesen sei dadurch glücklicherweise nicht destabilisiert worden, die Lage noch beherrschbar. Die direkten Kundenkontakte seien in dieser Phase um bis zu zehn Prozent zurückgegangen. Auch viele ältere Kunden nutzen immer häufiger die Kommunikationswege per Telefon und Internet für ihre Bankgeschäfte. Weniger Corona als vielmehr der Wettbewerb der Banken untereinander sei belastend.

Darum und auch auf Basis einer Empfehlung der Bankenaufsicht sei diese Gebührenerhöhung nach sechs Jahren für die Volksbank Backnang unumgänglich. Dafür sei man dann auch für die nächsten Jahre stabil aufgestellt. Von den derzeit 17 Filialen werde keine geschlossen, betont Beerkircher. Allenfalls in der Ansprache der Geschäftskunden sei man nicht in jedem Fall optimal vorgegangen, räumt Beerkircher ein. Die Gebühr von 50 Cent pro Wechselgeldrolle für die gewerblichen Kunden bestätigt er. Die Versorgung mit Bargeld sei für die Bank eine kostenträchtige Angelegenheit, da es neue Auflagen hierzu gebe, wonach zum Beispiel spezielle Schulungen für die Mitarbeiter im Bargeldverkehr Pflicht geworden sind. Auch die Unterhaltung von Automaten sei keine billige Sache. Allerdings habe die Volksbank Kunden wie die Einzelhändler möglicherweise zu spät informiert, dass sie auch ein Pauschalangebot für Dienstleistungen im Bargeldservice vorhält.

Doch auch davon ist Thomas von Künsberg Sarre alles andere als begeistert. Die ihm angebotene Pauschalgebühr in Höhe von 150 Euro pro Monat hält er für unverhältnismäßig. Der Zahlungsverkehr – analog wie digital – gehöre zum Kerngeschäft einer Bank und müsste demnach auch in einer kostenlosen Variante möglich sein, meint der Apotheker. Er habe immer die bislang kostenlose Einzahlung am Automaten genutzt, kündigt nun aber gegenüber der Volksbank Backnang an: „Um ihre Buchungszeilen zu reduzieren, werden wir künftig nur mehr zweimal wöchentlich Gesamtbeträge einzahlen und nicht mehr jede Tageslosung einzeln.“

Kreissparkasse prüft Angebote

Ihre Gebührenliste und eine mögliche anstehende Änderung betreffend haben wir auch eine Anfrage an die Kreissparkasse Waiblingen gestellt. Dazu kam von der Pressestelle folgende Antwort: „Veränderungen bei den Kontoführungspreisen für gewerbliche Kunden wurden 2020 nicht durchgeführt und sind bis Jahresende auch nicht vorgesehen. Grundsätzlich überprüfen wir regelmäßig unsere Services und Angebote und deren Bepreisung. Insbesondere das veränderte Zahlungs-/Nutzungsverhalten der vergangenen Monate erfordert entsprechende Anpassungen für die Zukunft, die wir derzeit prüfen.“